Der „Zug der Wunder“ führt auf der Eisenbahnlinie Tendabahn von Nizza im Südosten Frankreichs über die französischen Alpen nach Italien. Foto: picture-alliance/ dpa

Viele junge Menschen gehen nach dem Abitur auf Reisen. Dabei muss es aber längst nicht die große Weltreise über Thailand und Südafrika sein. Hier sind fünf Argumente für eine Europareise mit Interrail.

Stuttgart - Nach mehr als einem Jahrzehnt in der Schule ist das Abitur für viele Schüler das Tor zur Freiheit. Die Zeit danach verbringen viele mit Reisen durch die ganze Welt, um andere Kulturen, Sprachen und, nicht zuletzt, Menschen kennenzulernen. Beliebte Reiseziele für so eine Weltreise sind zum Beispiel Thailand, Australien, die USA oder Island. Diese aufregenden Länder versprechen den weltoffenen jungen Menschen das komplette Kultur- oder Abenteuerpaket. Aber muss es denn unbedingt so weit weg gehen, wenn doch eigentlich unser eigener Kontinent so vielfältig ist? Vom Nordkap bis zum Mittelmeer, von Lissabon bis nach Budapest – Europa hat so viel zu bieten, das man sehen kann, vielleicht sogar sollte.

Und eine Europareise hat noch einen weiteren Vorteil – den Interrail Pass. Seit nahezu 50 Jahren verspricht das Ticket jungen Menschen die Möglichkeit, für einige Wochen oder Monate Europa kennenzulernen. Einfach in den Zug setzen und los geht die Reise. Die nächsten fünf Argumente sollen darstellen, wieso eine Europareise mit Interrail die bessere Wahl ist als eine Weltreise mit dem Flieger – besonders für Abiturienten.

1. Der Kostenfaktor

Abiturienten sind allgemein nicht unbedingt bekannt dafür, dass sie mit Geld um sich werfen können. Die Urlaubskosten spielen also eine große Rolle. Wer eine Weltreise plant, sollte sich demnach auch Gedanken machen, ob die Flugreisen von Kontinent zu Kontinent das Geld wirklich wert sind. Je nachdem, wie weit die Strecken sind und welche Airline benutzt wird, können da schnell mehrere Tausend Euro zusammenkommen.

Der großzügigste Pass – drei Monate komplett freier Bahnverkehr in 31 Ländern – kostet Personen unter 29 hingegen lediglich 693 Euro. Und schon für 308 Euro bekommt man zehn Reisetage innerhalb von zwei Monaten angeboten. Konkret heißt das: eine zweimonatige Europareise mit zehn Reise-Orten auf dem Weg. Das kann sich sehen lassen!

Zwar muss man anmerken, dass die Lebenshaltungskosten in Europa durchschnittlich höher sind als anderswo. Aber auch hier gibt es Unterschiede, denn Richtung Süden und Osten sinken die Preise für Unterkunft und Lebensmittel stark. In Bulgarien beispielsweise ist das Preisniveau gerade mal die Hälfte im Vergleich zu Deutschland. Und in kleineren Städten sind die Preise sowieso meist geringer. Doch selbst in Städten wie Amsterdam oder London gibt es in guten Hostels Betten ab zehn Euro pro Nacht oder aber auch Möglichkeiten zum Couchsurfing bei Einheimischen.

2. Klimaschonend reisen, Flugscham vermeiden

Sowohl die Schülerproteste für mehr Klimaschutz als auch die Idee von Flugscham – also beim Fliegen ein schlechtes Gewissen zu haben, weil man die Auswirkungen des Flugverkehrs aufs Klima kennt – zeigen: Junge Menschen haben mehrheitlich ein hohes Bewusstsein für Klima- und Umweltschutz. Warum also nicht die nächste Möglichkeit ergreifen, den eigenen CO2-Fußabdruck zu reduzieren?

Eine Flugreise Frankfurt bis New York und zurück bewirkt laut des CO2-Rechners von atmosfair im Durchschnitt Emissionen von rund drei Tonnen CO2. Ein Hin- und Rückflug Frankfurt bis Sydney über Abu Dhabi bewirkt sogar Emissionen von rund zehn Tonnen CO2. Zum Vergleich: Der Durchschnitts-Deutsche hat jährlich einen CO2-Fußabdruck von elf Tonnen.

Eine Europareise mit dem Zug ist im Vergleich dazu die sehr viel ökologischere Alternative. Und zwar nicht nur, weil Zugfahrten klimaschonender sind als Flüge, sondern vor allem aufgrund der geringeren Entfernungen, die bei einer Europareise im Vergleich zu einer Weltreise zurückgelegt werden. Nicht nur für engagierte „Fridays for Future“-Aktivisten, sondern für alle Abiturienten gilt der Tipp: Zug statt Flugzeug, Griechenland statt Australien.

3. Interrail – ein Ticket für alles

Warum aber einen Interrail Pass buchen, wenn man eigentlich alle Zugverbindungen auch einzeln buchen könnte? Der große Vorteil ist sicherlich die Bequemlichkeit, die der Interrail Pass bietet. Anstelle vieler Einzelbuchungen und der entsprechenden Anzahl Tickets, braucht man in der Regel nur eine Buchung und ein Ticket. Gleichzeitig bietet die große Auswahl an verschiedenen Pässen genug Flexibilität für individuelle Wünsche. Angeboten werden sowohl Pässe für einzelne Länder als auch der Global Pass, der den Bahnverkehr – und vereinzelt auch Fährverkehr – in allen 31 Ländern einschließt.

Bei den Pässen selbst gibt es dann nochmals Unterscheidungen. Zum einen gibt es Pässe mit einer Anzahl von Reisetagen während eines Zeitraums: Mit diesen ist von drei Reisetagen in einem Monat bis hin zu 15 Reisetagen in zwei Monaten alles möglich. Für alle, die so viele Orte wie möglich mitnehmen wollen oder aber einfach ganz spontan in ihrer Planung sein wollen, gibt es auch dauerhafte Pässe. Diese ermöglichen es, zwischen 15 Tage und drei Monate lang beliebig Zug zu fahren in Europa.

4. Europäische Identität durch Kontakt

Verständnis und Empathie: Für ein gesundes und positives Miteinander sind diese beiden Eigenschaften elementar – das gilt auch für das Leben in Europa. Auf der Reise durch die unterschiedlichen Länder Europas lernt man die dort lebenden Menschen und ihre Kultur kennen. Man erkennt, in welchen Bereichen es Unterschiede gibt und wo Gemeinsamkeiten. Außerdem gibt der zwischenmenschliche Kontakt einem die Möglichkeit, sich in das Leben anderer Personen einzufühlen.

Nun sind diese Eigenschaften schon an sich lohnenswert und können zugegebenermaßen überall in der Welt gesammelt werden. Aber in unserem Europa, das mehrheitlich in der Europäischen Union geeint ist, sind diese Eigenschaften nicht nur Selbstzweck, sondern auch wertvoll für das Zusammenleben. Diese Eigenschaften öffnen uns die Möglichkeit, mit Menschen aus anderen Ländern zu kommunizieren und stärken uns in unserer Identität als Europäer.

5. Europa – der Hotspot der Kulturen direkt vor der Haustür

Es gibt viele gute Gründe für die Europareise, doch der wichtigste ist ganz einfach: Europa ist wunderschön. Hier lassen sich Abenteuer und Natur erleben: Skifahren in den malerischen Alpen, in einer Polarnacht an den norwegischen Fjorden zelten, die kleinen Inseln vor der kroatischen Adriaküste entdecken oder Backpack-Wandern entlang der Donau.

Und für Kulturliebhaber ist Europa ein Hotspot mit riesiger kultureller Vielfalt: Ein Guinness in einem Irish Pub in Dublin trinken, in Rom das „Dolce Vita“ leben oder die malerische Altstadt von Prag erkunden. Und auch in den kleineren Städten Europas findet man oft ein verborgenes Schmuckstück, das im Schatten der großen Metropolen vergessen wird.

Diese Liste der sehenswerten Städte und Regionen könnte man noch sehr viel weiter führen. Dabei muss sich Europa keineswegs vor dem Rest der Welt verstecken. Ein Surflehrgang muss nicht in Australien gemacht werden – wieso nicht stattdessen an der Atlantikküste von Portugal oder Südengland? Sicher, New York und San Francisco sind aufregende Städte – aber Barcelona und Stockholm können da ohne Probleme mithalten. Oder einfach mal die Füße hochlegen am Strand eines azurblauen Meeres? Warum nicht auf den griechischen Inseln Kos oder Kreta statt auf Bali oder den Malediven?