Der Verkehr rollt am Neckartor – und die juristische Auseinandersetzung geht auch weiter. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Dass sich das Land weiter gegen einen von ihm vorgeschlagenen Vergleich zur Reduzierung der Luftbelastung wehrt, enttäuscht Roland Kugler, Anwalt der beiden klagenden Anwohner des Neckartors. Doch seine Kritik reicht weiter als im konkreten Fall.

Stuttgart - Dass das Land Beschwerde gegen den Zwangsgeld-Beschluss des Verwaltungsgerichts einlegt, stößt beim Anwalt der Kläger auf Unverständnis. „Ich bin enttäuscht, dass eine grün geführte Regierung sich nicht an die von ihr selbst vorgeschlagene und zur Entwicklung Stuttgarts unbedingt notwendige Reduzierung des Autoverkehrs wagt“, sagte Roland Kugler, früher Stadtrat der Grünen.

Vergleich aus dem Jahr 2016

Die grün-schwarze Landesregierung hatte sich gestützt auf Forderung aus CDU-geführten Ministerien am Donnerstag entschlossen, das Zwangsgeld von 10 000 Euro nicht zu bezahlen. Es war vom Verwaltungsgericht verhängt worden, weil das Land einem vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich mit zwei klagenden Anwohnern vom Neckartor im April 2016 nicht befolgt habe, so die Richter. Das Land hatte sich in dem Vergleich verpflichtet, ab 2018 an Tagen mit hoher Luftbelastung das Verkehrsaufkommen am Neckartor um 20 Prozent zu reduzieren. Die Kläger hatte wegen der dauernden Überschreitung der Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid bereits vor Jahren geklagt. In dem Verfahren hatte der Verwaltungsgerichtshof bereits vor einigen Monaten eine Beschwerde des Landes gegen die Androhung des Zwangsgelds zurückgewiesen. Deshalb hatte das grün geführte Verkehrsministerium auch für die Zahlung des Zwangsgelds plädiert, sich aber nicht durchgesetzt.

Kläger denken an Zwangshaft

„Wenn das vor Gericht gegebene Wort nicht mehr gehalten wird, was kann man der Landesregierung dann noch glauben“, sagte Kugler. Der Jurist kritisiert scharf, dass das Land „ eine von ihm selbst vor dem Gericht eingegangene Verpflichtung missachtet“. Damit begebe sich das Land in die „zweifelhafte Gesellschaft“ des Landes Bayern, das Urteile zur Luftreinhaltung in München ignoriere und „damit die Axt an einen der Grundpfeiler des demokratischen Rechtsstaats legt – nämlich den Respekt der Regierung vor Entscheidungen der Dritten Gewalt. Während in Bayern der Verwaltungsgerichtshof eine Zwangshaft gegen Politiker von der EU prüfen lässt, bringt Kugler das auch für Stuttgart ins Gespräch. „Die Kläger werden sich bei weiterer Untätigkeit des Landes nicht scheuen, im mit Sicherheit kommenden nächsten Zwangsvollstreckungsverfahren Zwangshaft zu beantragen.“ Da dies im Verwaltungsrecht nicht vorgesehen ist, will Kugler den Umweg über das Zivilrecht gehen.