Ziel von Bedrohungen: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby. Foto: AFP/JOHN MACDOUGALL

Angesichts der vielfachen Anfeindungen gegen Politiker und engagierte Bürger ruft die SPD die anderen Parteien zum gemeinsamen Handeln auf. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sieht ein „System des Hasses, zu dem die AfD beiträgt“.

Berlin - Die SPD fordert einen besseren Schutz von Politikern und gesellschaftlich engagierten Bürgern gegen Bedrohungen. „Mir macht wirklich Sorge, dass Worte zunehmend zu Taten werden“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich unserer Zeitung. „Es darf nicht sein, dass die Menschen, die sich für Demokratie einsetzen, wegen dieser Entwicklung mit ihrem Engagement aufhören.“ Das Strafrecht, das Drohungen im Netz behandelt, müsse deswegen verschärft werden. „Wer sich für die Gesellschaft engagiert und deswegen bedroht wird, muss von den Behörden zudem den Schutz bekommen, den er benötigt.“

Eine Mitschuld für die Entwicklung sieht Mützenich bei der AfD. „Wer in der politischen Debatte zu Verunglimpfung und Herabwürdigung greift, treibt eine solche Entwicklung an“, sagte er. „Das gilt für Äußerungen im Netz, aber auch für manche Vertreter hier im Bundestag. Es gibt inzwischen ein System des Hasses, zu dem die AfD beiträgt.“ Alle demokratischen Parteien seien davon betroffen. „Aber der Hass richtet sich auch gegen Menschen, die sich in der Zivilgesellschaft, den Kirchen oder der jüdischen Gemeinde engagieren, insofern geht das uns alle etwas an“, fügte Mützenich hinzu.

Diaby ruft bei Hasspostings zur Gegenrede auf

In dieser Woche war das Wahlkreisbüro des aus dem Senegal stammenden SPD-Bundestagsabgeordneten Karamba Diaby in Halle offenbar beschossen worden. Diaby erfährt seit Jahren Anfeindungen. Im Jahr 2015 wurde bereits eine Scheibe seines Büros eingeworfen. Die Schüsse hätten für ihn jedoch eine neue Qualität, sagte der Politiker unserer Zeitung.

Er appellierte an die Verantwortung jedes Einzelnen, sich bei Diskussionen im Internet einzubringen. „Wer bei Hasspostings keine Gegenrede leistet, macht es sich zu einfach“, sagte Diaby. „Das gilt nicht nur im Internet, sondern auch im Sportverein, in der Familie, im Betrieb: Wenn sich jemand menschenfeindlich äußert, muss jeder Einzelne dazu beitragen, diese Meinung nicht so stehen zu lassen. In einer offenen Gesellschaft ist das eine Pflicht.“

SPD ruft andere Parteien zum gemeinsamen Handeln auf

Dass Mandatsträger sich zum eigenen Schutz bewaffnen, hält Diaby für keine Lösung. „Je mehr Menschen mit Waffen herumlaufen, desto höher ist die Gefahr, dass sie irgendwann auch zum Einsatz kommen.“, sagte der Abgeordnete.

Als Reaktion auf den Anschlag auf Diabys Büro plant SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil ein baldiges Treffen mit Vertretern anderer Parteien. „Diese Tat steht in einer langen Reihe von zunehmender Gewalt und Drohungen gegen Politikerinnen und Politiker unserer demokratischen Parteien, die wir nicht dulden können und dürfen“, heißt es in einem unserer Zeitung vorliegenden Schreiben Klingbeils an die Generalsekretäre und Bundesgeschäftsführer der anderen im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD.

Klingbeil: Hass, Hetze und Gewalt dürfen keinen Erfolg haben

Ihm werde von SPD-Mitgliedern immer öfter von gezielten Angriffen oder Einschüchterungsversuchen berichtet, schreibt Klingbeil. Gerade viele Kommunalpolitiker fühlten sich dieser Situation oft hilflos ausgeliefert. „Ich will nicht, dass sich Menschen zurückziehen, die für unsere Demokratie eintreten“, fährt der SPD-Politiker in dem Brief an seine Kollegen von CDU, CSU, Grünen sowie FDP und der Linken fort. „Einschüchterung, Hass, Hetze und Gewalt dürfen keinen Erfolg haben. Wir müssen dieser zunehmenden Bedrohung vor allem von rechts etwas entgegensetzen.“