An den Vogelhäusern ist diesen Winter nicht viel los. Foto: dpa

Tote Hose im Vogelhäuschen: Die Wintervögel machen sich rar in Gärten und Parks. Experten sind unsicher, ob die Bestände schrumpfen oder doch der milde Winter dafür verantwortlich ist.

Berlin - In Deutschlands Gärten und Parks sind in diesem Jahr weniger Wintervögel zu sehen. Zehntausende Naturliebhaber meldeten im Januar im Schnitt 37 Piepmätze, die sie bei der Zählaktion „Stunde der Wintervögel“ innerhalb von 60 Minuten beobachteten, teilte der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) am Mittwoch mit. „Das ist die zweitniedrigste Zahl nach dem Rekordminus von 34,4 im Jahr 2017“, sagte Bundesgeschäftsführer Leif Miller. 2011 seien noch fast 46 Vögel pro Garten gemeldet worden. Am häufigsten zu sehen waren 2019 Haussperlinge, gefolgt von Kohlmeise, Feldsperling, Blaumeise und Amsel. Laut einer aktuellen Studie ist in den vergangenen Jahrzehnten die Zahl der Feld- und Wiesenvögel in Europa dramatisch zurückgegangen.

Lesen Sie auch: Was man im Winter für Vögel tun kann

Sorgen macht den Nabu-Vogelschützern vor allem die Amsel. Sie fuhr mit nur 2,67 Vögeln pro Garten 2019 ihr bisher schlechtestes Ergebnis ein. „Der sehr trockene Juli 2018 war schlecht für das Überleben der Jungvögel, da die Amseln kaum Regenwürmer finden konnten“, sagte Nabu-Experte Lars Lachmann. Doch der Hauptgrund könnte die im Sommer 2018 grassierende Usutu-Epidemie sein. Das Virus aus Afrika, das vermutlich über Zugvögel eingeschleppt wurde, sorgt seit Mitte der neunziger Jahre für kleinere Ausbrüche unter Vögeln in Europa, die oft mit einem Amselsterben einhergehen.

Finden die Vögel anderswo noch genug Futter?

Der Grund für das verstärkte Ausbleiben der Vögel könnte aber auch der relativ milde Winter sein. „Damit kommen weniger Vögel in die Gärten, weil sie in schneefreien Wäldern noch genug zu fressen finden“, ergänzte Miller. Ob ein tatsächlicher Rückgang der Bestände die Ursache sein könnte, müsse aufmerksam verfolgt werden. In diesem Jahr hatten 138 000 Naturliebhaber die Ergebnisse ihrer Zählungen an den Nabu gemeldet. Das war ein neuer Teilnehmerrekord seit dem Start der großen wissenschaftlichen Mitmach-Aktion im Jahr 2011.

Vor allem die klassischen Futterhausbesucher wie Kohlmeisen, Blaumeisen, Sumpf- und Tannenmeisen ließen sich in diesem Winter seltener sehen. Doch auch die Zahlen anderer Waldvögel wie Kleiber, Eichelhäher, Buntspechte und Gimpel liegen niedriger als im langjährigen Mittel. Offenbar seien auch weniger Vögel aus dem Norden und Osten Europas nach Deutschland gekommen, da der Winter in ganze Europa bisher eher mild war, folgert der Nabu.

Zahl der Feld- und Wiesenvögel geht zurück

Aus Daten des europaweiten Vogelmonitoringprogramms PECBMS geht hervor, dass die europäischen Bestände der Feld- und Wiesenvögel in Europa seit Beginn der Zählungen ab 1980 bis 2016 um 57 Prozent zurückgingen. Von dem Rückgang betroffen waren zum Beispiel der Kiebitz und die Goldammer, ein typischer Bewohner der Feldmark mit Acker- und Grünland.

Als Hauptgrund für die Entwicklung sieht Petr Vorisek, der an dem Projekt beteiligt ist, die Intensivierung der Landwirtschaft. Zudem seien die Auswirkungen des Klimawandels immer stärker spürbar. Für die Studie wurden Daten aus 28 Ländern zu über 170 Arten zusammengetragen. Weit besser als den Feldvögeln erging es den Waldvögeln, deren Bestand im beobachteten Zeitraum nur um sechs Prozent zurückging. Eine moderate Abnahme war unter anderem bei Tannenmeisen, Erlenzeisigen und Wintergoldhähnchen zu verbuchen. Die Zahl der Grauspechte und Kleiber nahm sogar leicht zu.