Rund drei Wochen lang mussten die Anwohner in der Nordbahnhofstraße 97 und 99 solche Müllberge ertragen. Foto: privat

Die illegale Abfallentsorgung soll Thema der nächsten öffentlichen Sitzung werden. Die soll unter strengen Auflagen noch im Mai anberaumt werden.

Stuttgart-Nord - Das Müllchaos im Stuttgarter Norden beschränkt sich nicht auf die Gebäude der Laich-Stiftung im Nordbahnhofviertel (wir berichteten). Auch vor dem Gebäude 97 an der Nordbahnhofstraße, das vom städtischen Liegenschaftsamt verwaltet wird, türmte sich drei Wochen lang der Müll: „Wir kamen kaum zur Haustür raus“, klagt Dario Siegler. Der 37-Jährige hat sich schriftlich beim Liegenschaftsamt beschwert. Amtsleiter Thomas Zügel versichert, der Müll sei entsorgt worden. „Jedoch erst, nachdem ich nochmals geschrieben und mit Anzeige gedroht habe“, kontert Siegler.

Weitere Müll-Hotspots sind der Bismarckturm und der Höhenpark Killesberg. Trotz des Verbots, sich wegen der Corona-Krise in Gruppen zu treffen, versammeln sich dort Jugendliche. Ralph Perrey, Vize-Leiter des Reviers Wolframstraße: „Die Leute haben während der Krise auch unter der Woche viel Freizeit. Die Treffen beginnen gegen 17 Uhr und enden nach Mitternacht.“ Die Hinterlassenschaften wie Flaschen, Dosen, Fast-Foodkartons liegen auf der Wiese und neben den Abfalleimern, die zum Teil sogar leer sind. Die Polizei kontrolliert häufiger als sonst, spricht Platzverweise aus und prüft, ob sie eingehalten werden. „Aber es ist ein Kampf gegen Windmühlen“, stellt Perrey fest. Er sagt aber auch, dass die Vermüllung an den Hotspots seit Corona nicht zugenommen habe, sondern ein dauerhaftes Problem sei.

Weitere Hotspots sind Bismarckturm und Höhenpark

Die Vermüllung im Höhenpark kann Bezirksvorsteherin Sabine Mezger bestätigen. Auf ihren Spaziergängen mit Hund Levi hebt sie auch Abfall auf und wirft ihn in die Tonne. Damit ist es aber nicht getan. Eine Strategie sei notwendig, wenn sich etwas ändern soll. Deshalb will sie in der nächsten Beiratssitzung das Thema Müll in den Fokus stellen. „Eine Aktion, um die Bürger zu sensibilisieren, könnte mit den Beiräten sein, im Nordbahnhofviertel und auf den Spielplätzen Müll einzusammeln“, sagt sie und hofft dass solch ein symbolischer Akt Anregung zur Müllvermeidung wird. Außerdem will sie in der Sitzung zur Diskussion stellen, ob mit dem Aufstellen eines „Kippsters“ an der Azenberg-/Hölderlinstraße sich die Zigarettenkippen auf der Straße reduzieren lassen. Kippster sind Aschenbecher, auf denen Rauchern eine Frage gestellt wird, die sie dadurch mit Ja oder Nein beantworten, dass sie ihre Kippen in der entsprechenden Öffnung entsorgen. Der Kippster könnte aus dem Budget des Beirats finanziert werden. Außerdem denkt die Bezirksvorsteherin daran, die Hausverwaltungen anzuschreiben, um zu klären, ob das Fassungsvermögen ihrer Abfallbehälter ausreicht.

Auch die Bezirksbeiräte sehen das Müllproblem in ihrem Bezirk als dringlich an. Ralph Wöhrle (Grüne) hält es für eine „gute Idee“ nach dem Motto „Let’s putz“ gemeinsam Müll einzusammeln. „Wir haben das Problem nicht nur während der Corona-Krise, sondern ständig“, stellt er fest. Ertappt er Müllsünder, spricht er sie an. Als probates Mittel gegen wilden Müll hat sich seiner Erfahrung nach das Einzäunen von Waldparkplätzen herausgestellt. Wöhrle: „Das hält davon ab, mit dem Auto vorzufahren und Schrott abzuladen.“

Timo Haug (CDU) appelliert an den Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS), während der Krise auch Müll neben den Tonnen mitzunehmen und unterstützt den Vorschlag Mezgers, bei den Hauseigentümern nachzufragen, ob ihre Tonnen groß genug sind. Außerdem weist er darauf hin, dass an der Stresemannstraße Abfallbehälter fehlen. Haug: „Einen Antrag auf weitere Behälter haben wir bereits gestellt.“

Jürgen Klaffke (die FrAktion) fordert vom Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart, dass er den Abfallkalender übersichtlicher gestaltet und so aufbereitet, dass die Bürger wissen, wann welcher Müll abgeholt wird und, dass die gelben Säcke erst am Vorabend der Abholung rausgestellt werden dürfen.

Anna Kedziora (FW) hält es nicht für die Aufgabe der Beiräte, Müll einzusammeln. Ihr Vorschlag: Müllsünder statt mit Bußgeld zu belegen zum Müllsammeln zu verpflichten. Ob das rechtlich möglich ist? Kedziora: „Tagessätze können auch in Sozialarbeit umgewandelt werden.“