Lange Gesichter bei Stuttgarts Volleyballerinnen. Foto: Baumann

Der Titelverteidiger ist raus: Allianz MTV Stuttgart hat überraschend das Halbfinale im Volleyball-Pokal gegen VC Wiesbaden mit 1:3 verloren – und muss jetzt seine Wunden lecken.

Stuttgart - Auch als Aurel Irion eine Nacht darüber geschlafen hat, war die Stimmung nicht viel besser geworden. Der Schock und Schmerz über das Pokal-Aus am Vorabend saß tief: „Das wird noch ein paar Tage dauern“, sagt der Geschäftsführer von Allianz MTV Stuttgart nach der 1:3-Niederlage gegen den VC Wiesbaden, an der es nichts zu deuteln gab. „Das war ein verdienter Sieg, man kann der Mannschaft zu der Leistung nur gratulieren“, musste Irion neidlos anerkennen. Zumal Stuttgart bis auf Micheli Tomazela Pissinato aus dem Vollen schöpfen konnte, während der Gegner gewissermaßen mit seinem letzten Aufgebot angereist war. Bestes Beispiel – Julia Osterloh: „Mittags saß ich noch nichtsahnend am Schreibtisch“, sagte die überraschte Mittelblockerin, die nach einem Jahr kurzerhand im Trikot mit der Nummer 5 reaktiviert wurde.

Doch gerade der vermeintliche Vorteil des breit besetzten Stuttgarter Kaders (mit aktuell 13 Spielerinnen) schlug nicht ins Gewicht. Im Gegenteil. Trainer Giannis Athanasopoulos wechselte im Laufe der Partie zwar munter durch, allerdings ohne Erfolg. Ein Rädchen griff (noch) nicht ins andere. „Wir haben sicher als Mannschaft enttäuscht, nicht nur einzelne Spielerinnen“, sagt Irion. Der letzte Biss fehlte, auch wenn Sportdirektorin Kim Renkema betont: „Unterschätzt haben wir Wiesbaden auf keinen Fall.“

Letztendlich wird es nun darauf ankommen, aus den individuell sicher starken Einzelspielerinnen eine homogene Mannschaft zu formen, deren personelle Alternativen sich im Laufe der noch langen Saison dann auch auszahlen.

Finale ist immer ein Höhepunkt

Doch zunächst einmal heißt es Wunden lecken. Zwar gehören Niederlagen zum Sport dazu, doch in diesem Fall wiegt es doppelt schwer: Weil das Pokal-Finale im Volleyball, das nicht gerade zu den Sportarten im ganz großen öffentlichen Fokus zählt, einen besonderen Stellenwert besitzt. Erst recht, seit es in der SAP-Arena in Mannheim ausgetragen wird, wo voraussichtlich wieder mehr als 10 000 Zuschauer am Finaltag der Frauen und Männer (live im TV) dabei sein werden. Bei den beiden vergangenen Auftritten hatte die „blaue Wand“ aus Stuttgart als Zeichen der Unterstützung mit mehr als tausend Fans ein imposantes Bild abgegeben.

Dazu kommt: hinter den Kulissen in den Vip-Räumen der modernen Arena blühte die Kontaktpflege. „Zu unseren letzten Erfolgen im Sponsorenbereich hat sicher auch das Pokal-Event beigetragen“, weiß Irion aus Erfahrung, weil sich in dieser entspannten Atmosphäre gute Beziehungen knüpfen ließen und sich der Etat somit auf 1,3 Millionen Euro steigern ließ. Erst recht, wenn noch der sportliche Erfolg dazu kommt – wie im vergangenen Jahr mit dem Titelgewinn, der zudem mit einer Prämie von rund 10 000 Euro verbunden war. Die spielen jetzt eben Wiesbaden und der Dresdner SC untereinander aus, während sich Stuttgarts Fokus auf Liga – und CEV-Pokal – richtet. „Ich hoffe natürlich, dass wir im Meisterrennen ernsthaft eingreifen können“, sagt Irion. Denn dieser Titel bleibt, unabhängig von der Enttäuschung im Pokal, ein großes Ziel für den Verein.

Training an Weihnachten

Einen Vorgeschmack wird es schon am zweiten Weihnachtsfeiertag (19.25 Uhr) geben, wenn die Mannschaft beim aktuellen Titelträger nach Schwerin muss. Gewissermaßen zum Duell der Pokal-Frustrierten (Schwerin verlor in Dresden 2:3). Irion: „Dort erwarte ich eine Reaktion.“ Und der Trainer weiß: „Wir müssen viel arbeiten, um besser zu werden.“ Deshalb wird selbst an den Feiertagen trainiert, ehe es am Montag in Richtung Ostsee geht, wo dann ganz bescheiden in einer Sportschule übernachtet wird. Nicht zur Strafe, sondern weil die meisten Hotels vor Ort über die Feiertage geschlossen haben. Danach ist frei bis 2. Januar, um die Köpfe mal frei zu bekommen. Spätestens im neuen Jahr sollte sich der Kater im Kader gelegt haben – auch bei Aurel Irion.