Manch ein Motorradfahrer legt wert auf Dezibel. Zum Leidwesen der Anwohner. Foto: dpa/Patrick Seeger

Vielerorts klagen Anwohner über extrem dröhnende Motorräder. Aber wie hat sich eigentlich die Nachfrage nach lauten Modellen und Auspuffanlagen entwickelt? Wir haben bei Händlern in Stuttgart und Filderstadt nachgefragt.

Filder - Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt, sagte sinngemäß schon Immanuel Kant. Und so sehen es die Anwohner, die sich über extrem laute Motorräder ärgern, die ihre Ruhe im Wohngebiet stören. So ist es beispielsweise in Stuttgart-Büsnau, aber auch in zahlreichen Gemeinden andernorts. Das Thema ist längst auf Bundesebene angekommen. Es gibt Initiativen gegen den Motorradlärm. Manche fordern Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen auf bestimmten Straßen für Motorräder. Dagegen laufen Biker Sturm. In Stuttgart etwa haben sich im Juli etwa 10 000 Motorradfahrer zu einer Sternfahrt getroffen und dem Verkehrsminister Winfried Hermann eine Petition mit fast 191 000 Unterschriften gegen die drohenden Fahrverbote überreicht.

Aber wie hat sich eigentlich die Nachfrage nach lauten Modellen entwickelt? Und lassen Motorradfahrer ihre Auspuffanlagen in den Werkstätten aufmotzen? „Im Gegenteil. Die Nachfrage sinkt“, sagt Klaus Limbächer von der Limbächer & Limbächer GmbH in Filderstadt-Bernhausen. Seinen Kunden sei es wichtig, dass ihre Motorräder die zulässige Lautstärke nicht überschreiten. Teils fänden die Kunden den serienmäßigen Sound noch zu laut.

Ein Motorrad soll nicht nach einer Nähmaschine klingen

Die Nachfrage nach lärmenden Modellen sei nicht hoch, aber durchaus noch da, sagt Steffen Walz. Der Betrieb seiner Familie hat seinen Sitz mitten in einem Möhringer Wohngebiet. „Es sind eher die jüngeren Fahrer, die sich Gehör verschaffen wollen“, hat er beobachtet. „Wir versuchen, ihnen das auszureden.“ Nicht nur, weil die Familie Walz die Nachbarn nicht belästigen will. „Es stört schon, wenn man im Garten sitzt und es röhren laute Fahrzeuge vorbei“, sagt Steffen Walz. Er ist selbst leidenschaftlicher Motorradfahrer und sagt: „Es geht auch leiser.“ Auf Rennstrecken sei die Lautstärke okay, „aber in der Stadt muss das nicht sein“. Steffen Walz beäugt die Diskussion um den Motorradlärm mit Sorge. „Es wäre schade für uns Motorradfahrer, wenn die Fahrverbote kommen“, sagt er.

Drohende Fahrverbote sind auch bei Motoxtreme in Stuttgart-Obertürkheim Thema. Dort gehe die Nachfrage nach lauten Modellen gegen Null, sagt der Chef Wolfgang Braun. „Unseren Kunden ist es lieber, dass sie fahren dürfen.“ Aber auch er habe beobachtet, dass es eher die jüngeren Fahrer sind, die Wert auf Dezibel legen. Und bis zu einem gewissen Grad habe er Verständnis dafür. „Das ist ein emotionales Thema“, sagt Braun. Eine gewisse Soundkulisse gehöre dazu. „Es soll ja klingen wie ein Motorrad und nicht wie eine Nähmaschine“, sagt er. Außerdem betont er, dass nicht nur unter den Motorrädern, sondern auch unter den Autos extrem laute Fahrzeuge dabei seien, die die Ruhe der Anwohner stören.

Probefahrten im Wohngebiet sind tabu

Vor allem für Fahrer kleinerer Modelle, die serienmäßig leiser sind, hat Steffen Walz kein Verständnis, wenn sie an ihre Maschinen unbedingt andere Auspuffanlagen montieren müssen, vielleicht sogar solche, die eigentlich zu laut und damit nicht zulässig sind. „Wir klären unsere Kunden darüber auf, welche Konsequenzen es haben kann, mit einem illegalen Umbau erwischt zu werden“, sagt Walz.

Hin und wieder bekomme die Firma Zweirad Walz neue, mitunter auch laute Motorräder von den Herstellern. Diese dürften die Kunden im Wohngebiet um den Betrieb drumrum aber nicht Probe fahren – zum Schutz der Anwohner. Extrem laute Modelle vertreibe man in Möhringen gar nicht. „Teils haben die Kunden kein Verständnis dafür“, sagt Walz. „Aber wir gehen unseren Weg.“