Auch in der Ditzinger Straße in Gerlingen sind Motorradfahrer unterwegs – laut der Stadtverwaltung gehört diese Straße zu den besonders belasteten Strecken. Foto: factum/Andreas Weise

Kommunen aus dem Landkreis sind der Initiative gegen Motorradlärm beigetreten. Zusammen will man etwas tun, um die Bevölkerung zu schützen – auch in Gerlingen. Sogar ein Motorradverein überlegt, mitzumachen.

Gerlingen - Für die einen ist es „geiler Sound“, für die anderen nervtötender und krankmachender Krach. Die einen möchten mit ihren Maschinen laut sein und auffallen, die anderen rufen laut nach Ruhe. Die Rede ist von Motorradfahrern und den Menschen, denen der Lärm der Biker an den Nerven und der Gesundheit zehrt. Der noch jungen Initiative im Land haben sich im Kreis Ludwigsburg Bietigheim-Bissingen und Vaihingen an der Enz angeschlossen – ebenso wie Gerlingen. Und sogar ein Verein überlegt, ob er eintreten soll: Der AMSC Leonberg – ein Klub für Motorradfahrer aus dem Strohgäu und weit darüber hinaus.

Mehr als 80 Kommunen und Landkreise gehören der Initiative Motorradlärm aktuell an. Die meisten Mitglieder stammen aus Gebieten, die bei Bikern wegen ihrer kurvigen Strecken beliebt sind: Schwäbischer Wald, Schwäbische Alb und Schwarzwald. Aber auch Gerlingen wissen Motorradfahrer zu schätzen. Zum einen für die kurvenreiche Strecke vom Glemseck durch das Krummbachtal auf die Schillerhöhe. Zum anderen für die Ditzinger Straße und die Feuerbacher Straße – wo man, wie Kenner wissen – richtig schön aufdrehen, also Gas geben kann. Und eben Krach machen. „Es gibt immer wieder Beschwerden über Motorradlärm“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Durch die Mitarbeit in der Initiative und den Austausch mit anderen Kommunen erhoffe sich die Verwaltung weitere Erkenntnisse. Im Lärmaktionsplan der Stadt spiele der von Motorrädern ausgehende Lärm aber keine Rolle.

In Bietigheim-Bissingen ist man da schon weiter. Die Stadt plant, Displays aufzustellen, die den Bikern anzeigen, dass sie zu laut sind. Prädestiniert dafür seien die Strecke bei der Kammgarnspinnerei oder Stellen an den Ortseingängen. Lärm sei „leider nicht so einfach zu blitzen“, so Anette Hochmuth vom Presseamt der Stadt, „Folgen können nur durch Polizeikontrollen erwachsen. Wir hoffen vor allem, dass das Land entsprechende Regelungen erlässt.“

23 Prozent mehr Motorräder in zehn Jahren

Im Landkreis Ludwigsburg ist seit 2010 die Zahl der zugelassenen Motorräder stark gestiegen: von knapp 27 000 im Jahr 2010 auf 31 800 Ende 2017 und 33 240 zum Jahresende 2019 – in neun Jahren also um 23 Prozent. Die Bußgeldstelle des Landratsamts habe zwar keine Lärmmessgeräte, vermeldet Andreas Fritz aus dem Kreishaus, überwache aber Geschwindigkeitsbeschränkungen, „die zum Lärmschutz angeordnet sind“. Darüber hinaus werde an Strecken gemessen, wo viele Motorräder unterwegs seien und wo Anwohner geplagt würden. In Vaihingen sind das übrigens besonders die Einwohner der Stadtteile Aurich und Riet – deren Ortseinfahrten ein lärmprovozierendes Gefälle aufweisen. In der Kernstadt wissen davon die Anwohner der relativ steilen Franckstraße ein Klagelied zu singen. Dass es dort zu laut ist, weiß die Stadt durch Beschwerden. Lärmmessungen gibt es allerdings noch nicht.

Das Ludwigsburger Polizeipräsidium kündigt für die kommende Motorradsaison schon jetzt regelmäßige Kontrollen an – und zwar „mehrere pro Monat“ durch die Reviere und den Fachdienst Verkehr. Die Beamten achten dabei nicht nur auf die Geschwindigkeit, die die Ursache für viele Unfälle ist, sondern auch auf den Geräuschpegel eines Motorrads. Wenn der Verdacht bestehe, dass ein Motorrad zu laut sei, werde dies einem Sachverständigen vorgeführt, erklärt eine Sprecherin der Polizei. Dann könne man die komplette Technik des Bikes überprüfen. Es komme immer wieder vor, dass Fahrer ihre Maschinen verändern, damit diese lauter sind. Dafür gibt es unter anderem spezielle Auspuffanlagen.

Ausfahrten in gemäßigtem Stil

Und was sagt ein organisierter Motorradfahrer zu diesem Thema? Klaus Roth aus Gerlingen ist der Vorsitzende des Allgemeinen Motorradsportclubs (AMSC) – und er sagt: „Ich finde die Initiative Motorradlärm gut.“

Roth, dessen Verein seinen Sitz in Leonberg hat, bezeichnet sich als Oldtimerfreund und Schrauber sowie als defensiven Motorradfahrer, der „genug Erfahrung“ hat, wie man sich auf der Straße bewegt. Obwohl der 62-Jährige im Klub die gemeinsamen Ausfahrten organisiert, sieht er sich nicht als den „typischen Biker-Sonntagsfahrer“. Bei den Touren des AMSC gehe es gemäßigt zu. „Wir sind nicht die schnellsten und die lautesten“, sagt Roth, dessen Verein deshalb schon etliche Mitglieder verlassen haben. „Denen waren wir zu langsam.“

Klaus Roth weiß also aus eigener Erfahrung, dass sich ein Teil der Motorradfahrer „katastrophal benimmt“. Und er versteht den Ärger von Anwohnern, denen im Sommer alle zwei Minuten eine Maschine vor dem Haus vorbeidonnere. Vielleicht können er und seine Kameraden womöglich helfen? Klaus Roth will zumindest mit ihnen besprechen, ob der Verein der Initiative beitreten soll. Der Chef sagt: „Ich kann es mir vorstellen.“