Der Mosttag im Freilichtmuseum Beuren ist eher eine Folklore-Veranstaltung. Im Ansatz der regionalen Kooperationspartner steht das bisher vernachlässigte Wirtschaftspotenzial des schwäbischen Nationalgetränks im Mittelpunkt. Foto: Rudel/Regenscheit

Das schwäbische Nationalgetränk soll in der Gastronomie und im Handel Fuß fassen. Das ist das erklärte Ziel einer Kooperation von fünf Landkreisen und der Stadt Stuttgart.

Beuren - Sein Geschmack ist Geschmackssache. Unbestritten aber ist, dass der Most, zumal mit gezogenem O in der Mitte und dem Eszeha am Ende, auch phonetisch gesehen ziemlich schwäbisch-verhockt daherkommt. Im Gegensatz dazu klingt Cider (gesprochen: Saider) wie die prickelnde Verheißung schlechthin. In der öffentlichen Wahrnehmung und Wertschätzung irgendwo zwischen Mooscht und Saider schwappt der hessische Äppelwoi im Bempel.

Trotzdem: „Den Hessen ist es gelungen, mit ihrem Äppelwoi eine landesweite Identitätswirkung zu erreichen. Wenn uns das mit dem schwäbischen Most hier auch gelingt, dann haben wir schon viel erreicht“, sagt Alexander Fromm. Der Wirtschaftsförderer des Landkreises Göppingen steckt damit den Erwartungshorizont des Projekts „Most-Marketing Region Stuttgart“ ab, dessen organisatorische Fäden bei ihm zusammenlaufen.

Viel versprechender Start

Der Start ist viel versprechend. Im ersten Schritt haben die fünf Landkreise der Region und die Landeshauptstadt Stuttgart ein gemeinsames Handlungskonzept entworfen, das die Leitplanken für eine bessere Vermarktung des schwäbischen Nationalgetränks absteckt. Mit modernen spritzigen Mostgetränken, die vorerst unter dem Arbeitstitel „Schwäbischer Cider“ beworben werden könnten, wollen die Kooperationspartner zuerst den Absatzmarkt in Stuttgart und Umgebung erobern. Das Ziel ist es, dem schwäbischen Nationalgetränk nicht nur in den Köpfen der Konsumenten, sondern auch auf den Speisekarten der Gaststätten oder in den Regalen der Handelsketten einen angemessenen Platz zu verschaffen.

Anlässlich der Vorstellung des Konzepts am Donnerstag im Regionalen Freilichtmuseum des Landkreises Esslingen in Beuren haben spontan acht Produzenten ihr Interesse an der Gründung einer Produzenten-Gemeinschaft bekundet. „Das ist mehr, als wir zu Anfang erwartet haben“, sagt Fromm. Und das ausgerechnet im Hopfensaal des Bauernhauses aus Öschelbronn – geht es doch nach den Worten der Werbestrategen auch darum, die Weißbier-Trinker wieder zurückzugewinnen.

Modernes, pfiffiges Getränk mit traditionellen Wurzeln

Das Potenzial dazu wird dem Most allemal zugetraut. Nicht nur, dass das Getränk über eine lange Tradition verfügt. Die 120 000 Hektar Streuobstwiesen geben der Landschaft zwischen Neckar und Schwäbischer Alb auch heute noch ihr unverwechselbares Gesicht. „Wir wollen auch dem Schwäbischen Cider ein unverwechselbares Gesicht geben“, sagt Dieter Popp von der auf Tourismus und Regionalberatung spezialisierten Agentur Futour aus der Bierstadt München. Der Most soll einerseits als modernes, pfiffiges, sympathisches Erfrischungs- und Genussgetränk wahrgenommen werden, andererseits aber seine traditionellen Wurzeln nicht verleugnen.

Soll dieser Spagat gelingen, dann müssen sich die Produzenten, die bisher als Einzelkämpfer unterwegs sind, zu einer Gemeinschaft zusammenschließen und sich auf einen gemeinsamen Werbeauftritt einigen. Im nächsten Schritt müssten die Gastronomie und der Handel mit ins gemeinsame Boot genommen werden.

Mit welchen Botschaften künftige Mosttrinker geködert werden könnten, hat Dirk Pohl von der Stuttgarter Agentur für Genussmarketing vorerst nur als Vision an die Wand gemalt. Ihm schwebt vor, „junge, erfolgreiche Schwaben“ als Mostbotschafter zu gewinnen. „Früher haben die Apfelbäume auf der Wiese als Torpfosten herhalten müssen. Jetzt trinke ich zu Hause Schwäbischen Cider“, könne man beispielsweise dem in Beuren groß gewordenen VfB-Fußballprofi Christian Gentner in den Mund legen. „Früher habe ich auf den Apfelbäumen gechillt, jetzt gibt es bei meinen Konzerten hinter der Bühne Schwäbischen Cider“, so könnte das Most-Bekenntnis des Rappers Cro lauten.

Konkret angefragt, so Pohl, habe man die Prominenz allerdings noch nicht.