Die Bewohner von Beira haben sich auf den Dächer ihrer Häuser vor den braunen Fluten in Sicherheit gebracht. Foto: AFP

Nach dem Tropensturm Idai kommt die Überschwemmung: Hunderttausende Menschen in Mosambik sind obdachlos. Langsam rollt die internationale Hilfe für das südafrikanische Land an. Auch Deutschland setzt sich ein.

Beira - Nach dem verheerenden Tropensturm Idai sind im Zentrum Mosambiks internationalen Helfern zufolge Flüsse so dramatisch über die Ufer getreten, dass „kilometerlange Binnenmeere und Insellandschaften “ entstanden sind. Bei Flügen über dem Katastrophengebiet in dem südafrikanischen Land zeige sich ein erschreckendes Bild, erklären Mitarbeiter des Welternährungsprogramms WFP.

Die größte Herausforderung sei es jetzt, die Hilfsbedürftigen zu erreichen und Tausende auf Hausdächern und Bäumen festsitzende Menschen zu bergen, sagt WFP-Sprecher Gerald Bourke. „Es regnet weiter, die Überschwemmungen verschlimmern sich.“ Meteorologen warnen, dass in der Region mit weiteren starken Niederschlägen zu rechnen sei.

Menschen kämpfen ums Überleben

„Wir haben alles verloren. Nichts ist übrig. Wir haben kein Essen, keine Kleidung und keine Decken. Ich habe noch nie einen so starken Sturm erlebt“, sagt die 37-jährige Julia, Mutter von drei Kindern aus Beira. Die Hafenstadt am Indischen Ozean mit ihren 500 000 Einwohnern ist von dem Zyklon fast dem Erdboden gleich gemacht worden.

Gert Verdonck, Nothilfeleiter der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, versucht vor Ort die anlaufenden Hilfsmaßnahmen auch aus Deutschland zu koordinieren. „Das erste, was man bei der Ankunft in Beira sieht, ist die Zerstörung und viel Wasser“, berichtet er. „Die meisten Häuser sind beschädigt oder zerstört. Die Wasserversorgung ist außer Betrieb. Es gibt große Gebiete, in denen es für die Menschen schwierig ist, sauberes Wasser zu finden.“ Auch seien viele Gesundheitseinrichtungen beschädigt oder zerstört, so dass man derzeit nicht wisse, wo und wie Kranke und Verletzte behandelt werden sollen.

Millionen Menschen sind betroffen

Mosambiks Regierung in der Hauptstadt Maputo erklärte unterdessen den Notstand. Präsident Filipe Nyusi sprach von mindestens 1000 Todesopfern. Der Zyklon Idai mit der Stärke vier war in der Nacht zum Freitag mit Windböen von bis zu 200 Kilometern pro Stunde vom Indischen Ozean bei Beira auf Land getroffen. Es folgten Sturmfluten und massive Überschwemmungen. Im Hinterland von Beira steigen die Flusspegel wegen der Niederschläge weiter an.

Die UN gaben am Mittwoch als Anschubfinanzierung des Hilfseinsatzes 20 Millionen Dollar (17,6 Millionen Euro) frei. Das Internationale Rote Kreuz (IKRK) in Genf startete einen Spendenaufruf für zehn Millionen Schweizer Franken (8,8 Millionen Euro), um dringend benötigte Notunterkünfte zu bauen und die Wasser- und Stromversorgung wieder herzustellen. Caritas International in Freiburg hat seine Nothilfe auf 200 000 Euro verdoppelt.

Die laut Vereinten Nationen „massive Katastrophe“ betreffe möglicherweise Millionen Menschen in Mosambik und den Nachbarländern Simbabwe und Malawi, betont der Leiter des UN-Nothilfebüros Ocha, Jens Laerke. „Wir brauchen jede logistische Unterstützung, die wir bekommen können.“

90 Prozent der Gebäude in der Hafenstadt Beira sind zerstört

Nach Angaben von Hilfsorganisationen sind allein in Beira 90 Prozent des Gebiets um die Stadt zerstört, viele Gebäude stehen unter Wasser, die Hauptstraßen sind nicht befahrbar. Die Infrastruktur ist weitgehend zerstört. „Die Straßen, die zu den betroffenen Gebieten führen, sind komplett von Schutt und umgestürzten Bäumen blockiert“, berichtet Marc Nosbach, Koordinator der Hilfsorganisation Care in Beira.

Die Helfer stünden vor allem vor zwei Problemen, ergänzt Ian Scher von der südafrikanischen Organisation Rescue SA: „Wir haben die Leute in den Bäumen, die gegen Schlangen, Insekten und Raubtiere kämpfen müssen – und wir haben die Menschen, die auf Hausdächern oder Inseln gestrandet sind und nichts zu essen haben“. Diejenigen, die die Helfer nicht retten könnten, „werden umkommen“.

Mosambik ist eines der ärmsten Länder der Welt

Joseph Kamara, Leiter der Kinderhilfsorganisation World Vision in Beira, berichtet, dass die Regierung nun versuche, die Flutopfer in zwei Lagern unterzubringen, um eine bessere Versorgung gewährleisten zu können. Insgesamt sind allein in Mosambik rund 2,5 Millionen Menschen betroffen.

Kamara: „Der Hilfsbedarf ist im ganzen Land riesig, aber am wichtigsten ist nun, dass die Wasser- und Hygieneversorgung wiederhergestellt werden, um den Ausbruch von Krankheiten wie Cholera und Typhus zu verhindern.“

Mosambik wird immer wieder von schweren Wirbelstürmen getroffen. So hatte der Zyklon Favio 2007 rund 130 000 Häuser beschädigt und Zehntausende Menschen zur Flucht gezwungen. Im Jahr 2000 waren infolge des Zyklons Eline eine halbe Million Menschen zeitweise obdachlos, mehr als 700 starben.

Mosambik gehört dem Armutsindex (Global Multidimensional Poverty Index, MPI) der Vereinten Nationen zufolge zu den zehn ärmsten Ländern der Welt. Die Zentralregierung in Maputo ist mit der Bewältigung der sich nun abzeichnenden humanitären Katastrophe vollkommen überfordert.

Zahlreiche Hilfsorganisationen auch aus Baden-Württemberg wie Caritas International und die Diakonie Katastrophenhilfe planen nach eigenen Angaben daher, ihre Einsätze und das Personal vor Ort auszubauen und haben zu Spenden aufgerufen.