Ein Vater, der seinen Sohn erstochen haben soll, muss sich vor dem Landgericht veranworten Foto: dpa

Gegen einen 59-Jährigen aus Leinfelden-Echterdingen, der seinen 25 Jahre alten Sohn erstochen haben soll, ist nun vor der 9. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart der Prozess eröffnet worden.

Stuttgart - Es sind schreckliche Szenen gewesen, die sich am 18. Mai 2014 in einem Haus in Leinfelden-Echterdingen abgespielt haben. Ein heute 59-Jähriger erstach gegen 22.30 Uhr seinen 25 Jahre alten Sohn und versuchte danach, die Schwiegertochter zu töten. Seit Montag muss sich der Mann wegen Totschlags, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung vor der 9. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart verantworten.

Der Angeklagte erzählt ausführlich vom Ablauf jenes Sonntags und berichtet von vielen Details, die sich damals in seinem Pizza-Service und in den beiden von der Familie bewohnten Stockwerken darüber abgespielt haben. Aber an die Minuten, in denen er das Leben seines Sohnes ausgelöscht und das seiner heute 26 Jahre alten Schwiegertochter zerstört hat, will oder kann er sich nicht mehr erinnern. Da habe sein „Kopf nicht mehr gearbeitet, vor meinen Augen war alles schwarz“, lässt der Pakistani den Dolmetscher übersetzen. Er erzählt, wie sehr ihn sein Sohn an jenem Abend „gedemütigt und verletzt“, ihn als „Arschloch und Hurensohn“ beschimpft habe. Der Sohn, für den er alles getan habe und der das von ihm aufgebaute Pizza-Geschäft übernehmen sollte. Der Streit eskalierte. Nach den Ermittlungen der Polizei hat der Vater seinem Sohn ein langes Küchenmesser 29 Zentimeter tief in den Leib gerammt und ihn damit tödlich am Herzen verletzt.

Danach soll er in die Wohnung im zweiten Obergeschoss gestürmt sein, in dem der 25-Jährige mit seiner 26 Jahre alten Gattin und ihrer kleinen Tochter wohnte. Dort soll er mehrfach auf die junge Frau eingestochen haben. Als sie bereits am Boden lag, traktierte er sie laut Anklage weiter mit dem Messer, bis die Klinge in ihrem Rücken abbrach. Eine Notoperation rettete das Leben der Frau, die schwanger war und vor wenigen Tagen ihr zweites Kind zur Welt gebracht hat.

Es muss ein unvorstellbarer Hass gegenüber dem eigenen Sohn und vor allem dessen Frau gewesen sein, der sich aufgestaut hatte. Sie sei schuld, „dass ich heute hier sitze, mit ihr kamen die Probleme in die Familie“. Auch sie habe ihn kurz vor der Tat als „ehrlos und schlecht“ bezeichnet. Offenbar vertrug sich das Verhalten der 26-Jährigen nicht mit seinem Rollenverständnis von Frauen. Sie hatte ohne sein Einverständnis gemeinsam mit ihrem Mann einen Kiosk in Vaihingen eröffnet, sie habe vor der Tat fast fünf Jahre nicht mit ihm gesprochen, ihn noch nicht einmal gegrüßt, lamentierte er vor Gericht. Sein Sohn habe für den Kauf des Kiosks rund 53 000 Euro aus dem Tresor gestohlen, die von der Familie im Laufe der Jahre angespart worden seien. Außerdem hatte die 26-Jährige laut dem Vorsitzenden Richter Wolfgang Hahn offenbar verraten, dass ihr Schwiegervater neben seiner Frau und den vier Kindern in Deutschland auch in Pakistan verheiratet und Vater weiterer vier Nachkommen ist. Zudem soll er eine Geliebte gehabt haben.

Der Angeklagte war 1978 aus Pakistan nach Deutschland gekommen und arbeitete viele Jahre, eher er 2008 den Pizza-Service übernahm. Alles habe er für seinen geliebten Sohn getan. Er habe ihn nicht töten wollen. Die Verhandlung wird fortgesetzt.