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Zwei Jugendliche im Alter von 15 und 17 Jahren stehen seit Montag vor dem Ravensburger Landgericht, weil sie ihre Nachbarin bei einem Einbruch umgebracht haben sollen.

Ravensburg - Vom "Hirngespinst" zum blutigen Ernst? Wollten die beiden 15 und 17 Jahre alten Jugendlichen, die wegen Mordes an ihrer 26-jährigen Nachbarin im oberschwäbischen Bad Buchau vor Gericht stehen, nur mit verbaler Kraftmeierei ihre Clique beeindrucken? Und vor allem den Mädchen im Freundeskreis zeigen, was für tolle Kerle sie sind? Uwe Rung, Verteidiger des 15-Jährigen, geht zum Prozessauftakt am Ravensburger Landgericht von verhängnisvoller Gruppendynamik aus. "Da quatschen ein paar Kinder dumm rum, dass man bei der Nachbarin einbrechen könnte, sie reden sich die Köpfe heiß, machen den Einbruch und werden überrascht. Die Jungen flippen aus vor Angst, die Situation eskaliert, bis sie aus dem Ruder läuft".

[image]Die Staatsanwaltschaft sieht das jedoch ganz anders. Für sie sind Einbruch und Mord am 15. April 2009 keine spontane Aktion, sondern im Detail geplant und dann mit großer Brutalität umgesetzt worden. Dass Mitglieder der Clique von dem Plan gewusst haben, steht bereits in Gerichtsakten. Das Jugendschöffenbericht Biberach hat im Dezember zwei 15-jährige Mitwisser zu mehrmonatigen Bewährungsstrafen verurteilt. Bei zwei 15-jährigen Mädchen läuft das Verfahren noch. Gegen zwei andere Jugendliche wurden die Ermittlungen eingestellt. Sie hatten die Staatsanwaltschaft überzeugen können, dass für sie der Plan nur "ein Hirngespinst" war.

[image id="2343732"]Doch warum die Nachbarin am 15. April 2009 wirklich sterben musste, nachdem sie das Nachbarskind trotz Maskierung auf Anhieb erkannt hatte, dürfte in der Öffentlichkeit nur bruchstückhaft bekannt werden. Denn der Prozess findet, wie bei Minderjährigen üblich, hinter verschlossenen Türen statt. Darüber hinaus hat der Vorsitzende Richter Jürgen Hutterer von seinem Recht Gebrauch gemacht, auch Journalisten den Zutritt zu verwehren.

So kam Staatsanwältin Christa Gillig nach der Verlesung der Anklage vor die Tür des Sitzungssaals, um die wartenden Pressevertreter kurz zu informieren. Demnach haben die jungen Burschen die grausige Tat rund eine Woche vorher detailliert geplant und auch die Tötung der Frau verabredet, sollte etwas schieflaufen. Der 17-Jährige habe jedoch einen Rückzieher gemacht, sei dann aber mit dem Jüngeren ins Nachbarhaus gegangen, wo die 26-Jährige gefesselt und geknebelt lag. "Er unternahm nichts, um das Leben der Frau zu retten." Der Jüngere habe der Frau dann mit einem Brecheisen den Schädel eingeschlagen: "Dann brachte er die Tat zu Ende."

Um die Leiche zu verbrennen, hätten die beiden Jungen bei einer Tankstelle ein paar Liter Benzin besorgt. Doch inzwischen hatte der 46-jährige Ehemann bei seiner Heimkehr die grausige Entdeckung gemacht. Seine Frau lag tot im Keller.

Das Gericht steht vor der schwierigen Aufgabe, zu klären, wen genau welche Schuld trifft. Denn für Rung ist noch längst nicht ausgemacht, dass sein 15-jähriger Mandant die tödlichen Schläge ausgeführt hat. Er berichtete am Rande der Verhandlung, der Hauptschüler seinen älteren Freund des Mordes beschuldige. Auch die Sache mit der Grube, in der die Leiche angeblich verschwinden sollte, sieht Rung völlig anders. "Das Loch gibt es schon viel länger.", sagte er.

Der Vater des 15-Jährigen durfte mit zwei seiner vier Kinder an der Verhandlung teilnehmen. Betroffenheit und Ratlosigkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben. "Wir wissen nicht, was in den Köpfen der Jugendlichen vorgegangen ist", sagte er. "Er hatte keinen Grund zu der Tat, bei uns hat es an nichts gefehlt", sagte er über seinen angeklagten Sohn. Angeblich wollten die Jungen einen Fernseher klauen und zu Geld machen. Doch gestohlen wurde letztlich nichts.