Hinter Blödsinn versteckte sich ein sehr schlauer Kopf: Terry Jones im Jahr 2012. Foto: AFP/Andrew Cowie

Der Waliser Terry Jones lieferte der britischen Comedy-Show „Monty Python’s Flying Circus“ ihre besten Frauenfiguren. Aber er war auch im Hintergrund die wichtigste Kraft bei der Konzeptentwicklung. Nun ist er im Alter von 77 Jahren gestorben.

Stuttgart - Der resoluten englischen Hausfrau in Kittelschürze und Kopftuch, die mit einer Mischung aus Freundlichkeit, Ignoranz und Tyrannei ihre Spleens, Ticks und Ordnungsvorstellungen der Welt aufzwingt, hat von allen englischen Typen das großartigste Denkmal erhalten, viel lebendiger und dauerhafter als alle Statuen von Lord Nelson und Karikaturen von John Bull: Die Rede ist natürlich von all den Tratschweibern, Putzteufeln, Pensionswirtinnen und Fünf-Uhr-Tee-Bürgerinnen, die der Waliser Terry Jones in den Sketchen von Monty Python’s Flying Circus gespielt hat.

Jeder in dieser Truppe brachte seine besonderen Talente, Ideen und Grimassen mit und war bereit, alles und jeden auf die Schippe zu nehmen. Aber keiner stattete seine Figuren gleichzeitig so mit äußerstem Wahnwitz von bedrohlicher Dimension und einer liebenswerten, ergreifenden Schrulligkeit aus wie Jones. John Cleese etwa hatte einen gnadenlos bösen Blick auf seine Figuren, bei Jones aber war selbst im Angriffsmodus immer noch ein Rest Warmherzigkeit zu spüren.

Nicht viel Spaß in Stalingrad

Unvergesslich etwa ist Jones’ Pensionswirtin in einem Kaff in Somerset, die an seltsamen Dauergästen verdient, an Herrn Hilter, Herrn Bimmler und Ron Ribbentrop. Hilter und Bimmler müssten nicht einmal ihre Uniformen im Frühstücksraum tragen, um klar zu machen, dass es sich hier um die abgetauchten Kriegsverbrecher Hitler, Himmler und Von Ribbentrop handelt. Aber Jones schenkt der Wirtin die fröhlich dampfplaudernde Fähigkeit, alle unangenehmen Erkenntnisse beiseite zu schieben. Selbst als klar wird, dass die Dreierbande nicht über einer Wanderkarte von Südengland sitzt, sondern über einer Stabskarte von Stalingrad, baut sie dem offenbar schusseligen Herrn Hilter freundliche Brücken: „In Stalingrad hätten Sie bestimmt nicht viel Spaß gehabt!“ – und kichert.

Jones schrieb und spielte die Witze nicht nur, er bestimmte ganz grundlegend den Kurs und Stil von Monty Python. Er war zuvor schon mit den späteren Python-Kollegen Eric Idle und Michael Palin an der ebenfalls Grenzen verschiebenden Comedyserie „Do not adjust your Set“ beteiligt gewesen, aber er wollte alles noch viel surrealer haben: Ihm schwebte jene ab 1969 mit den Pythons verwirklichte Gag-Welt vor, in der soziologisch genaue Beobachtung mit schrillstem Blödsinn und raffinierter Subversion untrennbar verschmolzen. Am Dienstag ist Terry Jones nach einem quälend langen Kampf mit Demenz, die schon 2016 zum Sprachverlust geführt hatte, im Alter von 77 Jahren gestorben. Aber wenn einmal vom 20. Jahrhundert nicht mehr viel übrig sein wird im Menschheitsgedächtnis, seine Hausfrauen des Wahnsinns werden zum Bewahrten und Weitergereichten gehören.