Laut Veranstalter nahmen 2000 Protestler an der Demo teil. Foto: Andreas Rosar Fotoagentur-Stuttg

Eine Handvoll Teilnehmer hatte die erste Montagsdemo gegen Stuttgart 21, zu ihren besten Zeiten versammelten sich Zehntausende Menschen zum Protest gegen das Milliardenprojekt der Bahn. Zum zehnjährigen Jubiläum hoffen die Gegner nochmals auf Aufmerksamkeit.

Stuttgart - Die meisten Tunnel sind fertig, die ersten Stützen für die Dachkonstruktion gebaut und Verträge schon lange unterschrieben. Dennoch haben die Gegner auch zehn Jahre nach der ersten Montagsdemonstration gegen Stuttgart 21 die Hoffnung auf einen modernen Kopfbahnhof anstelle des derzeit umgesetzten Durchgangsbahnhofs nicht aufgegeben.

„Es ist trotz aller Investitionen alles noch da, die Gleise, das Gebäude. Und es könnte genutzt werden“, sagte Hannes Rockenbauch vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 am Montag in Stuttgart. Und auch Matthias von Herrmann, Sprecher der sogenannten Parkschützer, zeigte sich überzeugt: „Der Zug für den Kopfbahnhof ist noch lange nicht abgefahren.“

Etwa 2000 Teilnehmer

Gemeinsam mit weiteren Gegnern des Bauprojekts warnten von Herrmann und Rockenbauch (Fraktionsgemeinschaft Linke/Stuttgart Ökologisch Sozial SÖS im Gemeinderat) vor einer großen Bauruine im Herzen der Stadt. Es gebe zu viele ungeklärte Risiken zum Beispiel beim Brandschutz, bei den abschüssigen Gleisen und bei den Baukosten.

Zum Jubiläum demonstrierten die Gegner am Montagabend vor dem Hauptbahnhof erneut - zum 484. Mal. Damit gehört die Protestreihe zu den am längsten andauernden Bürgerprotesten großen Umfangs in Deutschland. Nach Angaben der „Parkschützer“ nahmen etwa 2000 Bürger an der Demo teil. Der Polizei lag zunächst noch keine Teilnehmerzahl vor.

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Der Dauerprotest habe das Stadtleben in Stuttgart in den vergangenen Jahren verändert, zeigte sich das Bündnis überzeugt. „Damals haben viele gesagt, sie gingen das erste Mal auf die Straße“, sagte von Herrmann. „Und heute sind sie in vielen anderen Bereichen auch im öffentlichen Engagement und Widerstand aktiv.“ Der Regisseur und Stuttgart-21-Kritiker Volker Lösch sprach von einer „enormen Politisierung der Stuttgarter Gesellschaft“.

Auch Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) würdigte den Widerstand: „Insgesamt hat der Protest sicher dazu beigetragen, dass heute Großprojekte anders geplant werden und die Bürgerschaft besser beteiligt wird“, sagte er auf Anfrage. Er rief die Protestbewegung dazu auf, sich nicht ausschließlich mit Stuttgart 21 zu befassen, sondern auch mit Verkehrs- und Mobilitätsthemen jenseits des Bahnprojekts.

Überschaubarer Start

Am 26. Oktober 2009 hatten sich Projektgegner erstmals zu einer Montagsdemo versammelt. Damals zählten die Veranstalter nach eigenen Angaben vier oder fünf Teilnehmer. Seitdem fordern die Gegner statt des unterirdischen Durchgangsbahnhofs einen optimierten Kopfbahnhof, der ihrer Ansicht nach billiger, sicherer und leistungsfähiger ist und sich trotz der längst fortgeschrittenen Bauarbeiten noch umsetzen ließe.

Schon im Sommer 2010 gingen Zehntausende Gegner der unterirdischen Station mit Anbindung an die Neubaustrecke nach Ulm auf die Straße. Trauriger Höhepunkt war der „schwarze Donnerstag“, an dem bei Protesten im Stuttgarter Schlossgarten laut Landesinnenministerium mehr als 160 Menschen verletzt wurden. In den vergangenen Jahren sind die Teilnehmerzahlen bei der Demo deutlich gesunken. Eine kleine Gruppe hartnäckiger Stuttgart-21-Gegner trifft sich aber nach wie vor wöchentlich zum öffentlichen Protest. Auch die Dauer-Mahnwache vor dem Hauptbahnhof gibt es noch.

Die Mitglieder des veranstaltenden Aktionsbündnisses sind alle ehrenamtlich tätig. Die Montagsdemo wird nach Angaben einer ihrer Organisatoren fast vollständig von den dabei eingenommenen Spenden finanziert.