Ohne Grün geht nichts. Neben dem Trend zur Zimmerpflanze sind Gestalter verliebt in runde Formen. Die dürfen aber nicht allzu viel Raum einnehmen, so wie dieses 1975 vom französischen Designer Pierre Paulin entworfene Sesselchen. Den „Pacha Lounge Chair“ bringt die Firma Gubi pünktlich zur Internationalen Möbelmesse in Mailand neu auf den Markt. Foto: Hersteller

Alles so schön klein, rund und luftig auf der Internationalen Möbelmesse Mailand. Angesichts hoher Mieten hat ohnehin keiner mehr Platz für Möbelungetüme.

Mailand - Das Bauhaus-Jubiläum – 1919 wurde die Kunstschule von Walter Gropius in Weimar gegründet – hat womöglich schon einige Jahre vor dem großen Fest Designer wieder einmal besonders beschäftigt. Nicht unbedingt, wenn es um die Vermeidung von Zierrat und Ornament geht. Dafür, was die Idee betrifft, sich bei der Gestaltung an geometrischen Grundformen zu orientieren. Für alle, die schon länger keine Geometrie mehr hatten – Rechteck, Quadrat, Dreieck und Kreis sind gemeint.

Runde Formen

Das Kreisrunde insbesondere lieben die Designer ganz besonders. Wohin man blickt, moppelige Rundungen, bei Spiegeln, Leuchten, Sesseln, Stühlen, Tischen. Kein Trend ohne Gegenbewegung – auch das Filigrane, Leichte sieht man dieser Tage auf der internationalen Möbelmesse in Mailand, die noch bis zu diesem Sonntag von Millionen Designfreunden der ganzen Welt besucht wird. Vor allem bei Sofas und Daybeds, die so gar nichts mehr mit den voluminösen Sofalandschaften von früher zu tun haben.

Doch es überwiegen die runden, weichen Formen. Mit dickem Stoff und Polstern bezogene Sessel und Stühle (selbst im Büro), als wolle der Mensch sich ins Wolkigweiche, Gepolsterte fallen lassen angesichts der Zumutungen der Welt. Wer auch keine neuen Möbel präsentiert in Mailand, zeigt zumindest seine Sessel und Barhocker mit neuen Polsterungen und gediegen schönen Stoffen, die gerne handwerklich hochwertig sein dürfen.

Sessel für Ayurveda-Freunde

Schon vor einigen Jahren hat Sebastian Herkner für Firmen wie Moroso knubbelige Sessel erfunden, auch für die Marke Gloster Möbel entworfen, die zwar nicht viel Platz verbrauchen, aber rund und gemütlich aussehen. Die Firma Ton wirbt aktuell mit einem kompakten Sessel namens „Ginger“, der vom Designstudio Yonoh entworfen wurde. Er verbinde „sanfte Konturen mit einem komfortablen, zeitgemäßen Design. Inspiriert vom bauchigen Stamm der Ingwerpflanze ist der gepolsterte Sessel solide gebaut, ohne schwer zu wirken.“ Ingwer ist nicht zuletzt eine beliebte Pflanze bei Yoga betreibenden Ayurveda-Freunden, die ihre Meditation ja auch ganz erdverbunden sitzend absolvieren.

Sitzen wie auf Botox-Lippen

Dazu passt das neueste Stück der Firma Gubi. Sie bringt einen Klassiker wieder heraus, den „Pacha Lounge Chair“. Der sieht aus wie zwei Botox-Lippen. Man sitzt, lümmelt auf dem Boden, eine Reminiszenz auch an Aschrams und Sit-ins der diskussionsfreudigen 68er-Generation.

Die Objekte, ob leicht auf filigranen Füßchen daher kommend oder fest auf dem Boden verwurzelt, werden aber nicht unbedingt voluminöser – anders als die Menschen, Geländewagen und mit Styropor eingepackten Häuser, wie der Architektur- und Kulturkritiker Niklas Maak in der „FAZ“ vor einer Weile bemängelte. Die Hersteller stellen ihre Modelle in immer kleineren Varianten her, kompakter.

Kein Platz für riesige Wohnlandschaften

Und fast immer eben kugelrund wie die weit aufgerissenen Kulleraugen der gezeichneten Figuren in den Manga-Comics aus Asien. Eine Assoziation, die insofern naheliegt, da mit diesem Trend auch stilbewusste Menschen in Japan bedient werden. Der Wohnflächen-Verbrauch pro Kopf beträgt hier rund 15 Quadratmeter.

Noch ist das in Deutschland anders – 46,5 Quadratmeter im Jahr 2017 –, doch angesichts immer weiter steigender Immobilien- und Mietpreise werden die Menschen hierzulande künftig wohl auch mit etwas weniger Platz auskommen müssen. Zudem verlangt die Arbeitswelt heute mobile Menschen. Kleine Möbel lassen sich nun mal leichter in den Umzugswagen packen als schwere Wohntrümmer.

Für Loungelandschaften, riesige Esstische, ausladende Sessel und Stühle könnte es jedenfalls eng werden.