Supermodel, Schauspielerin, It-Girl und Musikerin Cara Delevingne präsentiert ihren ersten Roman „Mirror, Mirror“. Zwar nicht selbst geschrieben aber immerhin die Vorlage geliefert. Foto: Getty Abo

Model, Schauspielerin, Musikerin: Cara Delevingne hat viele Talente. Mit „Mirror, Mirror“ legt sie ihren ersten Roman vor – den sie nicht selbst geschrieben hat, der aber nach ihrer Vorlage entstanden ist. Zum Fall des übergriffigen Filmproduzenten Harvey Weinstein hat Delevingne auch etwas zu vermelden.

Stuttgart - Sie hat nicht nur die berühmtesten Augenbrauen der Welt. Cara Delevingne (25) eines der gefragtesten Models des 21. Jahrhunderts, hat auch das, was es braucht, um ein Superstar zu werden: Authentizität. Und Chuzpe. Oder, wie sie es vermutlich ausdrücken würde: Eier in der Hose. Klarer Fall, dass sie nun, da die Vorwürfe gegen den Filmproduzenten Harvey Weinstein ans Tagelicht gelangt sind, ihre Geschichte dazu auspackt. Die Britin veröffentlichte eine Mitteilung in der sie schildert, wie Weinstein sie vor einigen Jahren anrief und über ihre Sexualität ausfragte. „Er sagte mir, wenn ich homosexuell wäre oder entschiede, mit einer Frau zusammen zu sein, würde ich niemals eine Rolle als heterosexuelle Frau bekommen oder es als Schauspielerin in Hollywood schaffen.“

Sie wollte Weinsteins Familie nicht verletzen

Bei einem beruflichen Treffen einige Jahre später habe der Filmproduzent Delevingne in seinem Hotelzimmer dazu aufgefordert, eine Frau zu küssen. Sie lehnte ab. „Er brachte mich zur Tür und stellte sich davor und versuchte, mich auf den Mund zu küssen“, schrieb die 25-Jährige. „Ich stoppte ihn und schaffte es aus dem Zimmer hinaus.“ Bislang habe sie nicht über den Vorfall gesprochen, weil sie Weinsteins Familie nicht habe verletzen wollen und sich „schuldig“ gefühlt habe, „als ob ich etwas falsch gemacht hätte“.

Unschöne Geschichten aus der Vergangenheit hat Cara Delevingne einige in petto. Diese verarbeitet sie nun auch in ihrem ersten Roman „Mirror, Mirror“. Zusammen mit Rowan Coleman, einer erfolgreichen britischen Frauenroman-Autorin, hat sie den Coming-of-Age-Roman geschrieben, eine Art Roadtrip in das Leben einer Gruppe Jugendlicher, auf der Suche nach sich selbst als Freunde, als Band, als Individuen. Mit Sex, Drugs und Rock’n’Roll und allem, was auch Cara Delevingne selbst in ihrer Jugend so mitgenommen hat. Im Roman verschwindet eines der Mitglieder, Naomi, spurlos und alle müssen sich fragen, wie gut sie sich eigentlich wirklich kennen.

Society-Familie aus besten Londoner Kreisen

Cara Delevingne wusste oft selbst nicht so recht, was sie mit sich und ihrem Leben anfangen sollte. Auch sie, die Tochter aus reichem, gutem Hause, nahm Drogen, vor allem rauchte sie Marihuana, nahm dazu starke Psychopharmaka. „Mit oder ohne Drogen – ich war ein Wrack“, sagte sie mal in einem Interview mit der US-„Vogue“. Auch später, schon als gut gebuchtes Model, feierte die Britin viel und exzessiv. Die Delevingnes sind eine Society-Familie aus besten Londoner Kreisen. Die US-Schauspielerin Joan Collins („Denver-Clan“) ist Caras Patentante. Und ihre Großmutter mütterlicherseits diente einst Prinzessin Margaret als Kammerzofe. Ihr Vater ist ein erfolgreicher Immobilienhändler, ihre Mutter Pandora Stevens war in den Achtzigerjahren das, was man heute als It-Girl bezeichnen würde. Während ihre Töchter Poppy, Chloe und Cara – das Nesthäkchen – heran wuchsen, soll sie immer wieder im Heroin-Entzug gewesen sein. Im Magazin „Esquire“ schilderte Cara einmal, dass sie als Kind manchmal mit zu den Therapiesitzungen ging: „Da saßen andere Abhängige, zitternd, die Beine bis unters Kinn angezogen.“

Sie versammelt Millionen von Followern in den Sozialen Medien

Das Modeln war für Cara Delevingne so etwas wie ein Rettungsanker. Sie, die Schulabbrecherin und verwöhnte Göre wollte es allen zeigen. In kürzester Zeit arbeitete sie sich zum Supermodel hoch – ihr Laufstegauftritt für Burberry 2011 machte sie schlagartig bekannt. Sie zierte Chanel-Kampagnen, „Vogue“-Cover und schritt über sämtliche Laufstege dieser Welt. Außerdem wurde sie zum ersten Social-Media-Model. Auf Instagram und Twitter versammelt sie Millionen von Followern und lässt ihre Fans an allem teilhaben, was sie umtreibt: Cara nach dem Aufstehen mit zerzaustem Haar, Selfie von Cara und Karl Lagerfeld, Cara als kleines Mädchen im Nachthemd oder Cara rockend am Schlagzeug – das kann sie nämlich auch noch so nebenher. Und Singen natürlich auch.

Das Modeln war nie Delevingnes Erfüllung

Mit ihrer schrägen Persönlichkeit, den clownesken Zügen und ihrer offenen Art mit ihrer Bisexualität umzugehen, passt sie eigentlich so gar nicht in die gelackte Model-Welt, in der Unangepasstheit und Unberechenbarkeit keine karrierefördernden Eigenschaften sind. Doch manchmal braucht es Freaks, die sich vom Glamour-Einheitsbrei abheben. „Cara ist der Charlie Chaplin der Modewelt“, hat der Designer Karl Lagerfeld einmal über sie gesagt. Und natürlich war sie auch bereits seine Muse – der Ritterschlag für alle Models, die hoch hinaus wollen.

Und während andere nur darüber reden, ins Schauspielfach zu wechseln, hat es Cara Delevingne einfach getan. Das Modeln sei für sie nie eine Erfüllung gewesen. „Ich habe das nicht für meine Seele gemacht. Es brachte mein Herz nicht zum Klopfen, ich bin dafür morgens nicht aufgestanden, und es hat kein Feuer in mir entfacht.“ Über die Schauspielerei verliert sie ganz andere Worte: „Ich bin mit meinem Blut, meinem Schweiß und meinen Tränen bei der Schauspielerei, ich widme ihr mein Leben. Ich würde für sie sterben.“ Das kann man als typische Erklärung einer jungen Frau werten, die sich möglichst dramatisch wichtig machen möchte. Aber Cara Delevingne meint das ernst. Und zieht es durch.

Der Wechsel zur Schauspielerei

2014 spielte sie an der Seite von Daniel Brühl in der Produktion „The face of an Angel“ die fiktive Verfilmung des Falls von Amanda Knox. Es folgten beachtliche und weniger beachtliche Rollen, unter anderem sicherte sie sich 2015 die weibliche Hauptrolle in der Verfilmung des erfolgreichen Jugendromans von John Green „Margos Spuren“. Zuletzt war sie in dem Historienfilm „Tulpenfieber“ an der Seite von Christoph Waltz zu sehen und zuvor in Luc Bessons Fantasyfilm „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“. Der französische Regisseur kennt sich aus mit schauspielernden Models: in seinem Science-Fiction-Film „Das fünfte Element“ (1997) engagierte er das russisch-serbische Model Milla Jovovich und verhalf ihr zu einer erfolgreichen Zweitkarriere.

Cara Delevingne, 25, die Welt ist nicht genug – was die Frau anpackt, wird scheinbar zu Gold. Und dass sie ihren ersten Roman schreiben lässt und nicht selbst schreibt, zeugt von einer gewisser Distanz zu sich selbst. Das kann nie schaden in der Welt der glamourösen Oberflächlichkeiten, in der sie sich bewegt.