Luxustasche von Hermes unterm Hammer Foto: Lichtgut/Michael Latz

Von der zauberhaften Verbindung zwischen Frauen und Handtaschen profitiert vor allem die Marke Hermès. Das Label inszeniert eine Traumwelt. Taschen kosten so viel wie ein Kleinwagen.

Stuttgart - „Steig mer doch en’ Dasch.“ Der Seufzer eines entnervten Mannes in Richtung seiner Frau gleicht einer bedingungslosen Kapitulation. SOS. Er spürt es. Edel geht die Welt zugrunde. Und gegen die Macht der Handtasche ist sowieso jeder Mann machtlos. Bei diesem Thema geht es ums Gefühl. Hier schlägt das Habenmüssen den Kontostand. Also bietet die Frau im Auktionshaus Eppli mit anderen Taschen-Liebhabern um die Wette. Etwa 100 Bieter sitzen im ersten Stock im Königsbau, zig weitere an ihren Telefonen und Computern auf der ganzen Welt. Sie alle wollen nur eines: etwas Einzigartiges, eigentlich Unbezahlbares besitzen.

Sie wollen eine Handtasche von Hermès.

63 dieser edlen Stücke kommen unter den Hammer. Jedes Stück ist so teuer wie ein Kleinwagen. Die Günstigste liegt bei 4800 Euro Aufrufpreis, die Teuerste bei knapp 35 000 Euro. Für besagtes Exemplar hat Hermès Kroko-, Echsen- und Straußenleder verarbeitet. Eine Unternehmerin aus dem süddeutschen Raum hat diese Sammlung bei ihren diversen Einkäufen erstanden. „Ich habe die Originalrechnungen gesehen“, sagt Franz Eppli, „manchmal war auch ein Schal oder ein anderes Accessoire dabei. Rechnungen von 48 000 Euro sind da nicht selten.“

Wer die ominöse Dame ist, die sich in Epplis Auktionshaus von 63 Taschen ihrer 200 Taschen großen Sammlung trennt, verrät Eppli nicht. Berufsgeheimnis. Nur so viel: „Sie ist nicht Unbekannt.“ Auch über den Grund des Verkaufs kommt ihm keine Silbe über die Lippen. Eines kann er jedoch ausschließen: „Es ist keine Geldnot.“

Mode wird zur Geldanlage

Ganz gleich, ob Käufer oder Verkäufer. Sie alle sprechen nicht über Geld, sie haben es. Auch eine Dame aus China, die bei einer kleinen Schwarzen mit dem großen H mitbietet. Als der Hammer von Franz Eppli Junior fällt, hat die Tasche mehr als das doppelte des Aufrufpreises (4800 Euro) erreicht. Die Chinesin legt 12 000 Euro auf den Tisch des Hauses und wirkt danach entrückt. Sie hüpft, sie weint, sie stammelt: „Davon habe ich mein Leben lang geträumt.“

Im Gegensatz zu anderen Käufern wird sie die Tasche – „zu besonderen Anlässen“ – auch tragen. In Strafzinszeiten werden Luxus-Taschen oft unberührt im Safe gelagert. Als Anlageobjekt, das bis zu 25 Prozent Rendite bringt. „Mode wird inzwischen wie Kunst gehandelt“, weiß Eppli, „vor 40 Jahren hat diese Entwicklung mit Schmuck angefangen, heute sind es auch Taschen.“

Vor allem Hermès-Taschen.

Mit Grace Kelly fing alles an

Warum gerade diese Marke so begehrt ist, hat einfache Gründe. Natürlich sind die Taschen perfekt verarbeitet und aus erlesenen Materialien. Es liegt aber auch an der künstlichen Verknappung der Ware. Es ist unmöglich in einen Laden zu marschieren und eine Hermès-Tasche zu kaufen. Die Wartezeit auf ein Täschchen beträgt zwei bis fünf Jahre. „Das Wichtigste ist jedoch das perfekte Marketing des Labels. „Das kreiert diesen Zauber“, sagt Winni Klenk, Stuttgarts Mode-Experte und Besitzer der Boutique Abseits am Kleinen Schlossplatz. Es sei die besondere Geschichte, die Hermès mit jeder Tasche verkauft. „Seit Grace Kelly mit so einem Ding rumgerannt ist, will jede eine“, sagt Klenk, „so sind halt Frauen. Sie wollen so eine Handtasche, Männer einen Porsche.“ Das Begehren schaffe auf die Weise irreale Werte. „Die Taschen sind freilich maßlos überteuert“, sagt Winni Klenk, „das hat nichts mehr mit der Realität zu tun. Das ist eine Taschen-Matrix, eine marketing-generierte Traumwelt.“

Als in Epplis Traumwelt der Hammer zum letzten Mal fällt, wird die Sache wieder ganz real. Manche Männer sind ärmer, viele Frauen reicher – an Glück und Zauber. Auch der Auktionator freut sich: „Der Gesamtumsatz für den ersten Teil der Sammlung mit 32 Taschen betrug 172 750 Euro – ein tolles Ergebnis. Im Januar folgt der zweite Teil.“