Bei Anruf kommt das Bürgermobil: Rose Bürkle von der Diakoniestation freut sich über das neue Angebot. Foto: Gottfried Stoppel

Immer mehr Kommunen leisten sich einen Fahrdienst für Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Manche Angebote funktionieren wie Ruftaxis ohne Kosten, andere fast wie Linienbusse mit festen Fahrplänen. Ein Überblick.

Rudersberg - Mal wieder selbst einkaufen, mal wieder zum Kaffeeklatsch in den Nachbarort zur Freundin fahren oder schlicht ohne große Probleme zum Termin beim Physiotherapeuten kommen: Das alles ist jetzt in Rudersberg für mobil eingeschränkte Bürger recht einfach möglich – mit dem Bürgermobil, das Montag bis Freitag zwischen 14 und 18 Uhr in der Flächengemeinde mit ihren vielen Teilorten und Weilern unterwegs sein wird.

Viele freiwillige Fahrer

Die Idee dazu hatten die Kommune und die Diakoniestation Wieslauftal Welzheimer Wald im Frühjahr dieses Jahres quasi gleichzeitig. Da bekam nämlich die Diakonie ein gesponsertes Fahrzeug, mit dem bislang unter anderem Menschen für Betreuungsgruppen abgeholt und wieder nach Hause gebracht werden. „Wir waren froh über das Auto und wollten etwas zurückgeben“, sagt Rose Bürkle, Pflegedienstleiterin der Diakoniestation. Sie und ihre Mitarbeiter würden täglich sehen, was eine eingeschränkte Mobilität bedeute: „Da fehlt viel“, so Bürkle.

So ließ Rudersberg im Sommer über das Amtsblatt den Bedarf für einen solchen Fahrdienst in der eigenen Kommune abfragen. Und der war offensichtlich da. Ebenso die große Bereitschaft von Freiwilligen: „Bei uns haben sich 15 neue Ehrenamtliche gemeldet, die nun regelmäßig als Fahrer fungieren“, sagt Bürgermeister Raimon Ahrens.

Nur nachmittags im Einsatz

Parallel bot die Diakoniestation bereits Einkaufsfahrten für ihre Kunden an – auch dies kam sehr gut an und wurde gut angenommen. „Die Menschen haben ein Stück Selbstständigkeit zurückbekommen“, sagt Ahrens. „Es sind Freundschaften unter den Fahrgästen entstanden“, erzählt Rose Bürkle.

Das neue Bürgermobil fährt nun kostenlos im Gemeindegebiet Rudersberg sowie bei Bedarf in die Schorndorfer Teilorte Haubersbronn und Miedelsbach. Es kann angefordert werden für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben: nicht nur für Fahrten zum Einkaufen, sondern auch für Behördengänge, Besuche bei Freunden oder Verwandten, für die Teilnahme an kulturellen oder kirchlichen Veranstaltungen. Voraussetzung ist, dass eine körperliche Einschränkung vorliegt. Zunächst kann das Bürgermobil nur für die Nachmittage von Montag bis Freitag angefragt werden, denn vormittags wird das Auto nach wie vor von der Diakonie für ihre eigenen Angebote benötigt. Wenn der Bedarf steigt, können Rudersberg und die Diakoniestation reagieren – dann kann das Angebot auch erweitert werden.

Rund 90 unterschiedliche Angebote

Neu ist die Idee mit dem Bürgermobil oder Bürgerbus nicht. In Bad Krozingen etwa fährt seit 15 Jahren der Bürgerbus. Er ist laut der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH (NVBW) einer der erfolgreichsten ehrenamtlichen Nahverkehre in Deutschland. Neun neue Bürgerbus- und Bürgerrufauto-Verkehre sind zwischen Juni 2018 und Oktober 2019 von ehrenamtlich aktiven Menschen in Baden-Württemberg auf die Reise geschickt worden. In den Kommunen im ganzen Land gibt es somit inzwischen rund 90 unterschiedliche Angebote – vom Ruftaxi bis zum Linienverkehr sind viele Betriebsformen dabei. Hier ein paar Beispiele aus dem Kreis und der Region:

Der Linienbus

In Aichwald (Kreis Esslingen) gibt es seit genau zehn Jahren den Bürgerbusverein. Organisiert und ins Leben gerufen hat das Angebot Albert Kamm, Fraktionschef der Freien Wähler im Aichwalder Gemeinderat und zweiter stellvertretender Bürgermeister der Kommune auf dem Schurwald. „Wir waren der erste Bürgerbus im Kreis“, sagt Kamm stolz.

30 ehrenamtliche Fahrerinnen und Fahrer sind unter der Woche täglich zwei Mal morgens und zwei Mal nachmittags mit einem Mercedes Sprinter-Bus für acht Fahrgäste unterwegs. In Aichwald gibt es 35 Haltestellen, doch auch, wer an der Strecke in der 30er-Zone steht und winkt, wird mitgenommen. Mitfahren darf jeder. Die Fahrt kostet einen Euro. „Uns ist wichtig, dass die Menschen ein verlässliches Mobilitätssystem bis ins hohe Alter haben“, sagt Kamm. „Das wird super angenommen in Aichwald“, betont er. Im kommenden Jahr wird es ein neues Fahrzeug geben. Die Anschaffungskosten übernimmt die Gemeinde (100 000 Euro) sowie die L-Bank (30 000 Euro). Kamm versteht das Angebot als soziales Projekt: „Bürger fahren für Bürger“, sei das Motto.

Der interkommunale Bürgerbus

Ebenfalls erfolgreich läuft der Bürgerbus der beiden Kommunen Alfdorf und Welzheim (Rems-Murr-Kreis) – und das seit dem Sommer 2016. Der Landfrauenverein Alfdorf übernahm die Anschaffung des ersten Busses. Ein zweiter kam vor einem Jahr hinzu, als sich das Netz auf die Nachbarkommune Kaisersbach ausweitete. Träger des Angebots ist der DRK Kreisverband Rems-Murr.

Der Bürgerbus fährt nun montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr kostenlos und nach telefonischer Bestellung mit ehrenamtlichen Fahrern in den drei Kommunen sowie bis nach Gschwend, Mutlangen, Lorch und Spraitbach. Mitfahren dürfen Personen, die den öffentlichen Nahverkehr nicht oder nur mit erheblichem Aufwand nutzen können oder auch Menschen mit einem momentanen Handicap.

Kostenloses Ruftaxi

Auch Plüderhausen hat seit Januar dieses Jahres ein Bürgermobil am Start. Zehn ehrenamtliche Fahrer kümmern sich um den kostenlosen Fahrdienst, der mobil eingeschränkte Bürger im Umkreis von 25 Kilometern um Plüderhausen fahren und abholen kann. Auch bei diesem Angebot gibt es eine Rufnummer, unter der man die Fahrten anfordern kann. Spenden sind erwünscht.

Seniorenmobil in den Startlöchern

In Weinstadt macht sich aktuell der Stadtseniorenrat für ein ehrenamtlich organisiertes Seniorenmobil stark. Ein zweimonatiger Probelauf vor zwei Jahren hatte bestätigt, dass es eine Nachfrage in der Kommune gibt. Der Gemeinderat und die Stadtverwaltung haben bereits ihre grundsätzliche Unterstützung signalisiert. Geplant ist, den Betrieb über einen Verein laufen zu lassen. Start ist voraussichtlich im ersten Quartal 2020.