Deutschland hinkt technologisch hinterher: In Peking können iPhone-Besitzer bereits per Gesichtserkennung bezahlen – der Dienst nennt sich „Smile to Pay“ („Lächle zum Bezahlen“). Diese Kundin tut sich mit dem Lächeln ganz offensichtlich schwer. Foto: AFP

Erst kam Google, dann folgten die Sparkassen und nun hat mit Apple auch ein dritter großer Anbieter den Start eines mobilen Bezahldienstes in Deutschland angekündigt – Apple Pay. Das Bezahlen mit dem Smartphone kann Zeit sparen – hat aber einen Haken.

Stuttgart - Mit Apple hat nun auch der zweite US-Technologieriese den Start seines mobilen Bezahldienstes in Deutschland angekündigt. Ende des Jahres soll Apple Pay für Kunden in Deutschland verfügbar sein. Diese warten schon lange darauf, mit ihren iPhones bezahlen zu können, wie es in anderen Ländern schon seit gut vier Jahren möglich ist. Der große Konkurrent Google bietet seinen Dienst Google Pay seit Ende Juni an. Der Start der beiden US-Konzerne könnte dem mobilen Bezahlen in Deutschland einen Schub verleihen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wie wird das mobile Bezahlen in Deutschland bisher angenommen? In einer Bundesbank-Studie haben lediglich sieben Prozent der Befragten angegeben, schon einmal mit dem Smartphone bezahlt zu haben, allerdings vor allem beim Online-Einkauf. Nur zwei Prozent hatten diese junge Zahlungsmethode schon in einem Geschäft benutzt. Mobiles Bezahlen machte 2017 insgesamt nur 0,1 Prozent aller Transaktionen aus und spielte gemessen am Umsatz überhaupt keine Rolle. Horst Rüter, Leiter des Forschungsbereichs Zahlungssysteme beim EHI-Handelsinstitut in Köln, hat im Gespräch mit unserer Zeitung vor überzogenen Erwartungen gewarnt. Zwar sei das grundsätzliche Interesse da, allerdings müssten die Verbraucher erst noch vom Mehrwert überzeugt und Sicherheitsbedenken zerstreut werden: „Wenn die Technologie zu kompliziert ist, wird sie sich nicht durchsetzen“, sagt Rüter.

Was ist der Unterschied zwischen kontaktlosem Bezahlen und Bezahlen mit dem Smartphone? Das Bezahlen mit Smartphone mittels sogenannter Wallet-Apps (digitaler Geldbörsen) ist nur eine Form des kontaktlosen Bezahlens. Eine andere Form – in Deutschland bisher weitaus verbreiteter – ist die kontaktlose Kartenzahlung. Ein Funkwellensymbol auf der Karte signalisiert, das eine Karte dafür ausgerüstet ist. Diesen beiden Alternativen zu herkömmlichen Bezahlmethoden liegt die sogenannte NFC-Technik (Near Field Communication, deutsch: Nahfeldkommunikation) zugrunde.

Wie funktioniert kontaktloses Bezahlen? Durch NFC, das auf einem Chip im Smartphone oder in der Karte installiert ist, lassen sich Daten über eine kurze Strecke von wenigen Zentimetern kontaktlos zwischen einem Sender-Gerät oder einer Karte und einem Empfangsterminal übertragen. In der Regel genügt dafür bei Beträgen bis 25 Euro das Anhalten des Senders an den Zahlungsterminal, um den Geldtransfer auszulösen. Darüber hinaus ist zusätzlich die Eingabe eines Pins erforderlich – was den Aufwand der Transaktion wieder erhöht und Vorteile gegenüber herkömmlicher Karten- oder Barzahlung wieder wettmacht. Wie viel schneller soll kontaktloses Bezahlen sein? Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) dauert ein kontaktloser Zahlvorgang im Schnitt elf Sekunden. Das Zahlen mit Girocard und Pin oder eine Barzahlung dauert mit 23 beziehungsweise 24 Sekunden mehr als doppelt so lange. Am langsamsten ist mit 28 Sekunden die Zahlung per elektronischem Lastschrifteinzugsverfahren mit Unterschrift.

Was ist zum Bezahlen mit dem Smartphone außer dem integrierten Chip im Gerät noch nötig? Der Kunde muss sich eine App, die sogenannte Wallet-App, herunterladen, die in der Regel auf Guthabenbasis funktioniert: Das heißt, er muss vor dem ersten Einsatz Geld von seinem Bankkonto zum Anbieter der App transferieren. Wer bietet das Bezahlverfahren für Smartphones an? Die jüngsten Anbieter von Wallet-Apps am deutschen Markt sind neben Google Pay auch die Sparkassen. Sparkassen-Kunden, die mindestens 18 Jahre alt sind und am Online-Banking teilnehmen, können sich seit Anfang dieser Woche die App „Mobiles Bezahlen“ auf ihr Android-Smartphone laden. Sie müssen einmalig ihre Girocard- oder Kreditkartendaten der Sparkasse in der App hinterlegen, die Abrechnung erfolgt wie bei einer normalen Kartenzahlung. Für iPhones ist der Dienst nicht verfügbar, da Apple laut Sparkassen-Verband die entsprechende Schnittstelle in den Geräten bisher nicht freigegeben hat. Die Partner, mit denen Apple in den deutschen Markt einsteigt, sind die Deutsche Bank, der Zahlungsdienstleister Wirecard, die Direktbank N26 und die Hypovereinsbank.

Welche anderen Anbieter für Wallet-Apps gibt es noch? Schon länger am Start sind unter anderem Payback Pay vom gleichnamigen deutschen Bonuspunkteprogramm, Wirecard mit der Boon-App sowie SEQR vom schwedischen Anbieter Seamless. Die Supermarktkette Edeka und die Kaffeekette Starbucks haben ihre eigenen Apps zum mobilen Bezahlen. Auch einige Banken waren schneller als die Sparkassen. So bieten etwa die Commerzbank und ihre Tochter Comdirect und die Direktbank N26 das Bezahlen über Google Pay an – auch die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ist einer der Kooperationspartner des US-Konzerns in Deutschland: BW-Bank-Kunden können den Dienst vom 8. August an nutzen. „Die App lässt sich im Handel an allen Verkaufspunkten verwenden, wo das Kontaktloszeichen oder das Google Pay-Logo zu sehen ist“, erläutert ein LBBW-Sprecher. Zudem könne damit auch online und in Apps bezahlt werden – über den Button „Kaufen mit Google Pay“. Die Volks- und Raiffeisenbanken wollen noch im August mobiles Bezahlen in der „VR-Banking App“ anbieten.

Welche Händler akzeptieren kontaktloses Bezahlen? Laut einer Prognose des EHI-Instituts werden bis Ende dieses Jahres 80 Prozent der großen Einzelhändler kontaktloses Bezahlen akzeptieren, allerdings erst rund ein Drittel der mittelständischen Händler. Das dürfte vor allem an den Kosten für die Einführung der Zahlungsterminals liegen.