So sah ein Adliger in der Stauferzeit aus.Foto:Stoppel Foto:  

Die „Familia Swevia“ erforscht den Alltag im Hochmittelalter. Eine Schau mit Rekonstruktionen der Truppe ist zurzeit im Württemberg-Haus zu sehen.

Weinstadt - Eigentlich ist Fabian Brenkers Leidenschaft für das Mittelalter schon in einer Zeit entfacht, an die er sich gar nicht mehr so genau erinnern kann. Schon als kleines Kind habe er immer gern mit Holzschwertern gespielt. Später hat er mit seinem Opa im Keller eigene Ritterrüstungen gebastelt, „damals noch frei Schnauze“, wie Brenker sagt. Heute nennt der 28-Jährige rund 500 Replikate von Alltagsgegenständen aus dem Hochmittelalter sein eigen – vom Schwert über Werkzeug bis zum Tischdekor, alle möglichst genau und wissenschaftlich belegt den historischen Vorbildern nachempfunden.

Die Gruppe lebt das Mittelalter buchstäblich

Seit mehr als zehn Jahren bemüht sich Brenker mit einem Dutzend weiterer Gleichgesinnter aus dem Raum Waiblingen das Leben eines schwäbischen Ministerialen und seiner Hausgemeinschaft, der Familia Swevia, nicht nur detailgetreu sondern auch lebendig darzustellen. Die Gruppe lebt die von ihr besonders in den Fokus genommene Zeit zwischen 1200 und 1210 buchstäblich, trägt dazu bisweilen handgenähte Unterwäsche aus grobem Leinenstoff, ist grau-grünen Getreidebrei und bettet sich des Nachts auf Strohsäcken zur Ruhe. Dadurch sei man gedanklich schon auf Dinge des alltäglichen Gebrauchs gestoßen, „auf die man als Wissenschaftler gar nicht kommt“, sagt Brenker, freilich selbst Archäologe „ganz knapp vor der Doktorarbeit“. Über die Alltagsdinge versucht die Gruppe aus Überlieferungen mehr herauszufinden. Und dann geht es an die handwerkliche Rekonstruktion.

Alltagskultur der Stauferzeit

Rund 200 dieser wissenschaftlich exakt nachgebauten Objekte zur Alltagskultur der Stauferzeit sind zurzeit im Württemberg-Haus in Beutelsbach zu sehen. Fabian Brenker hat am Sonntagnachmittag persönlich durch die Ausstellung geführt.

Zu bewundern sind Rekonstruktionen von militärischer Ausrüstung, adelige Kleidung, Spiele, Schmuck oder Schreibutensilien, oft mit Erläuterungen, wie es zu den Nachbauten gekommen ist und in welchem Kontext sie stehen. In einem kleineren Raum geht es weitgehend selbsterklärend um Küche und Ernährung.

Bei manchen Dingen, etwa dem großen Hinterlader-Kachelofen, erschließt sich die Bedeutung für die damalige Zeit aber erst durch die Erklärungen von Fabian Brenker. Weil das Feuer, mit dem der Ofen beheizt wurde, erstmals verborgen und weitgehend rauchfrei entfacht wurde, hatte das nämlich mehrere Auswirkungen. So war die Stube, der zentrale Lebens- und Arbeitsraum, entstanden. Allerdings musste man sich auch tiefgreifendere Gedanken über die Beleuchtung machen.

Ob er selbst ein eigenes Lieblingsobjekt hat? „Das ist nicht einfach zu beantworten“, sagt Fabian Brenker. Da gebe es zum einen jene Dinge, die eine hohe handwerkliche Qualität hätten, etwa ein kleiner, von einem Kollegen „mit einer Eselsgeduld“ aus einem Knochen geschnitzter Handspiegel, dessen vergrößernde Optik schon damals höchst aufwendig aus Glaskugeln herausgebrochen und wieder zusammengesetzt wurde. Dann gebe es Dinge, die eigentlich „kein großer Act“ waren, aber für die man viel Lob einheimse, etwa ein zierlich bemaltes Schmuckkästchen.

Ein lange unerkanntes Stück

Aber eigentlich seien es die Dinge, die man im wissenschaftlichen Sinne entdecke, auf die man besonders stolz sei. Eine Armbrustspannwinde etwa, die jahrelang in einem Museumsdepot in Sion in der französischen Schweiz lagerte und von der die Verantwortlichen nicht wussten, was es war. Bildliche Darstellungen darüber gab es nicht, aber Fabian Brenker konnte sie anhand einer Schriftquelle identifizieren. Nun ist eine Reproduktion im Maßstab 1:5 bei der Ausstellung im Beutelsbacher Württemberg-Haus zu sehen.

Staufer im Württemberg-Haus

Ausstellung
Die aktuelle Sonderausstellung „SachKULTURgeschichten. Rekonstruktionen zum Alltag der Stauferzeit“ ist noch bis zum 3. Februar im Württemberg-Haus in Beutelsbach, Stiftshof 1, zu sehen. Am kommenden Sonntag, 4. November, zeigt die Darstellergruppe „Familia Swevia“ anhand originalgetreuer Techniken und Werkzeug, wie damals das Kettenhemd und der Plattenharnisch eines Ritters gefertigt wurden.

Öffnungszeiten
Das Württemberg-Haus in Beutelsbach ist nur an den Wochenenden geöffnet. Samstags von 14 bis 18 Uhr, sonntags von 13 bis 17 Uhr. Sondertermine gibt es auf Anfrage bei dem Stadtarchivar Bernd Breyvogel, Telefonnummer 0 71 51/6 04 58 73.