Bundeswehrsoldaten im jordanischen Al-Asrak vor einem deutschen Tornado-Jet Foto: dpa

Was tun im Falle eines Giftgasangriffs bei dem neuesten Militäreinsatz der syrischen Regierung im Nordwesten des Landes? In der CDU wird mehr Engagement dazu gefordert, die SPD gibt ein klares Nein zu militärischem Einsatz.

Berlin - Als Mitte April Amerikaner, Briten und Franzosen einen Giftgaseinsatz der syrischen Armee mit Marschflugkörpern auf Ziele bei Damaskus und Homs vergolten haben, war Deutschland nicht mit von der Partie. Die eher lapidare Begründung lautete damals, die Verbündeten hätten nicht gefragt. Das ist diesmal, da die Sorge vor Gräueltaten in der Stadt Idlib groß ist, anders. Die Bundesregierung bestreitet nicht, dass es dazu Kontakte zwischen den Verbündeten gibt und auch das Verteidigungsministerium Überlegungen anstellt. Es handele sich aber, so ein Sprecher, um „einen sehr hypothetischen Fall“.

Die Debatte ist trotzdem da. Wert legt die Regierung nun darauf, dass es keinerlei Entscheidungen gebe und, wenn doch, wie Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, „jeder militärische Einsatz der Bundeswehr mit dem Parlamentsbeteiligungsgesetz in Einklang stehen muss“. Die Parlamentsarmee kann nur nach einem Ja der Abgeordneten in Bewegung gesetzt werden – mit einer Ausnahme. „Einsätze bei Gefahr im Verzug, die keinen Aufschub dulden“, heißt es im Gesetz, „bedürfen keiner vorherigen Zustimmung des Bundestages.“

Giftgaseinsatz wäre völkerrechtswidrig

Daraus abzuleiten, ein Gaseinsatz der von Moskau unterstützten Armee des Diktators Baschar al-Assad könnte unter die Kategorie fallen, wäre vorschnell. So sagt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags: „Im Ergebnis wäre eine etwaige Beteiligung der Bundeswehr an einer Repressalie der Alliierten in Syrien in Form von ,Vergeltungsschlägen‘ gegen Giftgasfazilitäten völker- und verfassungswidrig.“

Andere Stimmen gibt es auch – und zwar von jenen, die denken, dass Deutschland nicht abseitsstehen sollte, wenn in Nahost das Schicksal des Landes mitentschieden wird, weil wieder mehr Flüchtlinge nach Europa aufbrechen könnten. „Ein solcher Einsatz wäre völkerrechtlich zulässig, wenn und weil er zum Schutz gegen massenhafte Kriegsverbrechen der syrischen Staatsgewalt gegen die eigene Bevölkerung notwendig und strikt hierauf begrenzt wäre“, sagte der Außenausschussvorsitzende Norbert Röttgen (CDU) unserer Zeitung: Ein solcher Einsatz, zu dem Deutschland „grundsätzlich willens sein“ sollte, müsse dann „wie schon in der Vergangenheit gegenüber Russland, das ja Kriegspartei an der Seite Assads ist, klar kommuniziert werden“.

Die Sozialdemokraten sind gegen einen militärischen Einsatz

Die SPD-Fraktion hält von solchen Überlegungen nichts. „Die Erfahrung der zurückliegenden Militärschläge hat gezeigt, dass sie völlig folgenlos blieben und für die Menschen keine Verbesserung der Situation mit sich brachten“, sagt ihr Außenpolitiker Nils Schmid: „Zentrales Argument ist aber das Fehlen einer völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundlage.“

Im SPD-geführten Außenministerium äußert man sich zurückhaltender. „Oberstes Ziel der internationalen Gemeinschaft muss es sein, eine humanitäre Katastrophe in Idlib zu verhindern“, sagt Staatsminister Niels Annen: „Darauf sollten wir uns konzentrieren.“ Mögliche Reaktionen auf Chemiewaffen bewegten sich „weit im hypothetischen Raum“: „Fakt ist, und das hat Andrea Nahles deutlich gemacht: Die Bundesregierung handelt auf dem Boden des Grundgesetzes und des Völkerrechts.“ Die Haltung der SPD-Parteichefin erzürnt Röttgen: „Das kategorische, voreilige Nein von Frau Nahles ist verantwortungslos gegenüber den zahllosen Menschen, die Opfer der Kriegsverbrechen von Assad zu werden drohen“, so der CDU-Mann: „Diese Politik ist aber auch als außenpolitische Verweigerung Deutschlands gegen unsere eigenen Interessen gerichtet.“ Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff meint, dass es sich die SPD „zu einfach“ mache: „Ein Giftgasangriff seitens der syrischen Regierung wäre ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ein Zivilisationsbruch, der von der internationalen Gemeinschaft geahndet werden muss.“

Das deutsche Militär könnte nur wenig erreichen

Auf einem anderen Blatt steht, was Deutschland beizutragen hätte, wenn es wirklich zu einem Einsatz käme. Die Bundeswehr verfügt zwar über Marschflugkörper vom Typ Taurus – sie werden aber anders als die amerikanischen nicht von See und somit aus sicherer Entfernung abgeschossen, sondern aus der Luft. Deutsche Tornados, von der jordanischen Basis Al-Asrak aus startend, sind bereits über Syrien im Einsatz – aber mandatsgemäß nur zur Aufklärung von Zielen der Terrormiliz IS. Selbst Flüge, die nur Bewegungen der syrischen Armee ins Auge fassen würden, verlangten daher nach einem neuen Mandat, ein Kampfeinsatz für die Piloten ohnehin.