Sabine und Edmund Fais schließen ihren Familienbetrieb. Foto: Fatma Tetik

Die Metzgerei Fais schließt ihre Pforten. Damit entsteht in dem Stadtteil eine weitere Versorgungslücke bei der Nahversorgung.

Kaltental - Der frühe Vogel fängt den Wurm“, besagt ein altes Sprichwort. Getreu dieses Ausspruchs klingelte bei Edmund Fais aus Kaltental seit knapp 40 Jahren jeden Morgen pünktlich um 5.30 Uhr der Wecker. Während sich andere um diese Uhrzeit noch einmal umdrehen, ging es für den Metzgermeister und seine Frau Sabine an die Arbeit. Damit ist nun Schluss. Am morgigen Samstag öffnet die Traditionsmetzgerei Fais in der Engelboldstraße zum letzten Mal ihre Tür für die Kundschaft. „Das ist ein schmerzlicher, zugleich aber auch ein notwendiger Schritt“, erklärt Edmund Fais.

Aus Altersgründen und wegen der fehlenden Nachfolge hat sich das Paar für die Schließung seines Geschäfts entschieden. Die beiden Töchter haben beruflich andere Wege eingeschlagen. Und die fehlenden personellen Ressourcen im Alltagsgeschäft der Metzgerei taten ihr Übriges: „An manchen Tagen haben wir zwölf bis 16 Stunden lang gearbeitet“, schildert Sabine Fais, die für den Verkauf der Fleisch- und Wurstwaren zuständig gewesen ist, während ihr Mann im Schlachthaus stand, ihre angespannte Situation. Seit mehr als drei Jahren arbeitete das Ehepaar alleine in dem Metzgereibetrieb. An Versuchen, gegenzusteuern und sich Unterstützung zu holen, habe es nicht gemangelt. Es habe sich jedoch in all der Zeit niemand gefunden, die als Aushilfe in dem Geschäft arbeiten wollte.

Viele innere Kämpfe

Durch die Dauerbelastung habe man Freundschaften, Hobbys und Freizeit auf ein Minimum reduzieren müssen. Hinzu kam der Druck, dass man auf keinen Fall erkranken darf, weil das Geschäft dann geschlossen werden müsste. „Das haben wir auch tatsächlich geschafft, aber wir wollen das Glück nicht weiter herausfordern“, sagt Sabine Fais. „Wir haben viele innere Kämpfe geführt, bis wir zu diesem Entschluss gekommen sind“, sagt Edmund Fais.

Mit der Schließung der Metzgerei endet somit eine Geschichte, die bis 1961 zurückreicht. Damals hatten Otto und Elisabeth Fais das Geschäft eröffnet. 1977 übernahm Edmund Fais den elterlichen Betrieb, nachdem er zuvor eine Lehre zum Fleischer absolviert und in diversen Stuttgarter Metzgereien gearbeitet hatte. Viele von ihnen gibt es heute nicht mehr, sagt er. Das liege auch daran, dass immer mehr Menschen Wurst und Fleisch im Supermarkt kaufen. Die Metzgerei Fais hat diese Entwicklung nicht zu spüren bekommen. Rund 200 Kunden zählte der Wurstfachhandel im Durchschnitt pro Woche. Die meisten davon Stammkunden, die die regionale Qualität der Fleisch- und Wurstspezialitäten aus eigener Produktion schätzen.

Eine weitere Versorgungslücke im Stadtteil

Zusätzlich zum gewöhnlichen Geschäft belieferte das Ehepaar Fais auch Familien- oder Vereinsfeste. Kinder aus dem Wohngebiet holten sich jeden Morgen ihr Wurstbrötchen für das Vesper in der Schule. „So leid es uns für die Kundschaft tut, wir müssen einen Schlussstrich ziehen“, erläutert der 68-jährige Metzger. Viele der Kunden seien zwar enttäuscht und traurig, zeigten aber auch großes Verständnis.

Mit der Schließung der einzigen Metzgerei in Kaltental entsteht allerdings auch eine weitere Versorgungslücke in dem Stadtteil, die insbesondere ältere Mitbürger zu spüren bekommen werden, die ihre Besorgungen zu Fuß erledigen. Neben Fleisch- und Wurstspezialitäten hatte die Metzgerei auch eine Käsetheke und einige Waren für den täglichen Gebrauch. Die Nahversorgung des Wohngebietes verschlechtert sich damit weiter. Kunden müssen nun auf den Feinkostladen Khalil ausweichen oder weitere Wege in Kauf nehmen. Zudem gibt es in Kaltental noch die Bäckerei Schrade und das Geschäft von Ingrid Strähle mit einem Sortiment an Obst, Gemüse und Blumen.

Das Ehepaar Fais freut sich erst einmal auf Ruhe und Erholung. Und vor allem auf die freien Wochenenden und auf die Zeit, die sie für sich nutzen können. Konkrete Pläne hegen sie nicht. „Wir müssen uns erst einmal an die Freizeit gewöhnen“, so Edmund Fais. Aus diesem Grund soll es auch nach der Schließung im zweiwöchigen Rhythmus Sonderverkäufe geben, bei dem nach Bestellung etwa die beliebten argentinische Chorizos, Maultaschen oder andere Spezialitäten erworben werden können. Auch die Belieferung des Fanny-Leicht-Gymnasiums und der Robert-Koch-Realschule in Vaihingen soll zunächst weiterhin laufen. Per Mail an info@metzgerei-fais.de können sich Kunden für den Newsletter mit den Sonderverkäufen anmelden.