Etwa ein Drittel der Motorräder an der B 39 bei Löwenstein sei mit 90 Dezibel oder lauter erfasst worden, hat die Messung des Landes ergeben. Foto: Symbolbild: dpa/Patrick Seeger

Das Land Baden-Württemberg hat an mehreren Orten Lärmdaten erfasst. Der Lärmschutzbeauftragte fordert: „Motorräder müssen leiser werden.“ Das wünschen sich auch Bürger in Stuttgart-Büsnau seit Jahren.

Büsnau - Um die Lautstärke vorbeifahrender Fahrzeuge zu erfassen, hat das Land Baden-Württemberg an mehreren Orten Leitpfostenmessgeräte aufstellen lassen. Auch Motorradlärm-Displays erfassen Lärm und Verkehrsdaten. Zwei solcher Displays stehen seit fast einem Jahr an der Magstadter Straße in Stuttgart-Büsnau. Deren Daten werden derzeit ausgewertet und sollen dann dem Bezirksbeirat Vaihingen vorgestellt werden. Einige der gesammelten Daten hat das Verkehrsministerium bereits analysiert. Demnach sind die meisten Motorräder lauter als Pkw. „Die meisten Motorräder sind so laut wie eine Motorsäge oder ein Presslufthammer – leider nicht nur einige wenige“, wird der Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung, Thomas Marwein, in einer Pressemitteilung zitiert.

Mit Leitpfostenmessgeräten werde neben den Verkehrszahlen auch der Fahrzeuglärm erfasst, wie dieser auf der Straße zu hören sei. Die Auswertungen zeigten, dass bei den besonders lauten Fahrzeugen Motorräder aus dem Gesamtverkehr hervorstechen. So sei an der Bundesstraße 39 bei Löwenstein (Landkreis Heilbronn) im betrachteten Zeitraum etwa jedes zweite Motorrad mit 87 Dezibel oder lauter unterwegs gewesen, jedes Dritte sogar lauter als 90 Dezibel. Bei den Pkw käme eins von acht beziehungsweise eins von 30 Fahrzeugen auf diese Lautstärke.

Ein Drittel der Motorräder war lauter als 90 Dezibel

Insgesamt seien an diesem Tag 1597 Pkw und 368 Motorräder erfasst worden. Davon seien 117 Motorräder – also etwa 30 Prozent – mit 90 Dezibel oder lauter unterwegs gewesen. Ein Drittel der Pkw und ein Sechstel der Motorräder sei in den Pegelbereichen bis 83 Dezibel unterwegs gewesen. Das Fahrgeräusch der Motorräder habe sich vor allem in den Pegelbereichen 84 bis 86 Dezibel abgespielt. Ein Unterschied von zehn Dezibel habe zur Folge, dass das menschliche Ohr die Lautstärke als doppelt so laut wahrnehme.

An anderen Straßenabschnitten mit unterschiedlichen Verkehrsverhältnissen ergäbe sich ein vergleichbares Bild. „Es ist eine Zumutung für Anwohnerinnen, Anwohner und auch für Erholungssuchende, wenn Motorräder mit ohrenbetäubenden 90 Dezibel und mehr vorbeifahren“, sagt Thomas Marwein. Er appelliert: „Aus Rücksicht auf die Mitmenschen sollten leise Motorräder gefahren werden, am besten elektrische.“

Gegen unzumutbaren Lärm vorgehen

Der Lärmschutzbeauftragte erinnert an die Forderung des Bundesrats von Mai 2020 an EU, Bund und Hersteller, gegen unzumutbaren Motorradlärm vorzugehen. „Motorräder müssen leiser werden, ganz gleich, in welcher Art sie gefahren werden.“ In diesem Punkt sei die EU gefragt, die Zulassungsvorschriften für Motorräder zu ändern – und natürlich die Hersteller, leisere Motorräder anzubieten.

Auch eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes vom September 2020 zeige, dass verschiedene fabrikneue Motorräder um 20 Dezibel und lauter waren, als bei dem Betriebszustand, der für die Typprüfung maßgeblich ist. Marwein fordert daher: „Solch ein Lärm ist absolut vermeidbar.“ Aus Respekt gegenüber den Anwohnern sollten solche Fahrzeuge gar nicht erst auf die Straße kommen.

Der Bund solle endlich handeln

Verkehrsminister Winfried Hermann kündigt an, das Thema im Bundesrat erneut zur Sprache zu bringen: „Das Problem Motorradlärm ist absolut ungelöst. Der Bund muss endlich handeln. Eine künftige Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass das real messbare Geräusch von Motorrädern zu einem entscheidenden Kriterium der Zulassung wird und die europäischen Zulassungsregeln entsprechend geändert werden. Wir werden mit dieser Forderung nicht nachlassen.“

Das würde auch die Anwohner in Büsnau freuen, die seit Jahren über den Motorradlärm klagen und auf wirksame Maßnahmen gegen den Krach drängen. Die Lärmdisplays an der Magstadter Straße sowie ein Tempolimit von 40 werten sie als Teilerfolg – bei manch einem Motorradfahrer zeigten sie Wirkung, aber es gebe auch Unbelehrbare, sagten sie im November unserer Zeitung.