Ein Bild aus besseren Tagen, geschossen zur Eröffnung der Motorrad-Power im Jahr 2008 Foto: /factum/ Holm Wolschendorf

Der Messechef Ralph Hohenstein wollte seine Lieblingsschau in Sindelfingen wiederbeleben. Doch weil viele Aussteller ihre Zusagen nicht einhalten, ist er gescheitert.

Sindelfingen - Einen Verlust hätte der Geschäftsführer klaglos hingenommen, um des Motorrads Willen, seiner Leidenschaft. Sechs Maschinen hat Ralph Hohenstein in seiner Garage stehen, alle vom Marktführer BMW. Sein Hobby war der Hauptantrieb des Sindelfinger Messe-Chefs, seit Jahren einmal wieder eine Motorradschau zu veranstalten. Geld zu verdienen „war eher zweitrangig“, sagt er. Aber der Idealismus hat auch nicht geholfen: Der Messe mangelt es an Ausstellern.

Im September hatte er öffentlich gemacht, dass die einst weit über die Stadt hinaus bekannte „Motorrad-Power“ nach Sindelfingen zurückkehre. Am 30. November wollte Hohenstein die Messe eröffnen, nun hat er sie abgesagt. „Ich bin sicher, dass die Besucher gekommen wären“, sagt er. „Das tut mir persönlich weh.“ Dies nicht nur, weil ihm auch ohne die Messe ein Verlust geblieben ist: Gut 10 000 Euro „sind für den Papierkorb“, sagt der Geschäftsführer – für Genehmigungen, Planung und nicht zuletzt für drei Paletten voller Werbeplakate, die bereits gedruckt waren.

Der Grundgedanke war ein Wiederbelebungs-Jubiläum

Der Grundgedanke war, 25 Jahre nach der Eröffnung der ersten Motorrad-Power ein Wiederbelebungs-Jubiläum zu feiern. Weil die PS-Zweiradbranche ihre Boom-Zeiten lange hinter sich hat, war dies ein Risiko, aber im Bekanntenkreis schlug Hohenstein Begeisterung entgegen. Bei potenziellen Ausstellern sammelte er mündliche Zusagen in Serie und begann, alles bis ins Detail vorzubereiten. Der ehemalige SWR-Moderator Günter Schneidewind hätte moderiert.

Hätte, hätte, Motorradkette. „Ich gehe so ein Risiko nicht ohne Vorgespräche ein“, sagt Hohenstein, aber „aus den Zusagen sind keine Unterschriften geworden“. Immer mehr Aussteller wurden wankelmütig und zögerten die Vertragsunterschrift hinaus. Als dann einer der großen Hersteller zurückzog, zog der Geschäftsführer seinerseits die Notbremse. Mindestens 80 Stände auf einer Fläche von 6000 Quadratmeter waren geplant. Rund 20 schriftliche Zusagen hatte Hohenstein Ende der vergangenen Woche. Eine Schmalspurveranstaltung „hätte ich den Besuchern nicht zumuten wollen“, sagt er.

Die vorherrschende Haarfarbe unter den Helmen ist grau

Mit Blick auf die Geschichte der Motorrad-Power und den Zustand der gesamten Branche scheint die Entwicklung geradezu folgerichtig. Die Zulassungszahlen hatten sich in der jüngeren Vergangenheit zwar erholt, aber die vorherrschende Haarfarbe unter den Helmen ist grau – sofern darunter noch Haare sprießen. Der durchschnittliche Motorradfahrer ist gemäß den Erhebungen des Kraftfahrt-Bundesamts Mitte 50 – wie Hohenstein.

Knapp zehn Prozent aller Piloten haben schon den 60. Geburtstag hinter sich. Bemerkenswerterweise duckt sich auch im fortgeschrittenen Alter ein erklecklicher Teil der Fahrer auf Supersport-Maschinen, die im Grunde für die Rennstrecke entwickelt wurden. Der Nachwuchs spielt dagegen eine untergeordnete Rolle. Nach unten fasst das Amt alle Personen unter 30 Jahren zu einer Altersklasse zusammen. Diejenige über 50 Jahren ist mehr als dreimal so groß. Abzurechnen wäre noch eine bei der Jugend erwachte Leidenschaft für Motorroller, die nicht gesondert erfasst wird.

Die Neigung für einen zweiten Anlauf ist gering

Die Sparte der Motorradmessen „hat das Tal der Tränen teilweise durchschritten“, sagt Hohenstein, allerdings nicht in der Region Stuttgart. Nach dem Abschied aus Sindelfingen gab eine Motorrad-Schau ein Gastspiel in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle, das sich nicht rechnete. Seither ist Friedrichshafen der einzige Messestandort im Land, der noch überregional Aufsehen erregt. Ob sich das in absehbarer Zukunft wieder ändert, lässt Hohenstein offen. Seine Neigung für einen zweiten Anlauf „hält sich in engen Grenzen“, sagt er. Wenn der Ärger verraucht sei, komme womöglich ein neuer Versuch für das Jahr 2021 in Frage. Zumindest die mündlichen Zusagen der potenziellen Aussteller scheinen ihm heute schon sicher. Nach der Absage „ist das Gejammer bei denen jetzt auch groß“, sagt er.