Künftig sollen noch mehr Menschen auf Corona getestet werden. Foto: AP/Santi Palacios

Die Landkreise halten eine flächendeckende Überprüfung des Infektionsgeschehens nach einheitlichen Kriterien für nötig. Das Land hat das vereinbarte Monitoring aber noch nicht umgesetzt. Fehlt es an Testkapazität?

Stuttgart - Baden-Württemberg sollte nach Ansicht des Landkreistags, dem Dachverband aller Landkreise im Südwesten, einen besseren Überblick über die Verbreitung des Coronavirus erhalten. „Wir brauchen eine landesweite Überprüfung des Infektionsgeschehens nach einheitlichen Kriterien“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Kommunalen Spitzenverbands, Alexis von Komorowski, unserer Zeitung. Ein solchen Monitoring, das vom Landesgesundheitsamt koordiniert werden soll, gebe es derzeit nicht. Es sei aber notwendig, um das Vertrauen in weitere Lockerungsmaßnahmen zu stärken.

Als Instrument kämen dafür zum Beispiel repräsentative Stichproben in Frage, schlägt von Komorowski vor. Es ließen sich aber auch Daten der Vorsorgeuntersuchungen in Kliniken epidemiologisch nutzen: „Mit uns kann man über beides sprechen.“ Wichtig sei, dass das Land seine Testkapazitäten in vollem Umfang nutze, so der Vertreter der 35 Landkreise in Baden-Württemberg. Die zu testenden Personen müssten nach örtlichen Rahmenbedingungen und nach der Wahrscheinlichkeit eines möglichen Infektionsgeschehens ausgewählt werden.

Vor allem Pflegeheime testen

Ein landeseinheitliches Testprogramm haben Land und Kommunen zwar schon Mitte Mai verabredet, als sie einen Leitfaden für den Fall beschlossen, dass Corona-Infektionen regional stark aufflammen. Bisher hat das Land dies aber nicht umgesetzt. An derTestkapazität kann es nach Meinung des Landkreistags nicht liegen: „Es gibt nach unserer Information hinreichend Testkapazitäten“, sagt von Komorowski.

Laut Sozialministerium steht derzeit im Südwesten rund 120 000 Coronatests pro Woche zur Verfügung. Dies sei bei Bedarf noch ausbaufähig. Noch vor wenigen Wochen waren die Möglichkeiten aber nicht vollständig ausgeschöpft, wie es in der Teststrategie des Landes vom 23. April heißt. Mittlerweile hat aber die Zahl der Proben deutlich zugenommen – vor allem, seit das Land Ende April den Gesundheitsämtern zugesagt hat, für die Kosten von flächendeckenden Tests von Bewohnern und Personal von Alten- und Pflegeheimen sowie Einrichtungen der Behindertenhilfe aufzukommen. Laut Behörde wurden dort in den vergangenen Wochen etwa 20 000 Proben genommen.

Auch eine Frage des Geldes

Aber auch Krankenhäuser testen ihr Personal – wen genau, legten die Kliniken eigenständig fest, heißt es. „Dies ermöglicht den Kliniken, bedarfsgerecht und flexibel zu entscheiden, wo die Testressourcen zielgerichtet eingesetzt werden“, erklärt eine Sprecherin des Sozialministeriums. Zusätzliche Testkapazität wird das Land für Erzieherinnen, Lehrer und Schüler benötigen, wenn es bis Ende Juni die Kitas und Grundschulen vollständig öffnet. Eine Anpassung der Teststrategie an die aktuelle epidemiologische Lage sei mit Blick auf weitere Lockerungen in Vorbereitung, heißt es. Ein flächendeckendes Monitoring werde vom Land deswegen womöglich als überflüssig angesehen, mutmaßen die Kommunen. Nicht zuletzt ist es eine Kostenfrage. Denn Bund und Kassen ringen noch immer darum, wer die Tests für Menschen ohne Corona-Symptome letztlich bezahlt.

Dennoch ist man beim Landkreistag überzeugt, dass ein landeseinheitliches Monitoring mit vergleichbaren Daten sämtlicher Regionen hilfreich ist. „Ein Landkreis, der gerade seine stationären Pflegeeinrichtungen getestet hat, liefert ja ganz andere Zahlen als ein Kreis, der dies nicht tut“, sagt von Komorowski.

Die Messlatte hängt hoch: Mehr als 160 000 Tests pro Woche hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann bereits Ende April angekündigt. Sein Motto damals lautete: „Testen, testen, testen.“