Stau, so weit das Auge reicht: Ist das die Perspektive für die kommenden fünf Monate? Foto: factum/

Seit Montag wird die Schwieberdinger Straße aufgerissen, fünf Monate lang wird an der zentralen Verkehrsachse im Ludwigsburger Süden gebaut. Der Auftakt lässt Schlimmstes befürchten. Die Stadt versinkt im Stau.

Ludwigsburg - Staus überall. Alle Autobahnzubringer dicht. Verspätete Busse. Hunderte Pendler, die verspätet zur Arbeit erscheinen. Abiturienten, die zu spät zur Abiprüfung auftauchen. Ludwigsburg ist erfahren im Umgang mit schwierigen Verkehrsverhältnissen, doch was seit Wochenbeginn auf den Straßen passiert, gab es lange nicht. Seit Montagfrüh wird die Schwieberdinger Straße aufgegraben, von ehemals vier Spuren stadtein- und stadtauswärts sind jetzt nur noch zwei übrig – und die Auswirkungen sind nicht nur im Umfeld drastisch, sondern im gesamten Stadtgebiet spürbar. „Verkehrsverzögerungen werden wir nicht vermeiden können“, hatte der Stadtwerke-Chef Bodo Skaletz angekündigt, und er hat leider Recht behalten.

Wobei die Leidtragenden drastischere Worte verwenden, eher solche wie „Kollaps“ oder „Chaos“. Bis Oktober, fünf Monate lang, wird jetzt an der Schwieberdinger Straße gebaut, für viele eine Horrorvorstellung. Auf der Facebook-Seite unserer Zeitung äußerten am Montag zahlreiche Leser ihren Unmut, am Telefon meldeten sich verzweifelte Autofahrer. Sie habe 50 Minuten von der Autobahnausfahrt bis in die Innenstadt gebraucht, berichtete eine Pendlerin. Eine Vater schrieb, sein Sohn habe den Beginn der Abiturprüfung verpasst, weil der Schulbus mehr als eine halbe Stunde zu spät gekommen sei. Über „Stau von allen Seiten“ klagte ein anderer Mann. Die Liste mit Beschwerden ist lang.

Stau im Norden, Stau im Süden, Stau bis auf die Autobahn

Die Schwieberdinger Straße ist die zentrale Querachse durch den Ludwigsburger Süden und ein Zubringer auf die A 81. Wegen der neuen Baustelle im Süden sind offensichtlich bereits am Montag viele Pendler auf die Autobahnausfahrt im Norden ausgewichen. Mit der Folge, dass auch der nördliche Zubringer, die Frankfurter Straße, überlastet war. Zeitweise standen die Autos bis auf die Autobahn.

Wie immer in solchen Situationen wird nun ein Schuldiger gesucht, und viele meinen, diesen in den Stadtwerken (SWLB) zu finden. Die SWLB sind verantwortlich für die Baustelle, sie investieren dort 1,1 Millionen Euro in den Austausch von Gas-, Wasser- und Fernwärmeleitungen. Die Stadt steuert zusätzlich eine Million Euro für den neuen Fahrbahnbelag hinzu. Bereits 2017 hatten Bauarbeiten in der Schwieberdinger Straße zu erheblichen Verkehrsbehinderungen geführt, weshalb jetzt manche kritisieren, die SWLB hätten daraus nichts gelernt. „Warum wird bei solch elementar wichtigen Verkehrsadern an Baustellen nicht 24 Stunden Tag und Nacht gearbeitet?“, fragte ein Facebook-Nutzer. „Warum macht man das nicht in der Ferienzeit?“, fügte ein anderer hinzu.

Die Stadtwerke hoffen, dass „es sich einspielt“ – nur wie?

Die Fragen sind zwar berechtigt, aber die Antworten der Stadtwerke darauf sind schlüssig. Ein 24-Stunden-Betrieb sei wegen des Lärms, den die Baustelle produziere, nicht denkbar, sagt der Technische Leiter Peter Danylak. Hinzu komme, dass es wegen der boomenden Konjunktur kaum möglich sei, Baufirmen für einen Mehrschicht-Betrieb zu gewinnen. Die Verantwortung für den Starttermin schiebt Danylak weiter an die Kommunalpolitik. Die SWLB, sagt er, hätten gerne in den Osterferien begonnen, aber dafür seien die erforderlichen Genehmigungen nicht rechtzeitig erteilt worden. Er hofft nun, dass die Situation besser wird, sobald sich alle auf die Großbaustelle eingestellt haben, verstärkt alternative Routen nutzen oder auf Bus und Bahn umsteigen. „2017 hatte es sich nach einer gewissen Zeit eingespielt“, sagt er.

Wenn jedoch beide Autobahnzubringer überlastet sind, bleibt keine Alternative, und der Umstieg auf den ÖPNV ist angesichts chronisch unzuverlässiger S-Bahnen in der Region für viele ebenfalls keine Lösung. Montagnachmittag jedenfalls sah es in Ludwigsburg wieder genauso aus wie morgens. „Die Autos stehen von der mhp-Arena bis zu Mann+Hummel“, klagte eine Autofahrerin gegen 16.30 Uhr. Also auf einer Strecke von 1,3 Kilometern.

Unstrittig ist indes, dass die Bauarbeiten notwendig sind. Die Leitungen im Boden sind 60 Jahre alt und in schlechtem Zustand, zuletzt hatten die SWLB mehrfach mit Gaslecks zu kämpfen. Um das Problem dauerhaft zu lösen, wurden 2017 Leitungen ausgetauscht. Auch jetzt werden Leitungen ausgetauscht – und voraussichtlich werden 2020 die nächsten Leitungen ausgewechselt. Dann kommt vermutlich die ebenfalls stark befahrene Friedrichstraße an die Reihe.