Ein Junge im Schlafanzug steht nachts mit einem Kissen in der Hand auf einer Straße. Während andere tief und fest schlafen, laufen sie oft zur Hochform auf, wenn auch unfreiwillig: Schlafwandler. Foto: dpa

Das kann ich doch im Schlaf – bei manchen Zeitgenossen trifft das tatsächlich zu. Egal ob putzen, kochen oder gar Autofahren: Was die Betroffenen nachts so treiben, ist erstaunlich. Und mitunter ziemlich gefährlich, auch für andere.

München - Kinder im Alter von zehn Jahren sind am anfälligsten für das Schlafwandeln. In diesem Alter seien 13,4 Prozent der Kinder auf diese Weise aktiv, sagt der Schlafmediziner Alfred Wiater von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM).

Meistens trete das Schlafwandeln etwa eine bis eineinhalb Stunden nach dem Einschlafen auf, wenn der erste Tiefschlaf in die erste Traumphase übergeht. Tiefschlaf und Wachsein vermischten sich – „ohne dass die Betroffenen komplett wach werden“, erklärt Wiater.

Kinder hören damit meist irgendwann auf. Nur noch vier Prozent der Erwachsenen sind laut DGSM Schlafwandler. Wer Betroffene zuhause hat, sollte vor allem die Umgebung absichern, damit sie sich nicht verletzen. Das Schmerzempfinden sei herabgesetzt, erklärte Wiater.

Er rät auch, Schlafwandler nicht aufzuwecken. Sein Tipp: Beruhigend auf den Menschen einwirken und zurück ins Bett geleiten. Am nächsten Morgen ist der nächtliche Ausflug ohnehin meist vergessen.

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Vier Prozent aller Erwachsenen wandeln nachts im Schlaf

Während andere tief und fest schlafen, laufen sie oft zur Hochform auf, wenn auch unfreiwillig: Schlafwandler. Sie gehen spazieren, fahren Auto, essen, putzen, kochen und manche werden sogar gewalttätig – ohne sich dessen bewusst zu sein. Rund vier Prozent aller Erwachsenen sind nach Schätzung von Wissenschaftlern auf diese Weise aktiv.

Eine gefährliches Phänomen. „Die sprichwörtliche schlafwandlerische Sicherheit gibt es nicht“, warnt Wiater von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) mit Sitz im hessischen Schwalmstadt-Treysa. Kein Wunder, dass so mancher im Tiefschlaf in die Schlagzeilen gerät.

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Übergang vom ersten Tiefschlaf in erste Traumschlafphase

Die typische Zeit fürs Schlafwandeln ist nach Meinung von Experten der Übergang vom ersten Tiefschlaf in die erste Traumschlafphase, also etwa ein bis eineinhalb Stunden nach dem Einschlafen. Im Gehirn mischten sich Komponenten des Wachseins zum Tiefschlaf, ohne dass der Betroffene komplett wach werde, heißt es bei der DGSM. Stress und Schlafstörungen könnten Ursachen sein, mitunter sei die Neigung auch vererbt. «Interessant ist, dass diese Person wesentlich tiefer schläft als sie sonst im Tiefschlaf schlafen würde», erklärt der Psychologe Mitja Seibold. Deswegen sei es auch besonders schwer, eine schlafwandelnde Person aufzuwecken.

Vorübergehendes Entwicklungsphänomen bei Kindern

„Bei Kindern und Jugendlichen gilt Schlafwandeln in der Regel als vorübergehendes Entwicklungsphänomen“, beruhigt der Schlafmediziner Wiater. „Sorgen bereiten sollte die Tatsache, dass während des Schlafwandelns die Schmerzempfindlichkeit herabgesetzt ist und es zu Selbstverletzungen kommen kann.“

Sein Tipp: Alles absichern, „gerade auch in fremder Umgebung“. Und Schlafwandler nicht aufwecken, auch weil manche aggressiv reagieren. Stattdessen solle man beruhigend auf den Betroffenen einwirken und ihn wieder ins Bett geleiten. Psychologische Hilfe sei nur in sehr ausgeprägten Fällen zu erwägen.

Kein Zusammenhang zwischen Vollmond und Schlafwandeln

Schon seit Jahrhunderten glaubt man, dass Schlafwandler mondsüchtig sind. Vom Vollmond magisch angezogen, setzen sie sich in Bewegung. Experten nehmen an, dass hinter dem Schlafwandeln eine Fehlsteuerung im Nervensystem steckt. Dem Schlafwandeln könnte ein gestörter Aufwachmechanismus zugrunde liegen.

Der lunare Wunderglaube ist von Wissenschaftlern längst widerlegt worden. So hat das nordamerikanische Forschertrio Ivan Kelly, James Rotton und Roger Cluver mehr als 100 Studien zu Mondphänomen untersucht. Ihr Fazit: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Schlaflosigkeit und Neumond. Die Mondphasen hätten keinerlei Einfluss auf die Gesundheit des Menschen.

Auch Josef Fried vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg ist überzeugt: Weder die Gravitation noch das Licht des Mondes haben einen nachweisbaren Einfluss auf den Menschen.