Siemens verhandelt hinter den Kulissen mit Bombardier über eine Fusion der Zugsparten. Im Bild: eine Montagehalle des Konzerns in Krefeld Foto: dpa

Die Zukunft der Geschäfte mit Medizin- und Bahntechnik steht vor wegweisenden Entscheidungen. In der Frage einer möglichen Zug-Allianz mit Bombardier werden die Signale des Konzerns an Politik und Kartellwächter deutlicher.

München - Angetrieben von einem überraschend guten Quartal wälzt das Siemens-Management um Konzernchef Joe Kaeser schwerwiegende Umbaupläne. Dabei geht es vor allem um das vor einer Börsennotierung stehende Medizintechnikgeschäft und die Zugsparte, die zusammen für ein Viertel aller Konzernumsätze stehen.

Bei Zügen verhandelt Siemens hinter den Kulissen mit dem angeschlagenen kanadischen Konkurrenten Bombardier über eine Fusion. „Eine Konsolidierung des Marktes wird seit Langem erwartet und sollte kartellrechtlich mit einer globalen Sicht betrachtet werden“, sagte Siemens-Finanzchef Ralf Thomas zu diesem heißen Eisen. Er spielt damit auf die Fusion zweier Wettbewerber in China zum weltweit mit Abstand größten Bahntechnik-Konzern CRRC an. Ein Weltkartellamt gibt es aber nicht und in Europa dominieren die Bahntechnik derzeit mit Siemens, Bombardier und Alstom nur drei Konzerne.

Siemens appelliert an die Politik

Kartellrechtlich galt eine Fusion innerhalb dieses Trios deshalb bisher als unmöglich. Sein Appell richte sich nicht an das Bundeskartellamt, dem er keine Vorschriften machen wolle, betonte Thomas. Es dürfte aber als eine Aufforderung an die Politik zu verstehen sein, per Sondererlaubnis einem Zusammenschluss von Siemens und Bombardier den Weg zu ebnen. Konkret wollte sich Thomas nicht zu einer solchen Fusion äußern und bezeichnete sie als Spekulation. Innerhalb des Siemens-Aufsichtsrats wird sie aber heftig diskutiert.

Bei der Medizintechnik gebe es die drei Varianten Börsengang, Abspaltung nach Vorbild der Ex-Tochter Osram oder Fusion mit einem börsennotierten Wettbewerber. Letzteres hat Siemens im Windkraftgeschäft mit dem spanischen Rivalen Gamesa vorexerziert. Am fusionierten Gebilde halten die Münchner 59 Prozent.

Trotz dieser gravierenden Einschnitte, die sich im Siemens-Portfolio abzeichnen, erteilte Thomas Gedankenspielen zu einer grundsätzlichen Neuaufstellung von Siemens als reine Holding eine Absage. Sein Chef Kaeser hatte die Spekulationen dagegen zuletzt mit der Bemerkung angeheizt, Investoren würden es bevorzugen, gezielt in einzelne Siemens-Geschäfte investieren zu können. Sogar ein Börsengang der derzeit alles überstrahlenden Siemens-Division Digitale Fabrik war daraufhin ins Gespräch gekommen. In Kreisen von Belegschaft und IG Metall verursacht das Verunsicherung. Es gäbe Siemens-Geschäfte, die sich um einen technologischen Kern ranken und gegenseitig befruchten, und andere, die eher locker angebunden mit größeren Freiheitsgraden besser aufgehoben seien, meinte Thomas zu dieser weitreichenden Strategiefrage ausweichend.

Acht von neun Bereichen erfüllen Ziele

Operativ kommt der Konzern auch in seiner jetzigen Aufstellung ausgezeichnet voran. Acht von neun Divisionen erfüllen nach der Hälfte des Anfang Oktober endenden Geschäftsjahres 2016/17 mittlerweile ihre Margenziele oder liegen sogar darüber. Auch das Sorgenkind Automatisierung und Antriebe zeigt erste Anzeichen von Besserung. Bis dieses Geschäft auf Linie gebracht ist, werde es aber mindestens noch ein Jahr dauern, stellte Thomas klar.

Getragen werden Umsatz- und Ergebniswachstum bei Siemens derzeit vor allem von der Medizintechnik und der Digitalen Fabrik. Mit Letzterer wollen die Münchner die Digitalisierung der Wirtschaft unter dem Schlagwort Industrie 4.0 in globalem Maßstab vorantreiben. Derzeit sitzen die Münchner auf einem Rekordauftragspolster von 117 Milliarden Euro.