Szenenfoto aus „Blaumacher“ Foto: ZDF/Volker Roloff

Ein kleiner Schatz in der ZDF-Mediathek: Die Serie „Blaumacher“ mischt Humor und Menschenkenntnis. Ein Mann in der Midlife-Crisis lernt hier seine 19-jährige Nachbarin besser kennen.

Stuttgart - Wäre Frank Sporbert der Typ für Datingportale, könnte er „erfolgreicher Unternehmer“ in seine Selbstbeschreibung aufnehmen. Rein ökonomisch träfe das zu. Ziemlich früh in der böse komischen Serie „Blaumacher“ wird aber heftig in Frage gestellt, ob Frank viel zu unternehmen hat. Zu einer wichtigen Verhandlung kommt er Stunden zu spät. Seine Firma hat aber nicht nur auch ohne ihn einen neuen Großkunden an Land gezogen. Kein Mensch hat gemerkt, dass er nicht mit am Verhandlungstisch saß. Seine Angestellten gratulieren ihrem Chef ohne Hohn und Spott zu dem schönen Abschluss, den er da wieder zuwege gebracht hat.

Mit der Schrotflinte

Der von Marc Ben Puch wunderbar zwischen Weinerlichkeit, Trotz und Sehnsucht aufgespannte Frank Sporbert ist eine Sonderform des unsichtbaren Mannes. Das hat uns die Kamera schon vorher in einer häuslichen Szene schön vor Augen geführt. Frank bringt seiner Frau einen Kaffee, die nimmt ihn im Flur entgegen, als schwebe die Tasse eigentlich selbstständig in der Luft. Und auf Franks Haut und Kleidung sehen wir in diesem Moment dasselbe Muster wie auf der Tapete hinter ihm.

Dass der Mann weiß, was mit ihm los ist, wissen wir schon. Denn er hat sich selbst so vorgestellt: „Ich bin Mitte vierzig, Halbzeit. Alles, was ich jemals wollte, ist das Leben, das ich jetzt habe. Und jetzt, wo es da ist ….?“ Er lässt es auch nicht bei traurigen Worten. Er setzt sich, als Frau und Kinder weg sind, in den Keller des Hauses, nimmt die Schrotflinte, drückt ab – und verpatzt den Suizid in letzter Millisekunde. So gewinnt er aber nicht nur hässliche Löcher in Decken, Fußböden und Hausdach, sondern auch die Aufmerksamkeit seiner 19-jährigen Nachbarin Sascha (Laura Berlin). Die kommt, vom Lärm des Schusses neugierig gemacht, vorbei, und Franks Leben nimmt eine Wendung. Aber auch wenn Sascha sich cool gibt, auch sie hat ihre Probleme.

Kräche und Missverständnisse

„Blaumacher“ von Drehbuchautor Bernd Lange und dem Regieteam Pia Strietmann und Maurice Hübner erzählt sechs Folgen lang nicht die übliche Midlife-Crisis-Affäre. Was hier mal beißend ehrlich, mal bittersüß verklärend, mal ruppig klamaukig entfaltet wird, ist die alte Utopie, zwei Menschen, die beide nicht mehr stehen können, seien fähig, einander Halt zu geben. Was auch gezeigt wird, sind die Kräche und Missverständnisse, die erst da richtig herb werden, wo Zuneigung verletzlich macht.

Erstmals gelaufen ist „Blaumacher“ schon 2017 bei ZDF Neo – trotz Humor und Menschenkenntnis ohne viel Publikumsresonanz. Wenn über gute deutsche Serien geredet wird – „Stromberg“, „Der Tatortreiniger“, „Der kleine Mann“ – wird sie nie erwähnt. Sie dürfte für viele also eine Neuentdeckung sein, ein Musterbeispiel für das, was sich jetzt in den Mediatheken an Schätzen heben lässt.

ZDF Mediathek, 6 Folgen à 30 Minuten