Max Verstappen rast über die Ziellinie und beendet die Formel-1-Saison 2020, von der viele Skeptiker geglaubt hätten, dass sie niemals stattfinden würde. Foto: AFP/BRYN LENNON

Die Formel-1-Saison klingt mit dem Sieg des Niederländers aus. Der Red-Bull-Pilot ist aber nicht der Einzige, der in Abu Dhabi jubelt. Dagegen hat Valtteri Bottas trotz Platz zwei Grund zum Grübeln. Wir ziehen die Saisonbilanz.

Abu Dhabi - Die Saison ist zu Ende, der Große Preis von Abu Dhabi war zwar nicht spektakulär, zumindest gab es erneut Abwechslung auf dem obersten Podest. Max Verstappen feierte im Red Bull den zweiten Saisonerfolg nach Silverstone II vor dem Mercedes-Duo Valtteri Bottas und Lewis Hamilton. „Hat Spaß gemacht“, sagte der Niederländer, „ich hatte einen guten Start, dann musste ich auf die Reifen achten und konnte das Rennen kontrollieren.“ Wir ziehen eine Plus-Minus-Bilanz des Formel-1-Jahres.

Die Gewinner

Lewis Hamilton Der Brite wurde beim Finale nur Dritter, aber das schmerzte nicht. „Wenn ich auf die letzten Wochen zurückschaue, bin ich sehr zufrieden“, sagte er. Siebter Titel, auf Augenhöhe mit Rekordhalter Michael Schumacher, Rekord der Grand-Prix-Siege mit 95 Erfolgen eingesackt – Hamiltons optimale Saison konnte auch seine Corona-Infektion und das versäumte Rennen von Bahrain nicht verderben. Nur eines schaffte er nicht: den 13-Siege-Rekord in einer Saison einzustellen. Aber es muss ja weiter Ziele für den bald 36-Jährigen geben – schließlich besagt ein großes Tattoo auf seinem Rücken: „Still I rise“(Ich wachse noch immer). McLaren In der Garage feierte die Truppe um Teamchef Andreas Seidl ausgelassen, McLaren hatte Racing Point im Kampf um Platz drei der Konstrukteurs-WM um sieben Zähler abgefangen. „Ich hoffe, wir können das umdrehen“, sagte der Passauer vor dem Rennen, „die Platzierung ist ja mit einer entsprechenden Ausschüttung verbunden.“ Nach Hochrechnungen erhält McLaren für Rang drei etwa 40 Millionen Euro aus dem Einnahmentopf, Racing Point dürfte acht Millionen weniger erhalten. Unter der Regie von Seidl, der 2019 zum Rennstall gestoßen war, wurde aus dem Hinterbänkler ziemlich zügig die erste Adresse hinter den Topteams. Formel 1 Als im März der Auftakt in Melbourne abgesagt wurde, hätten nur Optimisten mit prallen Festgeldkonten gewettet, dass eine Saison zustande kommt. Es wurden keine 22 Großen Preise wie geplant, aber immerhin 17. Strikte Hygienevorgaben konnten einzelne Corona-Fälle nicht verhindern, sorgten aber für einen fast reibungslosen Ablauf. Die Bosse von Liberty Media erließen Startgebühren und kehrten auf lange verwaiste Strecken wie Nürburgring, Imola und Istanbul zurück, oder sie beschritten in Mugello und Portimão unbekanntes Terrain.

Romain Grosjean Der Feuerunfall von Bahrain, den der Franzose auf wundersame Weise fast unversehrt überlebt hat, macht ihn zum Gewinner. Der Crash war sein Au revoir, er setzte die zwei letzten Rennen aus. Zum Abschied erhielt er von Haas-Teamchef Günther Steiner ein original Lenkrad. „Ich wollte ein Geschenk machen, das nicht billig ist“, sagt der Südtiroler. „Die Fahrer bekommen so viele Präsente, die sie erst in die Garage räumen und später wegschmeißen.“

Die Verlierer

Sebastian Vettel & Ferrari Der Abschied des Heppenheimers von der Scuderia war mit Rang 14 ein trister. „Das Rennen spricht nicht wirklich für die Zeit, die wir gemeinsam hatten“, sagte er. Schuldig an der nach sechs Jahren gescheiterten Ehe sind alle Partner, die mit ihren Fehlern dazu beigetragen haben, dass Mercedes (und nicht nur der Branchenführer) deutlich enteilt ist. Nun müssen Charles Leclerc und Neuzugang Carlos Sainz mit Teamchef Mattia Binotto die Karre aus dem Morast ziehen. Das dürfte eine schwierige Aktion werden, weil der Budgetdeckel Ausgaben künftig auf maximal 140 Millionen Euro limitiert – und Ferrari nicht wie bisher rund 400 Millionen Euro pro Saison ausgeben kann. Sergio Perez Erst fiel der Mexikaner wegen Corona ein Rennen aus, dann verlor er den Arbeitsplatz, da Sebastian Vettel kommt – trotz seines Sieges in Bahrain. Was belegt, dass Geld der beste Schmierstoff in der Formel 1 ist. Aston Martin (bisher Racing Point) wollte den Ex-Weltmeister und konnte es sich nicht leisten, Lance Stroll auszubooten, den Sohn von Team-Teilhaber Lawrence Stroll. Zu allem Ärger streikte bei Perez’ Abschiedstour der Motor, so dass der 30-Jährige nach wenigen Runden Feierabend hatte.

Valtteri Bottas Nur zu Saisonbeginn konnte der Finne dem Teamkollegen Hamilton Paroli bieten, dann war er chancenlos – die Vizeweltmeisterschaft 2020 ist ein Muster mit begrenztem Wert. In Bahrain hatte Hamiltons Ersatzmann George Russell Bottas mit einem Überholmanöver düpiert und Ansprüche aufs Silberpfeil-Cockpit angemeldet. Bottas, mit 31 noch kein altes Eisen, ist aber wohl ein Auslaufmodell bei Mercedes.