Max Mutzke Foto: dpa

Der Schwarzwälder Soul-Man Max Mutzke und die SWR Big Band haben in der Stuttgarter Liederhalle gespielt – in fast zu großem Rahmen.

Stuttgart - Karrieren von Castingshow-Teilnehmern sehen öfter mal so aus: Einer tränenreich inszenierten Schöpfungsgeschichte in Formaten wie „The Voice of Germany“ oder „DSDS“ folgen erst diverse Auftritte in televisionären Leichtgewichtsshows, anschließend Aufenthalte in geschlossenen Anstalten wie dem „Big Brother“-Container oder dem „Dschungelcamp“, ehe das Ganze bei Autogrammstunden und Dreißig-Minuten-Quickies in Möbelmärkten oder Gartencentern am Rande der Stadt versandet.

Auch Max Mutzke hat seine Castingshow-Vergangenheit: 2004 gewann er einen von Stefan Raab veranstalteten Talentschuppen für den Sender Pro 7. Instinktsicher und souverän entging der Musiker aus Waldshut-Tiengen seither aber einem Dasein als Bühnenpersönlichkeit mit beschränktem Haltbarkeitsdatum und erntet nun den Lohn dafür, in den richtigen Momenten „Nein“ gesagt zu haben zu allerlei halbseidenen Engagements als Entertainment-Marionette. Vor fast ausverkauftem Haus steht er am Donnerstagabend auf der Bühne des Beethoven-Saals und konzertiert nicht als Playback-Sternchen, sondern als seriöser Musiker zwischen Soul, Jazz, Pop und Funk.

Den Sound für den Soul-Man aus dem Schwarzwald liefert die an diesem Abend satte dreizehn Bläser und insgesamt rund zwanzig Köpfe starke Big Band des SWR – gute Voraussetzungen eigentlich für einen schwungvollen Auftritt. Doch obwohl die SWR’ler ihr Blech mit genregerechten Kompositionen wie „Sweet Emma“ von Clark Terry oder Roy Hargroves „Strasbourg St. Denis“ schon früh auf Betriebstemperatur bringen, Mutzke mit viel Gefühl zwischen den Tonlagen changiert und die knapp zweitausend Besucher von Beginn an nicht mit Zuneigung und Applaus sparen: Es dauert gehörig, ehe dieses Konzert richtig und letztlich nur moderat auf Touren kommt. Als nur bedingt Big-Band-tauglich entpuppen sich Mutzkes Eigenkompositionen wie „Nacht“ oder „Welt hinter Glas“, als zu groß dimensioniert erweist sich der gewählte Rahmen. Eine kleinere Besetzung hätte man diesem zweistündigen Programm gewünscht, eine intimere Konstellation – als Septett im Jazzclub Bix beispielsweise. Oder aber einen richtigen musikalischen Eisbrecher, einen Gassenhauer wie „Street Life“ von den Crusaders, bei dem Band und Sänger gleichermaßen im „Fast-forward-Modus“ agieren könnten.

So bleibt es bei einem Konzert, dessen Repertoire zu wenig Momente für ganz große Emotionen bietet und bei dem die Distanz zwischen den Genres letztlich zu groß bleibt. Zumal auch die häufigen Wechsel zwischen Gesangsstilen und -techniken zwar für Vielseitigkeit, nicht aber für Stringenz sorgen: Mal wird – Al Jarreau lässt grüßen – jazzig gescattet, dann wieder gerappt, und gerne steigt Mutzke im Stil der Soullegenden der Siebzigerjahre ins Falsett hinauf. Die Big Band steuert dazu satte Bläserstöße, ordentlich Percussionpower und virtuose Soli bei. Alles bestens also, aber alles auch ohne jenes Quäntchen Verve und Improvisationsfeuer, das ein professionelles Set zum wirklichen Ereignis gemacht hätte. Über Sanftes wie die Phillysoul-Ballade „Me & Mrs. Jones“ geht es so bis zur Zugabe mit dem ersten, deutlich schneller als in der Originalversion getakteten Mutzke-Hit „Can’t wait until tonight“ – die einzige echte Überraschung eines letztlich etwas zu wohlorganisierten Konzerts.