Den anonymen Künstler, der unter dem Namen Peter Freiheit als Street Artist für diese baumlangen Kerls bekannt ist, schätzt Joachim Schönmoser besonders. Foto: Take-Entertainment

Weil der Chef eines Medienbüros in Albershausen auf geschichtsträchtige Accessoires steht, schmückt neuerdings Mauerkunst den Firmenhof.

Albershausen - Joachim Schönmoser hat ein Faible für Dinge mit Patina. Die Größe spielt dabei keine Rolle. In den Büroräumen seiner Firma finden sich unter anderem ein alter Flügel, eine ausrangierte Destille und Hunderte Meissner Kaffee-, Tee- und Milchkännchen. Aufsehenerregend sind allerdings die Sammlerstücke, die er auf dem Vorplatz des ehemaligen Supermarktes aufgestellt hat, den er zu Büroräumen umgebaut hat. Knapp 20 Originalteile der Berliner Mauer.

Die Teile sind bis zu 4,6 Tonnen schwer

Die 3,60 Meter hohen, 1,20 Meter breiten und bis zu 4,6 Tonnen schweren Einzelteile stammen aus einem Projekt des Künstlers Patrice Lux und waren bereits bei einer Ausstellung für Mauerkunst in Berlin zu sehen. Lux hatte die Mauerteile auf dem Hof eines Abrissunternehmens entdeckt. Verschiedene Künstler haben sie dann für das Kunstprojekt gestaltet. Zwar finden sich Teile der Mauer, die vordem Berlin in Ost und West teilte, mittlerweile in aller Welt wieder, doch gerade in Albershausen?

„Ich habe Patrice Lux bei einem gemeinsamen Projekt kennengelernt“, erzählt Joachim Schönmoser davon, wie er an die ungewöhnlichen Objekte gekommen ist. Schönmoser führt ein kleines, aber exklusives Medien-Büro. Er bezeichnet sich als Dienstleister in Sachen Video und Bild. Livebilder für Aktionärsversammlungen, Videos für Bühnenshows für Politik, Rock und Pop, Unternehmen oder Verbände, für die Übertragung von Bild, dafür ist seine Firma Take-Entertainment zuständig.

In Albershausen, wohin es den aus Ochsenhausen stammenden Unternehmer der Liebe wegen verschlagen hat, ist seine Firma im Gebäude eines ehemaligen Einkaufsmarktes untergekommen, das Joachim Schönmoser selbst umgestaltet und sich dabei auch Kenntnisse aus seinem Architekturstudium zunutze gemacht hat.

Der Chef steht auf geschichtsträchtige Accessoires

So hat er ehemalige Porzellanpaletten zu Stehtischen umfunktioniert, Zwischendecken eingezogen und lauschige Nischen geschaffen, alles im Stil zwischen Shabby-Look und Neo-Bauhaus. Seine moderne Arbeitsweise verbindet Schönmoser gern mit geschichtsträchtigen Accessoires. Dazu passen seiner Ansicht nach die Mauerteile auf dem Parkplatz neben der firmeneigenen Boulebahn. Hinzu komme eine persönliche Verbindung zur Ost-West-Historie. Beim Mauerfall war Schönmoser gerade 17 Jahre alt und Schüler an einem Internat in Bad Saulgau. Als die Grenzen fielen, mussten Jungen und Mädchen, die bis dahin streng getrennt wohnten, in einem Gebäude zusammenrücken, um den vielen Neubürgern eine erste Unterkunft in anderen Internatszimmern gewähren zu können.

„Das war einschneidend. Vorher war alles streng reglementiert und auf einmal zählten diese Regeln nicht mehr“, erinnert sich Schönmoser. Die große Freiheit schlug aufs Internat durch.

Nun hat er 19 Mauerteile auf fünf Sattelschleppern aus Berlin nach Albershausen bringen lassen. Darunter befinden sich so genannte T-Teile aus der inneren Mauer, die sich in zweiter Linie des Grenzstreifens befand und die in den Achtziger Jahren noch nicht von Sprayern bemalt waren, aber auch L-Teile (die Standform bestimmt diesen Ausdruck), sozusagen aus der ersten Reihe der äußeren Mauer.

Der Mäzen möchte mit Gleichgesinnten einen Kunst- und Kulturverein gründen

Diese tragen noch die Original-Patina des früheren „antifaschistischen Schutzwalls“ und zeigen deutliche Spuren des Mauerfalls. Bis auf zwei Meter Höhe zeugen Löcher von den so genannten Mauerspechten, jenen Andenkenjägern, die sich nach der Grenzöffnung 1989 mit Hammer und Meißel einen Brocken Geschichte aus der Mauer gepickt haben.

Die steinernen Zeitzeugen ziehen auch Neugierige an. „Ich habe immer wieder Leute auf dem Hof, die sich die Mauerteile anschauen und dann natürlich auch Fragen dazu haben“, erzählt Schönmoser. Grundsätzlich freue ihn das. Aber langsam nehme es überhand. Deshalb sieht er es an der Zeit, eine weitere seiner Ideen vorzustellen.

„Ich würde mich freuen, wenn sich Gleichgesinnte zusammenfänden und sich ein Kunst- und Kulturverein gründen würde“, sagt er. Von künftigen Mitstreitern erhofft sich Schönmoser Unterstützung und Austausch. Räumlichkeiten dafür fänden sich sicherlich noch im alten Einkaufsmarkt, deutet er an.