Matthias „Mattheo“ Bauersachs (Mitte) und seine Bringer, rechts Gerold Wurst, links Michael Schopf, verdeckt: Hans-Jürgen Fein Foto: Werner Ottens

Matthias Bauersachs hatte nie den Plan, von der Rockmusik zu leben. Aber Rock ’n’ Roll leben, das wollte er schon. Mit eigener Musik, mit eigenen Texten. Jetzt erscheint das erste Album seiner Band Mattheo & die Bringer.

Mattheo hat keine Scheu vor großen Gesten. Wenn er mit seiner Gitarre ein Riff spielt und breitbeinig dasteht oder nach einem Akkord mit ausgestrecktem Arm die Windmühle macht, sieht das fast aus wie – wie bei wem eigentlich? Das ist der erste bemerkenswerte Punkt bei dem 48-Jährigen: Es sieht aus wie bei Matthias „Mattheo“ Bauersachs. Der Musiker nennt Bruce Springsteen und Tom Petty als seine Vorbilder, erwähnt auch Huey Lewis – aber er macht keinen von denen nach.

Mattheo macht sein eigenes Ding.

An diesem Punkt begann das, was jetzt zu seinem ersten kompletten Album führt. Matthias Bauersachs macht seit seiner Jugend Musik, hatte in den frühen 1990er Jahren mit der Nachwuchsband Out of Order – in der er „eher eine Randfigur“ war, wie er sagt – schon einmal beachtliche Erfolge, spielte im Rahmen eines Festivals etwa in der Böblinger Sporthalle.

Spaß am Spiel und Bock auf Rock

Spaß am Spiel oder auch Bock auf Rock waren schon damals die Triebfedern des Tuns im Leben des jungen Mannes. Der Gedanke, damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, schien aber nicht realistisch, weshalb Bauersachs und seine Bandkollegen bald lieber studierten. Er wurde Journalist, arbeitet heute als Redaktionsleiter bei der RTV GmbH Film & Television auf der Böblinger Hulb und macht vorwiegend Filmbeiträge für die Unternehmenskommunikation großer Automobilfirmen.

Mit dem Schreiben hat er es also und tüftelte in seinem Notizbuch an Songtexten. Die Liebe zur Musik blieb auch, er spielte zu Studienzeiten in Konstanz ebenso in einer Band wie an seinem ersten Arbeitsort in München und zurück in Stuttgart auch hier wieder. Coversongs halt, wie das viele Bands so machen. Bei Bauersachs, klar, etwa „Tougher than the Rest“ von Springsteen oder „Learning to fly“ von Petty. Die kleinen Konzerte von The Rugs, wie sich Bauersachs und seine beiden Kumpels in den nuller Jahren nannten, waren fein, aber selten. In der Familiengründungsphase hatten die drei um die 30 nicht so viel Zeit für Auftritte, so dass es bei zwei, drei Gigs im Jahr blieb.

Der 40. Geburtstag als Zeitenwende

„Irgendwann hatte ich aber keine Lust mehr, jeden Sonntag vorm ,Tatort‘ zu sitzen und mich über die schlechte Story aufzuregen“, erinnert sich Bauersachs an den großen Einschnitt, als er beschloss, aus seinen vielen Songtext-Fragmenten endlich was zu machen. Im Jahr 2014, als seine Mutter starb und sein 40. Geburtstag bevorstand, beschloss Bauersachs, den Kurs zu wechseln. Er verkündete den Abschied von The Rugs („Ich wusste, ich kann das nicht parallel machen“) und wollte künftig selber singen. Das ist der zweite bemerkenswerte Punkt: Seine Lieder mit deutschen Texten atmen sowohl textlich und musikalisch zwar die 70er und 80er Jahre, lassen einen an Achim Reichel und auch mal an Klaus Lage denken, mit einem Schuss Neue Deutsche Welle dabei, letztlich ist der Sound aber wie bei: Matthias Bauersachs.

Als die beiden Kinder sieben und zehn sind, seine Aufgabe als Familienvater und sein Job als Journalist ihn ziemlich fordern, macht der Schwabe, gerade als er schlau wird, sein Ding, das „ich Ewigkeiten vor mir hergetragen hatte“. Und er hat Glück, dass es andere mittragen. Zum Beispiel seine Frau, die weiß, was ihm das bedeutet und die „voll mitzieht“, so Bauersachs. Zum Beispiel sein ältester Freund und Gitarrenvirtuose Gerold Wurst (48), der bei Out of Order die meisten Songs geschrieben hatte, auch bei The Rugs an Bord war und weiter mitmacht.

Jahre der Suche nach Schlagzeuger und Bassist

Nach Jahren der Suche und wechselnden Besetzungen schultert seit 2017 auch der Schlagzeuger Hans-Jürgen Fein (62) aus Beilstein (Kreis Heilbronn) das Unterfangen, der auf Jahrzehnte der Livemusik unter anderem mit der Coverband Purple Sun aufbaut, und seit 2020 der Bassist Michael Schopf (45), der etwa mit Tune Circus schon bundesweit unterwegs war und mit seiner Firma Lautmacher Veranstaltungstechnik viele Veranstaltungen in und um Ludwigsburg beschallt.

Das Konzept mit erdigem Rock und deutschen Texten ist speziell: Bauersachs musste sich schon beim Sommerfest eines Sportvereins anschnauzen lassen, weil er viele eigene Songs und zu wenige bekannte Hits spielte und tatsächlich auch erst mit Letzteren viele Zuhörer zum Tanzen brachte. Andererseits sind seine Songs schon tanzbar, so dass eben Sportvereine oder auch die Veranstalter von Dorffesten Interesse entwickeln, Mattheo & die Bringer zu buchen. „Es wird immer so sein, dass wir vor allem die eigenen Sachen spielen“, schreibt Bauersachs möglichen Veranstaltern schon mal ins Stammbuch. Zuletzt war das am vergangenen Freitag auf der Burg Hohenbeilstein so oder unlängst beim Goldberg-Fest in Sindelfingen.

Zusammenarbeit mit bekanntem Produzenten

Nach der großen Coronawelle freuen sich die vier Bringer darüber, dass sie wieder öfter auftreten können. Corona hat aber auch beschleunigt, dass Mitte August das erste Album bei den Streamingdiensten erscheint. Es heißt „Irgendwas muss doch“ und enthält zehn Songs, davon acht von Bauersachs und zwei von Wurst. Produziert hat es der Stuttgarter Ralv Milberg, der mit seinen Heslacher Milberg Studios auch schon bundesweit Aufsehen etwa durch die Arbeit mit der Indie-Band Die Nerven erregt hat. „Ein super Typ, der sehr gewissenhaft und sehr akribisch arbeitet“, berichtet Bauersachs von einer spannenden Woche in der kultigen ehemaligen Hinterhofwerkstatt.

Für ein Rockstar-Leben zu alt?

Milbergs Motto „Bei euch müssen die Gitarren wie Gitarren klingen“ traf Mattheos Konzept im Kern. Und das Ergebnis kann sich hören lassen: von „Kalispera“ bis zum Titelsong „Irgendwas muss doch“.

Was muss? „Die Menschen haben heute so viele Optionen, dass sie manchmal wie paralysiert dastehen und gar nichts machen oder mal ausbrechen“, sagt Matthias Bauersachs, „aber nein! Irgendwas muss doch!“ Gehen zum Beispiel oder passieren.

Was bei Mattheo und den Bringern noch passieren soll, beantwortet Bauersachs mit einem Augenzwinkern: „Für ein Rockstar-Leben sind wir zu alt.“ Die großen Gesten dafür hätte der 48-Jährige aber drauf.

Mattheo & die Bringer spielen am Freitag, 5. August, um 19 Uhr auf dem Rathausplatz in Rutesheim. Der Eintritt ist frei. Veranstalter ist das Kulturforum. Sollte das Wetter nicht mitspielen, findet das Konzert im Rathaus statt.

Open Air in Rutesheim

Konzert
Mattheo & die Bringer spielen an diesem Freitag, 5. August, um 19 Uhr auf dem Rathausplatz in Rutesheim. Der Eintritt ist frei, Spenden sind möglich. Sollte das Wetter nicht mitspielen, findet das Konzert im Rathaus statt.

Veranstalter
Das Open-Air-Konzert veranstaltet der Verein Kulturforum Rutesheim, der sich sonst eher der bildenden Kunst widmet, ab und an aber auch Ausflüge in populäre Kunst unternimmt.