Ein Schäfer führt die Herde über eine Brücke, während sein Hütehund hinten nach dem Rechten sieht. Foto: factum/

Eine Schäferin und fünf Schäfer haben den Markgröninger Schäferlauf eingeläutet. Beim Leistungshüten unter strahlender Sonne und fröhlichen Zuschauern zeigten sie ihr Können und das ihrer Hunde – und dass sich nicht alles planen lässt.

Markgröningen - Max Frankenhauser ist nervös, als er auf der Weide steht. An einen Holzzaun gelehnt sieht er zu, wie Ute Svensson 300 Schafe über eine Weide führt. Frankenhauser fährt sich durch die Haare. In wenigen Minuten wird der Schäfer selbst inmitten der Herde stehen und sie über das Gelände geleiten, zusammen mit seinem Hütehund Wolle. „Der ist manchmal auch ein Aufgeregter“, sagt Frankenhauser schmunzelnd. Mit dem Schafehüten sind der 33-Jährige und sein Rüde zwar vertraut. Doch an diesem Vormittag in Markgröningen werden sie mehrere Hundert Menschen dabei beobachten. Es ist ihr erstes Leistungshüten.

Der Wettkampf beginnt ruhig, fast feierlich

Frankenhauser und Svensson läuten mit vier weiteren süddeutschen Schäfern den historischen Markgröninger Schäferlauf ein. Das Leistungshüten beginnt in den Morgenstunden. Die schräg stehende Sonne hüllt das Feld in ein warmes Orange, die taufeuchten Grashalme glitzern im Morgenlicht. Es ist ruhig, fast feierlich. Nur ab und an schreit ein Schaf („Mäh!“) oder ein Schäfer („Woop!“).

Einige Zuschauer stehen, andere sitzen mit Gebäck und Piccolo-Sekt am Rand des Geländes an der Straße nach Asperg, während sich die Schäfer an sieben Aufgaben versuchen. Zwei Preisrichter bewerten die Leistung der Schäfer und ihrer Hunde. 100 Punkte können sie jeweils absahnen, wenn sie perfekt hüten. Doch das kommt eigentlich nie vor, wie der Moderator Bernhard Glöckler erklärt. Seine Ausführungen sind hilfreich, insbesondere für Laien, denen beim Begriff Leistungshüten lediglich ein Film mit einem Schwein in den Sinn kommt.

Verkehrsprüfung für Hütehunde

Ute Svensson ist mehrfache Schäferlaufkönigin und an diesem Tag die einzige Teilnehmerin beim Leistungshüten. Wie alle Schäfer geht sie zuerst in den Pferch und umrundet die Schafherde, spricht mit den Tieren, um deren Vertrauen zu gewinnen. Nachdem der Rüde Hubi die Herde ebenfalls kennengelernt hat, führt Svensson sie aus dem Pferch und zum sogenannten engen Gehüt, einer kleinen Fläche, auf der die Herde grasen und nach und nach weiterziehen soll.

Es folgt die sogenannte Verkehrsprüfung, bei der Svensson die Herde eine Straße entlangführt, während ein Auto zweimal an den Tieren vorbeifährt. Hubi beschützt die Schafe, indem er zwischen der Herde und dem Auto läuft. Dann verlassen Svensson und Hubi die Straße und geleiten die Herde auf eine große Fläche, auf der die Schafe in Ruhe grasen können. Hubi zeigt ihnen die Grenzen der Fläche, indem er auf und ab läuft. Alles läuft gut, doch dann springt Hubi plötzlich auf die angrenzende Straße. „Hubi!“ Svensson ruft den Rüden, doch er lässt nur ungern vom Straßengraben ab, den er offenbar als Grenze der Fläche interpretiert. Am Ende bekommen Svensson und Hubi 81 Punkte.

Svensson ist geknickt. „Es ist schade, wenn man seinen Hund kennt und weiß, was er eigentlich kann“, sagt sie, „aber die Leistung ist tagesabhängig. Und das gilt auch für mich. Die Tiere sind sensibel, was die Stimmung von uns Schäfern angeht.“

Sonne macht die Tiere träge

Als der Schäfer Jonas Henninger mit seinem Hund West antritt, ist von der feierlichen Morgenstimmung nicht mehr viel übrig. Kinder rennen über die Wiese, Erwachsene strömen fröhlich auf das Gelände, beladen mit Getränken. Die Sonne brennt auf die zahlreichen Filz- und Strohhüte der Gäste – und auf das Fell der Hunde und Schafe. So werden sie zum Ende des Wettkampfs hin zusehends träger. Die Schafe legen sich im weiten Gehüt auf die Wiese, die Hunde verschwinden immer häufiger zum Trinken im Bach, wo sie dann auch baden. „Das gibt ordentlich Abzug“, sagt Jonas Henninger lachend, nachdem sich sein Hund während des Hütens einfach hingelegt hat. Doch die Preisrichter, die selbst unter der brütenden Sonne ausharren, sind milde und küren Henninger zum Gewinner.

Auch Max Frankenhausers Wolle geht baden, während die Herde auf dem großen Gelände grast. Ansonsten schlägt sich der dreijährige Rüde wacker, wie Frankenhauser findet. Die Preisrichter hingegen sehen noch Luft nach oben, sie vergeben 78 Punkte; Frankenhauser und Wolle müssen sich mit dem fünften Platz geschlagen geben. Der Schäfer nimmt es gelassen. „Fürs erste Mal bin ich zufrieden.“