Das pinkfarbene Kreuz ist das Symbol von „Maria, schweige nicht“. Foto: factum/Andreas Weise

Eine Gruppe Katholikinnen hat sich der bundesweiten Initiative „Maria, schweige nicht“ angeschlossen. Sie fordert die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der katholischen Kirche. Sie wissen, dass es nicht mit ein paar Aktionen getan ist.

Ditzingen - Die beiden Frauen sind fest entschlossen, etwas zu ändern. Gleichwohl wirken sie nicht verbissen, vielmehr zielstrebig. Elisabeth Niggemeyer und Annedore Barbier-Piepenbrock von der katholischen Kirchengemeinde St. Maria in Ditzingen haben die Ortsgruppe der Bewegung „Maria, schweige nicht“ gegründet. Diese fordert die Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche. Dazu gehört auch die Forderung nach einem Zugang für Frauen in kirchliche Führungspositionen, auch in Weiheämter. Ihr Erkennungszeichen, ihr Symbol, ist ein kleines, pinkfarbenes Kreuz, das sie sich an die weiße Kleidung heften.

„Es gibt keine theologische Begründung, warum Frauen in der zweiten oder dritten Reihe stehen sollen“, sagt Elisabeth Niggemeyer. Die 60-Jährige treibt das Thema seit langem um, ebenso wie Annedore Barbier-Piepenbrock. „Ich will nicht mehr, dass Frauen daneben stehen müssen“, sagt auch sie. Der Frau solle der Weg hinter den Altar offen stehen. Schließlich, so Niggemeyer, solle jeder, der sich dazu berufen fühle, auch tatsächlich Seelsorger werden dürfen.

Alles begann in Münster

Die Ditzinger nehmen damit auf, was eine Gruppe in Münster begonnen hat. Diese wollte die untergeordnete Stellung der Frau in der katholischen Kirche nicht länger akzeptieren und organisierte im Mai einen einwöchigen Kirchenstreik von Frauen. Die ursprünglich lokale Initiative „Maria 2.0“ entwickelte sich schnell, die Fortsetzung trägt den Namen „Maria, schweige nicht“ und wird organisiert vom Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB).

Mitte September konstituierte sich die Ditzinger Gruppe. Sie will sich vor allem im Strohgäu für die Ziele von „Maria, schweige nicht“ einsetzen. Sie ist kreisweit die erste, die das ebenso offensiv wie öffentlich macht. „Ich bin gerne Katholikin. Ich will, dass man gerne Katholikin bleiben kann. Deshalb bin ich bereit, mich ins Zeug zu legen“, begründet Niggemeyer ihr Engagement. Sie wünscht vor allem auch ihren Kindern und der Enkelgeneration die Möglichkeit, in der Kirche verwurzelt zu sein. Das aber sehen sowohl sie als auch Barbier-Piepenbrock durch den Pfarrermangel bedroht. „Die Seelsorgeeinheiten immer noch größer machen, den persönlichen Kontakt immer noch schwerer machen – das ist eine Entwicklung, mit der wir die Sache gegen die Wand fahren“, sagt die 52-Jährige.

Ist die Zeit reif für Veränderungen?

Niggemeyer und Barbier-Piepenbrock sind lange in der Gemeinde, sie kennen sich und wollten schon für „Maria 2.0“ aktiv werden, beide hatten damals aus unterschiedlichen Gründen keine Möglichkeit, dazu. „Wir wollen nicht nur ein Strohfeuer entfachen, sondern uns mit unseren Themen einbringen“, sagt Niggemeyer. Die Frauen sehen eine Chance, dass sich tatsächlich etwas bewegt. „Wenn die Tür aufgeht, wird sie demnächst aufgehen.“ Jetzt sei „die Zeit reif, „um eine bahnbrechende Entscheidung zu treffen.“

In Ditzingen treffen ihre Worte offenbar auf offene Ohren. In der Pastoralassistentin der Seelsorgeeinheit Südliches Strohgäu, Janine Irtenkauf, haben sie sowohl eine ideelle als auch tatkräftige Unterstützung. „Frauen haben keinen Zugang zu den höchsten Weihen“, sagt die 27-Jährige hauptamtliche Mitarbeiterin der Kirche. Pfarrerin darf sie bisher nicht werden. Ihr Chef ist Gemeindepfarrer Alexander König, zugleich der Ludwigsburger Dekan. „Ich glaube, er hat darauf gewartet, dass wir aktiv werden“, sagt Annedore Barbier-Piepenbrock. Zur Auftaktveranstaltung war er jedenfalls gekommen.

Veranstaltung: Nächstes Treffen von „Maria, schweige nicht“ in Ditzingen ist diesen Donnerstag, 24. Oktober, 19.30 Uhr, im Kleinen Saal des Katholischen Gemeindezentrums.

Unmut
Weil die Gemeinden kleiner werden und Pfarrer fehlen, werden die Seelsorgeeinheiten immer größer. Längst ist der Gemeindepfarrer nicht nur für eine Gemeinde, sondern für mehrere gleichzeitig verantwortlich. Das widerspreche dem Grundgedanken, meinen die Ditzinger Initiatorinnen: „Was macht den Ursprung aus? Die Sehnsucht, gesehen zu werden, das Mahl zu teilen, die Gemeinschaft zu leben, angebunden an etwas Großes. Das müssen wir glaubhaft machen“, sagt Annedore Barbier-Piepenbrock.

Aktion
Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) hat eine Unterschriftenaktion gestartet für „eine glaubwürdige und zukunftsfähige Kirche“, sie läuft bis Jahresende. Im Anschluss sollen die Ergebnisse an die Bischofskonferenz übergeben werden. Mehr Informationen im Internet etwa unter https://kirche-ditzingen.de/gemeinde/kgr2015/maria20/.