Sieben Thesen hängen seit dem Wochenende an vielen Kirchentüren der Republik – wie hier in Leinfelden. Foto: privat

Die katholische Reformbewegung Maria 2.0 macht aktuell eine neue Aktion. Die bundesweit vernetzte Gruppe, die sich 2019 gegründet hatte, reagiert damit auf die anstehende Bischofskonferenz. Eine Gruppe von den Fildern erklärt, worum es geht.

Filderstadt/Leinfelden-Echterdingen - Gleiches Recht für alle. Eigentlich kennt diesen Grundsatz hierzulande jedes Kind. Er gilt allerdings nicht überall – nicht in der Katholischen Kirche. „Mannsein begründet Sonderrechte“, steht in der ersten von sieben Thesen, die seit dem Wochenende an vielen Kirchentüren der Republik angeschlagen sein dürften. Von der bundesweiten Reformbewegung Maria 2.0, die sich im Mai 2019 gegründet hatte. Sie prangert an, dass sich Männer Sonderrechte herausnehmen. Denn, so steht es in der ersten These: „Unsere Kirche ist eine gerechte Kirche, in der alle Menschen die gleiche Würde und die gleichen Rechte haben und damit Zugang zu allen Ämtern.“

Das Team ist nicht gleichberechtigt

Die Unwucht ist Marlene Schiebel recht spät klar geworden. Sie ist heute 60 und seit sechs Jahren Gemeindereferentin bei der katholischen Seelsorgeeinheit in Leinfelden-Echterdingen. Ihr Job ist die Glaubensvermittlung, im Team mit Pfarrer und Pastoralreferenten. Wobei dieses Team eben nicht gleichberechtigt ist, denn Marlene Schiebel ist bei manchen Aufgaben außen vor. Bevor sie auf die Filder kam, war sie im Remstal beschäftigt. Dort durfte sie zwar Gottesdienste halten, aber um beispielsweise das Aschekreuz zu verteilen, dafür kam der Pfarrer. In Leinfelden-Echterdingen durfte sie plötzlich mehr. Weil der Pfarrer die Zügel lockerer lässt. „Ich habe mich mit 54 noch mal ganz neu kennengelernt“, sagt sie. Marlene Schiebel sagt, sie sei auf der Ostalb in einer erzkatholischen Gegend groß geworden, da habe sie sich nie groß aufgelehnt, sondern akzeptiert. Das ist inzwischen anders. Heute sagt die Frau, die trotzdem recht sittsam wirkt, dass es ihr reicht.

Mit diesem Gefühl ist die Gemeindereferentin aus Leinfelden-Echterdingen nicht allein. Zur Videokonferenz kurz vor der neuen Protestaktion sind mehrere Frauen aus Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen gekommen. Und nicht nur sie, auch der Filderstädter Pfarrer Thomas Vogel hat sich zugeschaltet. Er ist erst seit einem Jahr in der Seelsorgeeinheit, die Forderungen von Maria 2.0 „unterschreibe ich alle“, sagt er. Hängengeblieben sei er vor allem an der zweiten These. Sie thematisiert, dass der Machtmissbrauch in der Katholischen Kirche an der Tagesordnung ist. „Unsere Kirche ist partizipativ. Alle haben gemeinsam Verantwortung am Sendungsauftrag, Macht wird geteilt“, steht in der These von Maria 2.0.

Die Thesen thematisieren Missstände

Die restlichen Thesen, die mehr oder weniger heimlich an den Kirchentüren in Deutschland aufgehängt worden sind, sprechen weitere Grundsatzprobleme an: den sexuellen Missbrauch, die fragwürdige Sexualmoral, den Zölibat, der viele Berufene abschrecke und so zu einem inzwischen deutlich spürbaren Priestermangel geführt habe, der Prunk, dem einige Kirchenvertreter nach wie vor frönten, aber auch die Glaubwürdigkeit der Kirchenoberen, die nichts gegen die Missstände auszurichten wüssten. Maria 2.0 ist bundesweit gut vernetzt und macht nun erneut Druck. Anlass ist die Deutsche Bischofskonferenz, die vom 23. bis 25. Februar tagt.

Wer sich bei Maria 2.0 engagiert, macht sich große Sorgen. Blanka Wagner aus Filderstadt zum Beispiel erzählt, dass sie eben erst gelesen habe, dass Experten der Katholischen Kirche noch 20 Jahre geben. „Ich will, dass es auch in Zukunft noch eine katholische Kirche gibt“, sagt sie. „Man braucht einen Anker, einen sicheren Ort“, sagt auch Julia Kremer aus Filderstadt. „Wir wollen nicht austreten, sondern auftreten“, sagt Marlene Schiebel. Und wie lang bleiben die Thesen an den Kirchen hängen? „Bis der Wind sie wegweht“, sagt Marlene Schiebel.

Kontakt Wer Kontakt sucht zu der Bewegung Maria 2.0, kann an maria2.0@katholisch-filderstadt.de mailen oder unter Telefon 0711/7 82 37 78 21 anrufen. Weitere Infos gibt es auch unter www.mariazweipunktnull.de.