Die ersten 100 Tage im neuen Amt sind vorüber für Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU).Was die Menschen in der Königsstraße über den neuen Landesvater denken - klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie. Foto: dpa

Seine erste Auslandsreise führt Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) nach Österreich. 

Wien - Seine erste Auslandsreise führt Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) nach Österreich. Es geht darum, die Kontakte zu vertiefen - und immer wieder um den überraschenden Rücktritt des Bundespräsidenten.

Während die Mitglieder von Stefan Mappus' 16-köpfiger Delegation am Montag noch auf seine Ankunft am Flughafen Wien-Schwechat warten, erreicht sie die Nachricht, dass Bundespräsident Horst Köhler zurückgetreten ist. Anders als seine Begleiter kommt der baden-württembergische Regierungschef zu seinem zweitägigen Antrittsbesuch in Österreich nicht aus Stuttgart, sondern aus Berlin. Am Morgen hat dort - wie fast immer montags - das Parteipräsidium getagt. Es habe keinerlei Anzeichen gegeben, dass so etwas passieren könne, berichtet Mappus, der ob der überraschenden Botschaft fassungslos ist. Er bedauert den Rücktritt des "Bürgerpräsidenten", respektiert, aber versteht ihn nicht. Er möchte keine Namen für mögliche Nachfolger nennen - ein Kandidat, der von möglichst vielen mitgetragen werde, solle es sein. Erleichtert ist er, als er später erfährt, dass trotz der schlechten Wahlergebnisse in Nordrhein-Westfalen CDU und FDP weiter die Mehrheit in der Bundesversammlung haben werden, die Ende Juni den Bundespräsidenten wählt.

"Schon wieder eine Überraschung in Wien", erinnert am Abend dann der deutsche Botschafter in Österreich, Hans Henning Blomeyer-Bartenstein, bei einem gemeinsamen Abendessen in seiner Residenz. Beim letzten Besuch eines Ministerpräsidenten aus Baden-Württemberg habe dessen Handy dauernd geklingelt. Damals, im vergangenen Oktober, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel Günther Oettinger angeboten, EU-Kommissar zu werden.

"Mein Telefon hat bisher nicht geklingelt"

"Schnell geht's, wenn man mich besucht", scherzt am Dienstag auch Josef Pröll, Finanzminister, Vizekanzler und Vorsitzender der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), einer Schwesterpartei der CDU. Er war seinerzeit eigentlich mit Oettinger verabredet, aber dieser musste schleunigst zurück nach Stuttgart und durfte nicht einmal den Grund dafür nennen. "Mein Telefon hat bisher nicht geklingelt", gibt Mappus zurück. Damit ist das offizielle Gespräch zwischen den zweien eröffnet. Beide Politiker sind fast gleich alt, beide sind in der Provinz groß geworden, beide haben eine ähnliche Statur. Sie verstehen sich auf Anhieb. Sie sprechen darüber, ob die bisherigen EU-Initiativen für Griechenland und die Stabilisierung des Euro ausreichen, Mappus interessiert sich für die Erfahrungen der ÖVP, die in einer großen Koalition mit den Sozialdemokraten unter Kanzler Werner Faymann regiert.

Österreich, flächenmäßig etwa zweieinhalbmal so groß wie Baden-Württemberg, aber mit zwei Millionen Einwohnern weniger, ist mit dem Südwesten eng verbunden. Rund 4600 Firmen aus dem Land sind in Österreich aktiv, fast 400 haben vor Ort Niederlassungen. Nach Bayern und Italien ist Baden-Württemberg der drittgrößte Handelspartner. Auch wenn Österreich derzeit ein höheres Wachstum verzeichnen kann, müssen beide Länder vor allem ein Problem lösen: Sie müssen in den kommenden Jahren dramatisch hohe Schuldenberge abbauen. Mappus erhofft sich auch dafür Anregungen von den Nachbarn im Osten. Fast im Stundentakt absolviert der 44-Jährige Termine. Er führt Gespräche in kleinstem Kreis und hinter verschlossenen Türen mit Außenminister Michael Spindelegger, mit Wirtschafts-, Familien- und Jugendminister Reinhold Mitterlehner (beide ÖVP), dem ÖVP-Fraktionschef Karlheinz Kopf und mit Parlamentspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ). Er diskutiert mit Vertretern der baden-württembergischen und der österreichischen Wirtschaft darüber, wie sie die Situation einschätzen und was das Land für sie tun kann. Aufmerksam hört er zu, als Thomas Gindele, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Österreich, erzählt, dass bisher vor allem bayrische Unternehmen das Angebot der Kammer nutzen, ihnen den Start in Österreich zu erleichtern - und damit auch das Tor nach Osteuropa zu öffnen. Österreichische Unternehmer wiederum wünschen sich, dass Deutschland den Beitritt von Kroatien und Serbien in die EU unterstützt.

Zwischendurch bleibt Mappus und seiner kleinen Delegation auch noch eine Stunde Zeit, um durch das Schloss Belvedere und die Anlagen zu spazieren - vorbei an Bildern von Gustav Klimt, Egon Schiele und Oskar Kokoschka, die in ihren Bildern Brüche und Umbrüche zeigen. Und um einen Blick in die Ausstellung über Prinz Eugen von Savoyen ("der edle Ritter") zu werfen. Der ehemalige Schlossherr ging als großer Kriegsherr (gegen die Türken), Kunstliebhaber und Philosoph in die Geschichte ein.

Nach zwei Tagen voller Überraschungen fliegt Mappus erst einmal zu seiner Familie, die derzeit in der Heimat seiner Frau in Nordrhein-Westfalen Urlaub macht. Viel Zeit für Erholung bleibt ihm dort allerdings nicht. Denn der Rücktritt von Bundespräsident Köhler hat auch Mappus' Terminkalender gründlich durcheinandergebracht.