Auch der Feuerbacher Zauberer Dr. Marrax gehört dem Magischen Zirkel an. Foto: Tom Bloch

Stuttgart ist eine Hochburg der Zauberkunst – dank dem Magischen Zirkel.

Stuttgart - Vielleicht liegt es ja wirklich daran, dass heute fast niemand mehr an Geister und Gespenster glaubt. Dass es so gar keine Geheimnisse mehr zu geben scheint. Bei Fragen wird schnell das Internet angeklickt – und schon liegt die ganze Welt ausgebreitet vor einem. „Ich denke, das Irrationale und das Lösen von Rätseln fehlt den Menschen“, sagt Eberhard Riese, Vorsitzender des Magischen Zirkels Stuttgarts. Doch wenn Münzen oder Menschen verschwinden und mit einem Fingerschnippen wieder auftauchen, dann kann diese Sehnsucht gestillt werden. Und so sind Zauberkünstler momentan so gefragt wie fast nie zuvor. „Das zeigt sich schon daran, dass momentan im Friedrichsbau eine Show nur mit Zauberern läuft“, sagt Riese.

Zauberei hat in Stuttgart Tradition. 1928 wurde der Magische Zirkel gegründet, aber Eberhard Riese hat ein Plakat aus dem Jahr 1908 gefunden, in dem bereits Illusions- und Zaubertheater mit verblüffenden Tricks und modernen Wundern im Königsbau angekündigt wird. Und auch Kalanag, der berühmteste deutsche Zauberer in der Nachkriegszeit, kam aus Stuttgart. „Ich denke, das liegt daran, dass die Schwaben Tüftler und Denker sind. Das schlägt sich auch in der Zauberkunst nieder“, sagt Riese, der auch Vorsitzender des Magischen Zirkels Deutschland ist. Warum sich Stuttgart in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Hochburg der Zauberkunst entwickelt hat, dafür gibt es mehrere Gründe.

„Normalerweise sind Zauberer Einzelkämpfer, die alles selbst machen. Wir haben schon früh auf Teamarbeit gesetzt und uns gegenseitig geholfen“, erklärt der 61-Jährige. Zudem hat sich der Magische Zirkel Stuttgart vor etwa drei Jahrzehnten daran gemacht, Lücken im Zauberergeschäft zu suchen. „Wir haben nicht herausragend neue Tricks ausgetüftelt, sondern uns neue Präsentationsformen überlegt.“ Weg vom klassischen Zauberer mit Frack und Zylinder hin zu ganz anderen Figuren, die eine eigene Geschichte hatten und die mit neuen Requisiten arbeiten konnten – zum Beispiel der Schneiderlehrling Julius Frack, der mit seiner magischen Schere oder tanzenden Fingerhüten die Zuschauer in seinen Bann zog. „Neu war auch, dass wir junge Leute auf die Bühne geholt haben. Davor waren viele Zauberer ältere Männer.“

Die Geheimnisse muss man sich erst verdienen

Der Lohn waren nicht nur unzählige gewonnene Wettbewerbe auf deutscher, europäischer oder weltweiter Ebene, sondern auch die Tatsache, dass der Magische Zirkel Stuttgart 14 Profizauberkünstler in seinen Reihen hat. Das bringt für die anderen Mitglieder so einige Vorteile mit sich: „Das fängt damit an, dass Profis sich mit dem Geschäftsleben auskennen und zum Beispiel wissen, wie man Verträge abschließt. Und sie haben eine ganz andere Routine und eine andere Sicherheit auf der Bühne.“

Angefangen haben sie aber genauso, wie die meisten anderen: mit einem Zauberkasten. „Viele möchten die Tricks lernen und kaufen dann ein Buch oder eine DVD.“ Wer irgendwann nicht mehr weiterkommt, landet schließlich beim Magischen Zirkel – und muss erstmal zeigen, was er kann. „Bei Gästeabenden können uns die meist 13- bis 14-Jährigen vorzaubern, was sie bis jetzt können.“ Wer sich wacker schlägt und echtes Interesse zu haben scheint, wird als Gast aufgenommen und bekommt einen Paten an die Seite. Mit diesem wird geübt und an einer eigenen Nummer gefeilt. „Die Gäste können dann auch an unserem Leben teilhaben, als Bühnenhelfer dabei sein und natürlich zu unseren Treffen kommen.“

Nach etwa zwei Jahren wird das erlernte Wissen bei einer Aufnahmeprüfung abgefragt. „Und sie müssen eine Kür zeigen, ihr kleines Programm für die Bühne.“ Wer besteht, wird Mitglied im Magischen Zirkel Stuttgart. Das bringt vor allem eine große Pflicht mit sich: „Das Wichtigste ist, dass kein Geheimnis nach außen verraten werden darf. Die Stuttgarter werden auch deswegen so hoch geachtet, weil wir uns streng an diese Regel halten“, sagt Eberhard Riese. Die Mitglieder treffen sich dann zweimal im Monat. Auf dem Programm steht oft auch ganz Profanes. Zum Beispiel, wie man eine eigene Homepage gestaltet. Man besucht außerdem gemeinsam Kongresse und Seminare.

„Ein Hobby, das jung hält“

Die Mitglieder kommen nicht nur aus Stuttgart, sondern auch aus Karlsruhe, Tübingen oder Heidenheim. Der Jüngste ist 14, der Älteste mehr als 80 Jahre alt. „Es ist ein Hobby, das jung hält. Viele unserer älterer Mitglieder sind geistig noch sehr fit und wach.“ Und wenn es mit der Fingerfertigkeit nicht mehr so klappt, verlegen sich viele entweder auf andere Gebiete der Zauberkunst oder denken sich Tricks aus. Eberhard Riese hat sich zum Beispiel darauf spezialisiert, Regie zu führen und seinen Zauberkollegen bei der Dramaturgie ihrer Bühnennummern zu helfen.

Auf der Bühne stehen übrigens überwiegend Männer – was Riese bedauert. „Wir haben mit Roxanne nur eine Profizauberkünstlerin und vielleicht noch drei weitere weibliche Mitglieder.“ Gründe dafür könnten sein, dass bereits die Requisiten eher männlich geprägt seien und das stundenlange allein Üben eher etwas für Jungs sei – genauso wie die Motivation, mit seinen besonderen Künsten aus der Masse hervorzustechen. „Da steckt schon auch ein gewisser sportlicher Ehrgeiz und die Freude am Wettbewerb dahinter.“ Nichtsdestotrotz: „Auch Frauen sind jederzeit bei uns willkommen.“

MAGISCHER ZIRKEL STUTTGART

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Vorsitzender
Eberhard Riese Gründungsjahr
1928 Mitgliederzahl
74