Behutsam soll Jacob Zuma gedrängt worden sein, seinen Hut zu nehmen. Foto: AP

Über Jahre hinweg hat Jacob Zuma Südafrika heruntergewirtschaftet. Damit soll jetzt Schluss sein: Seine Partei will ihn aus dem Präsidentenamt drängen. Sein Nachfolger sitzt schon in den Startlöchern – aber er muss vorsichtig sein.

Johannesburg - Bei der Beschreibung dieses bedeutsamen Treffens am Montag gab sich Südafrikas Presse einfallsreich. „Der letzte Tango von Pretoria“, „Das Ende der Fahnenstange“ oder auch „Zumas Sargnagel“ stand über den Vorberichten zur Sitzung des Nationalen Exekutivrats des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) in Pretoria, von der am Montag die Entscheidung über das Ende der Regierungszeit Jacob Zumas erwartet wurde. Bereits seit Wochen sehen sich die Südafrikaner mit immer neuen Berichten über die unmittelbar bevorstehende Absetzung ihres Präsidenten konfrontiert – dieses Mal sollte es tatsächlich so weit sein. Doch die Beratungen dauerten bis in die Nacht an, über die Inhalte drang nichts nach außen.

Aller Wahrscheinlichkeit nach sollte das höchste Entscheidungsgremium der Regierungspartei Jacob Zuma am Montagabend zum Rücktritt auffordern. Zumas Rausschmiss bahnte sich an, seit dessen Gegenspieler Cyril Ramaphosa zum Parteichef gewählt worden war. Damit war er auch im Amt des Staatspräsidenten zum Nachfolger designiert: Doch mit dem Stabwechsel bis zum Amtsende Zumas zu warten verbot sich von selbst, denn mit dem skandalumwitterten Präsidenten an der Spitze hätte der ANC seine Mehrheit bei den Parlamentswahlen im April 2019 mutwillig aufs Spiel gesetzt: Zum ersten Mal in der 24-jährigen Geschichte des demokratischen Südafrika drohte die Partei Nelson Mandelas auf der Oppositionsbank zu landen.

Ramaphosa will Südafrika wieder hoffähig machen

Das war nicht das einzige Motiv, das Ramaphosa zum Handeln zwang – er musste auch den wirtschaftlichen Niedergang des Landes aufhalten und der galoppierenden Korruption begegnen. Am Kap der Guten Hoffnung ist von der Geiselnahme des Staates seitens der mit dem Präsidenten befreundeten Gupta-Familie die Rede: Sie soll sich und der Zuma-Familie riesige Summen aus den Staatsbetrieben in die Tasche geleitet haben. Keine Frage, dass der „Regenbogenstaat“ Nelson Mandelas unter seinem 75-jährigen Nachnachfolger moralisch auf den Hund gekommen ist: Cyril Ramaphosa will Südafrika wieder hoffähig machen. Der 65-jährige Ex-Gewerkschaftsführer und spätere Business-Magnat musste aber vorsichtig vorgehen. Die Regierungspartei ist bis zum Bersten polarisiert: Ein umstrittener Rausschmiss Zumas könnte zur Spaltung des ANC führen – auch dann wäre der Wahlsieg im April 2019 gefährdet. Deshalb musste Ramaphosa seinen Vorgänger mit Samthandschuhen aus dem Amt bugsieren – zumindest so lange, wie Zuma zum Mitspielen bereit war.

Doch das war er nicht lange. Der Präsident sei mit einer verfrühten Abberufung grundsätzlich einverstanden, hieß es aus Pretoria: Doch im Gegenzug sollten Bedingungen erfüllt werden, etwa, dass Zuma Immunität für seine Verfehlungen gewährt wird; dass ihm der Staat neben der Pension die ihm drohenden Gerichtsverfahren bezahlt; oder dass er sich zumindest als Kronzeuge die Straffreiheit aushandeln kann. Dem Vernehmen nach war Ramaphosa mit keinem der drei Punkte einverstanden: Allein die Gerichte könnten Zumas strafrechtliche Schuld oder Unschuld beurteilen, ließ er mitteilen.

Der Neue will an die Tradition Mandelas anknüpfen

Es ist wohl der bedeutendste Unterschied zwischen Ramaphosa und seinem Vorgänger: Während Zuma die Verfassung auszuhöhlen suchte, ist sein Nachfolger ein Freund des Verfassungsstaats. Auch will er mit seiner Sozial- und Wirtschaftspolitik an die Tradition Mandelas anknüpfen. Dagegen zeichnete sich Zumas Amtszeit durch Planlosigkeit aus. Seiner Administration ging es ums In-die-Tasche-Stecken. Zumindest theoretisch könnte sich Zuma dem Votum der Parteiführung widersetzen und an seinem Amt festhalten: Dann müsste der ANC einen Misstrauensantrag im Parlament stellen oder den Präsidenten einem Amtsenthebungsverfahren unterziehen. Beides wäre „schmutziger“ als ein vom NEC motivierter „freiwilliger“ Rücktritt des Präsidenten: Doch falls ihn sein starrer Vorgänger dazu zwingt, ist Ramaphosa offensichtlich auch diesen Weg bereit zu gehen. Ob jetzt oder erst in zwei Wochen: „It’s time to say Dubai“, spottet ein Kolumnist unter Anspielung auf den zweiten Wohnsitz der Gupta-Brüder.