Der Bumerang von Chanel sorgt für große Aufregung. Foto: Jeffree Star/Twitter

Das Modehaus verkauft ein Luxus-Wurfgerät und entfacht eine Debatte über Australiens Ureinwohner.

Sydney - Das französische Modehaus Chanelverkauft seit Langem nicht nur elegante Mode, sondern auch die dazu passenden Accessoires: Tennisschläger, Bälle, Strandspielzeug – dafür lassen sich locker hohe Summen ausgeben. Bei einem Paddelbord steht gar: Preis auf Anfrage. Auch Bumerangs vertreibt die Luxusmarke seit etwa zehn Jahren immer mal wieder. In der aktuellen Frühlings- und Sommerkollektion ist ein edles Stück für 2000 Australische Dollar (1300 Euro, 1500 Franken) zu haben. Meist sind Chanel-Stücke allerdings so exklusiv, dass die wenigsten Menschen überhaupt wissen, was gerade im Angebot ist. Doch dieses Mal twitterte der bekannte US-amerikanische Make-up-Künstler Jeffree Star ein Foto des Bumerangs und kommentierte dazu auch noch, wie viel Spaß er gerade damit habe.

Der Amerikaner ahnte nicht, dass er mit seiner Mitteilung eine Kontroverse im Internet auslösen würde, die sich innerhalb weniger Stunden über den gesamten Globus ziehen sollte. Viele störten sich an der „kulturellen Enteignung“, die ihrer Meinung nach stattgefunden hat: „Ich hoffe ernsthaft, dass Chanel sämtlichen Gewinn an die unterprivilegierten Aboriginal-Gemeinden spendet“, schrieb ein Nutzer.

Chanel bedauert, „jemanden beleidigt zu haben“ und verkauft den Bumerang weiter

Der Bumerang spielt eine wichtige Rolle in der Kultur der Ureinwohner Australiens, erklärt Mark Wilson, der beim Australian Institute of Aboriginal and Torres Strait Islander Studies (AIATSIS) arbeitet. „Der Bumerang ist ein zeitloses Accessoire, das die australischen indigenen Menschen über Zehntausende Jahre in ihren Seilgurten trugen.“ Die australischen Ureinwohner perfektionierten die Technik des Wurfobjekts und setzten es sowohl in der Jagd als auch in religiösen Zeremonien ein. Ursprünglich ging es übrigens nicht darum, ein Instrument zu schaffen, das zum Werfer zurückkehrt, sondern in erster Linie um eine Waffe für die Jagd.

Doch mit der Ankunft der Europäer in Australien wurde der Bumerang Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr zum Andenken; heute ist der Markt mit unzähligen Billigprodukten vor allem aus Asien überschwemmt. Deswegen wird schon länger darüber diskutiert, den ursprünglichen Entwicklern mehr Rechte einzuräumen. Gabrielle Sullivan, die Vorsitzende des Indigenous Arts Code, sagte der BBC, dass „Massenproduktion Aboriginal-Vertretern und Künstlern das Potenzial nehme, authentische Produkte zu verkaufen“. Chanel sei eine große Firma, die besser Bescheid wissen sollte. „Ich sehe nicht, wie das anders ist als die billige gefälschte Version eines Bumerangs, der am Flughafen verkauft wird.“ Dies sei nur eine teurere Variante. Chanel selbst bedauerte in einer Erklärung gegenüber australischen Medien, „jemanden beleidigt zu haben“. Der Bumerang ist aber auch weiterhin zu kaufen.

Experten fordern Reformen für geistiges Eigentum

Das mag auch daran liegen, dass die rechtliche Lage derzeit nicht ausgereift ist. Es brauche Reformen auf internationalem Level, sagte der australische Experte für geistiges Eigentum, Matthew Rimmer, dem Sender ABC. Die Aktivistin und Autorin Nayuka Gorrie schrieb in einem Meinungsstück im „Guardian“: „Um unseren Ärger zu verstehen, muss die Firma unsere Position in der Gesellschaft verstehen.“ Den australischen Ureinwohnern sei ihr Land gestohlen worden und sie selbst bevormundet und ermordet worden. „Wir durften unsere Kultur nicht ausüben – das war strafbar.“ Viel Wissen sei verloren gegangen, etliche indigene Sprachen ausgestorben. „Das Wenige, das noch übrig ist, muss geschützt werden.“ Wilson sieht die Kontroverse dagegen auch als Chance für große Firmen wie Chanel, sich mehr für die Förderung indigener Kulturen einzusetzen, „zum Beispiel mit einem Investment in indigene Modedesigner oder Models“.