Mit dem plötzlichen Anstieg auf gut 200 haben sich die bisher bekannten Fälle über Nacht mehr als verdreifacht. Foto: dpa/Mark Schiefelbein

Die Zahl der von Behörden bestätigten Infektionen mit einem neuen Sars-Virus in China steigt plötzlich auf 200. Drei Patienten sind demnach bisher gestorben. Anders als zunächst angenommen könnte eine Übertragung von Mensch zu Mensch wohl doch möglich sein.

Peking - Die Zahl bestätigter Fälle einer neuen Lungenkrankheit in China ist sprunghaft auf rund 200 gestiegen. Zudem starb ein weiterer Patient. Damit gibt es inzwischen drei bekannte Todesfälle, wie die Gesundheitsbehörde der schwer betroffenen zentralchinesischen Metropole Wuhan am Montag berichtete. Erstmals wurden Infektionen mit dem Coronavirus auch an anderen Orten in China nachgewiesen. Experten befürchten, dass der vermutlich von einem Tier übergesprungene Erreger anders als anfangs angenommen auch von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.

Analysen des Erbguts hatten dem Berliner Virusforscher Christian Drosten zufolge ergeben, dass es sich bei dem Erreger um eine Sars-Variante handelt. Ein Sars-Virus hatte von China ausgehend 2002/2003 eine weltweite Pandemie mit 8000 Infizierten zur Folge, etwa 800 Menschen starben.

Nach von Landesbehörden gemeldeten Fällen in Thailand und Japan gilt inzwischen auch in Südkorea eine Infektion als bestätigt. Eine 35-jährige Chinesin, die am Sonntag aus Wuhan gekommen sei, habe unter Fieber, Atemproblemen und anderen Krankheitssymptomen gelitten, teilten die Koreanischen Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention mit.

Über Nacht mehr als verdreifacht

In Peking im Norden Chinas wurde die neue Sars-Variante nach Behördenangaben inzwischen bei zwei Patienten nachgewiesen, in Shenzhen im Süden bei einem. Alle drei waren vorher in Wuhan. Der Großteil der Infektionen konzentrierte sich mit 198 bekannten Fällen weiter auf die 11-Millionen-Metropole. Von den Patienten dort sind 35 schwer erkrankt, davon sind neun in kritischem Zustand, wie die Gesundheitsbehörde berichtete.

Mit dem plötzlichen Anstieg auf gut 200 haben sich die bisher bekannten Fälle über Nacht mehr als verdreifacht. Experten des Imperial College London gehen allerdings davon aus, dass die Krankheit schon wesentlich weiter verbreitet ist. Nach ihrer Hochrechnung könnte es bereits mehr als 1700 Infizierte geben.

Chinas Gesundheitskommission erklärte in Peking, der Übertragungsweg sei „noch nicht völlig verstanden“. Die anfänglichen Infektionen wurden mit einem inzwischen geschlossenen Fischmarkt in Wuhan in Verbindung gebracht, auf dem auch Wildtiere verkauft wurden.

Coronaviren verursachen oft harmlose Erkrankungen wie Erkältungen - allerdings gehören auch Erreger gefährlicher Atemwegskrankheiten wie Sars und Mers dazu. Bei der Sars-Pandemie 2002/2003 war der Ausbruch anfangs vertuscht worden, was eine schnelle Reaktion verhindert und die Verbreitung begünstigt hatte. Auch der damalige Sars-Erreger sprang höchstwahrscheinlich von einem Wildtier auf den Menschen über, angenommene Quelle sind Schleichkatzen.

Sars steht für „Severe Acute Respiratory Syndrome“

Die chinesischen Behörden hätten bereits eine Hypothese, von welcher Tierart der neue Erreger auf den Menschen übergesprungen sein könnte, hatte Virusforscher Drosten kürzlich erklärt. „Das wird aber erst offiziell verkündet, wenn es als gesichert gilt.“ Sars steht für „Severe Acute Respiratory Syndrome“, also Schweres Akutes Atemwegssyndrom.

Mit der gerade laufenden Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag wächst die Gefahr einer Übertragung infektiöser Krankheiten. Bei der größten jährlichen Völkerwanderung sind einige Hundert Millionen Chinesen unterwegs. Asiatische Nachbarn und drei US-Flughäfen haben wegen der neuen Lungenkrankheit inzwischen Fieberkontrollen bei der Einreise aus Wuhan eingeführt.

Die Weltgesundheitsorganisation sprach bisher keine Reisewarnung für Touristen aus. Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC riet Reisenden nach Wuhan lediglich, Tiermärkte und den Kontakt mit Tieren oder mit kranken Personen zu meiden. „Eine begrenzte Übertragung von Mensch zu Mensch könnte vorkommen.“