Barbara Bosch (parteilos), Oberbürgermeisterin von Reutlingen, Thomas Kufen (CDU), Oberbürgermeister von Essen, und Thomas Sprißler (parteilos), Oberbürgermeister von Herrenberg, beantworten nach einer Sitzung im Bundesumweltministerium Fragen der Journalisten. Foto: dpa

Vor dem mit Spannung erwarteten Urteil zu Diesel-Fahrverboten am Dienstag zeigten die Modellstädte Mannheim, Reutlingen und Herrenberg sowie Bonn und Essen eine klare Haltung.

Bonn - Ein Test für einen öffentlichen Gratis-Nahverkehr dürfte vom Tisch sein. „Den komplett kostenlosen Personennahverkehr hat keine der Kommunen vorgeschlagen“, sagte am Montag der Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan nach einem Gespräch der fünf Modellstädte zur Luftreinhaltung mit dem Bundesumweltministerium.

Auf die Frage, ob sich zumindest in einer der fünf Modellkommunen ein solcher Test abzeichne, antwortete der CDU-Politiker: „Ich denke, dass das eher unrealistisch ist.“ Der Mannheimer Kämmerer Christian Specht (CDU) bezeichnete einen kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) als Illusion.

Die EU macht Druck auf Deutschland wegen einer hohen Luftbelastung in vielen Städten mit gesundheitsschädlichem Stickoxid, das vor allem aus Dieselabgasen stammt. An diesem Dienstag will das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden, ob nach aktueller Rechtslage Fahrverbote für Diesel möglich wären.

Modellstädte wollen Vorschläge machen

Die fünf Modellstädte zeigten sich am Montag entschlossen, dem Umweltministerium bis Mitte März Vorschläge für bessere Luftqualität zu machen. Es gehe vor allem darum, Diesel-Fahrzeughalter zum Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr zu bewegen, aber nicht darum, den ÖPNV kurzfristig kostenfrei zu machen, sagte die Oberbürgermeisterin von Reutlingen, Barbara Bosch (parteilos).

Der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz sagte, es seien noch viele Details zu klären. „Attraktiv ist natürlich, dass es für die fünf Städte zusätzliche Mittel zum Programm „Saubere Luft“ vom Dieselgipfel geben soll“, meinte der SPD-Politiker. Die nordbadische Stadt wolle Tarifmodelle, die Anreize zum Umstieg auf den ÖPNV geben sollen, gerne mit Hilfe des Bundes umsetzen.

Anderes bleibe noch zu klären. „Von uns allen gab es eine klare Ansage, dass die Festlegung und Durchsetzung von Fahrverboten nicht allein auf die Städte abgewälzt werden dürfen“, betonte Kurz. Sollte es dazu kommen, führe an einer blauen Plakette kein Weg vorbei.

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte, aus Sicht der Bundesregierung sei ein Test mit kostenlosem Nahverkehr noch nicht vom Tisch. Es sei nicht auszuschließen, dass noch eine Kommune einen entsprechenden Vorschlag einbringen werde. Bei den fünf Modellstädten handelt es sich um Bonn und Essen aus Nordrhein-Westfalen und Mannheim, Reutlingen und Herrenberg aus Baden-Württemberg.

Gespräch nur erster Aufschlag

Der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) meinte, er sei zuversichtlich, dass im Schulterschluss mit Landes- und Bundesregierung kurzfristige Maßnahmen gelingen und Fahrverbote verhindert werden könnten. Beim Diesel sehe er vor allem die Autoindustrie in der Pflicht. Kostenloser Nahverkehr bedeutet nach Kufens Worten letztlich: „Es muss jemand anders bezahlen.“

Sridharan nannte das Gespräch sehr konstruktiv, wenn auch Fragen offen geblieben seien. „Das war nur ein erster Aufschlag.“ Die Bundesregierung habe zusätzliche Mittel zugesagt. Die Idee mit dem Gratis-Nahverkehr hatte die Bundesregierung jüngst in einem Brief an die EU genannt. Das Bundesumweltministerium stellte klar, es sei nie geplant gewesen, dass alle fünf Städte einen kostenlosen Nahverkehr testen sollten, sondern nur eine oder zwei.

Das Thema Gratis-ÖPNV sei nur eines von mehreren. Eine andere Idee sei zum Beispiel eine stärkere Nutzung von E-Bussen. Die EU-Kommission entschied am Montag, dass Deutschland Elektrobusse und Ladestationen in Städten mit 70 Millionen Euro fördern darf.

Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums betonte am Montag in Berlin, dass die Bundesregierung zwar punktuelle Fahrverbote ermöglichen wolle, aber weiterhin keine blaue Plakette plane, auch keine blaue Plakette light. Es gehe vielmehr um „passgenaue, maßgeschneiderte Lösungen“ für „hochbelastete Strecken“.