Pfarrer Wolfgang Baur in der Stadtkirche: Der Dialog mit den Moscheegemeinden lag ihm am Herzen. Nun geht er in den Ruhestand. Foto: factum/Weise

Wolfgang Baur, Mentor des interreligiösen Dialogs, scheidet nach 23 Jahren in Ludwigsburg aus dem Pfarrdienst. Auf dem Wochenmarkt war er in dieser Zeit häufig – und nicht nur zum Einkaufen.

Ludwigsburg - Der Ludwigsburger Marktplatz ist Wolfgang Baur ans Herz gewachsen. „Einen Teil der Gemeindearbeit habe ich auf dem Wochenmarkt gemacht“, sagt er halb im Scherz. „In der Hinsicht hat die Stadtkirche eine wunderbare Lage, direkt in der Stadt.“ Fast 23 Jahre lang war Wolfgang Baur Pfarrer der Stadtkirchengemeinde. Jetzt wurde er aus dem Amt verabschiedet.

„Bei meiner Investitur im September 1996 hat mir der Dekan auf den Weg gegeben: ‚Bleiben Sie bitte lange in Ludwigsburg’“, sagt Baur, „aber dass so viele Jahre daraus werden, hätte ich nicht gedacht.“ Vor seiner Stelle als Stadtkirchenpfarrer war Baur acht Jahre in Sindelfingen. „Die Verweildauer der Pfarrer ist in Ludwigsburg immer ein wenig höher“, sagt er. Woran das liegt? „Ludwigsburg ist eine attraktive Stadt, gerade für Familien mit Schulkindern“, sagt Baur. „Aber ich war schon ungewöhnlich lange hier. Üblicher wären vielleicht 15 Jahre.

„Ich habe eine Reihe von meinen ehemaligen Konfirmanden getraut“

Baur ist zufrieden mit seiner langen Tätigkeit an gleicher Stelle. „Da kann man die Lebensgeschichten der Mitglieder ganz anders begleiten. Ich habe mittlerweile zum Beispiel eine Reihe von meinen ehemaligen Konfirmanden getraut.“ Außerdem habe er die Zusammenarbeit mit den anderen Kirchengemeinden und der Stadtverwaltung geschätzt.

In seiner Zeit hier sind viele Freundschaften gewachsen, so auch auf dem Wochenmarkt. Beim Stand von Eberhard Klotz etwa holt Baur seit 20 Jahren sein Gemüse. Auf den wenigen Metern von der Kirche zu dem Marktstand wird der scheidende Pfarrer ständig angesprochen. „Herr Baur, Sie sind ja immer noch im Dienst“, ruft ihm ein Passant zu, „ich dachte, Sie gehen in den Ruhestand?“ Baur winkt lachend ab. „Manchmal bin ich hier am Wochenende zwei Stunden lang gestanden, habe geredet und bin nicht nach Hause gekommen.“

Einsatz für Dialog mit Moscheegemeinden

Daher war es ihm auch ein Anliegen, die Stadtkirche während seiner Zeit als Pfarrer hin zum Marktplatz, zu öffnen. Mit liturgischen Formaten wie dem Marktgebet unter dem Motto zehn Minuten Aufatmen. „Wir wollten verdeutlichen, dass die Kirche sich bewusst in der Stadt, als Teil der Stadt, sieht“, sagt Baur. Am wichtigsten ist ihm aber die Etablierung des interreligiösen Dialogs in der Stadt. „Das hat viel von mir gefordert, aber an dem Thema hängt mein Herz.“ Den Anfang machte Baur bereits Ende der 90er, als er sich für die Einsetzung einer Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Ludwigsburg einsetzte. „Nach den Anschlägen des 11. September 2001 ist dann die Stadt auf uns zugekommen und hat gesagt: ‚Wir müssen etwas für den Dialog mit den Moscheegemeinden in der Stadt tun. Nicht, dass sich hier in der Stadt irgendwelche Fronten bilden.’“ Daraufhin gründete Baur die Arbeitsgruppe „Dialog der Religionen“, dem er danach zehn Jahre lang vorstand.

Bei all den Veränderungen – dem Schwund der Mitglieder oder dem Umzug des Gemeindezentrums von der Gartenstraße in die unmittelbare Nachbarschaft der Kirche – ist Wolfgang Baur froh, erst mal ein wenig Abstand von seiner Tätigkeit zu bekommen. „Ich werde auch weiterhin zum Beispiel Vertretungen übernehmen; i. R. steht bei Pfarrern ja nicht für ‚in Rente‘, sondern für ‚in Reichweite‘“, scherzt er.