Ein Flashmob demonstrierte im Frühjahr 2018, wie schön eine grüne Verbindung zwischen Innenstadt und Schloss sein könnte. Foto: factum/Archiv

Ludwigsburg will nicht aufgeben: Die Stadt arbeitet an einem neuen Plan, der die Automassen von der Bundesstraße verbannen soll. Fast alle finden ihn gut.

Ludwigsburg - In der Fantasie der Ludwigsburger Kommunalpolitiker sieht die neue Schlossstraße schon sehr, sehr schön aus: Von einem Boulevard ist die Rede, über den man flanieren könne; von einem schier unvorstellbaren Plus an Lebensqualität und einer endlich geheilten Wunde – wenn endlich, endlich die Autos in einem Tunnel verschwunden sind. Stefanie Knecht (FDP) greift gar zu der pathetischen Formulierung: „Ost und West können endlich zusammen wachsen.“

Die Ludwigsburger Kommunalpolitiker haben eben schon sehr, sehr oft darüber nachgedacht, wie die rund 70 000 Fahrzeuge, die täglich auf der B 27 durch die Ludwigsburger Innenstadt fahren, zumindest aus dem Blickfeld verschwinden könnten und die Schneise zwischen Innenstadt und Schloss begrünt werden könnte: „Davon haben schon ganze Generationen geträumt“, sagte die SPD-Fraktionschefin Margit Liepins im Ausschuss für Mobilität, Technik und Umwelt.

90 000 Euro für mehr Klarheit

Ein bisschen weiter träumen darf nun auch die jetzige Generation. Die Stadt hat eine Machbarkeitsstudie für eine Untertunnelung der B 27 in Auftrag gegeben. Aber, dies als Mahnung vor zu viel Euphorie, das allein bedeutet eigentlich noch nicht viel. Die Studie soll lediglich grobe Fakten liefern, mit denen die Stadt potenzielle Fördermittel anfragen kann. Denn ohne die, das stellte der Bürgermeister Michael Ilk klar, geht gar nichts.

Im Herbst erst hatte der noch frische OB Matthias Knecht (parteilos) die von seinem Vorgänger Werner Spec jahrelang propagierte Untertunnelung der B 27 von der Projektliste gestrichen. Ausgaben von bis zu 150 Millionen Euro könne sich die Stadt nicht leisten. Und „die Mär, dass die Landesgartenschau den Tunnel finanziert“, beerdigte Knecht gleich mit. Spec hatte stets propagiert, die Ausrichtung einer Landesgartenschau sei gleichbedeutend mit dem Bau des Tunnels. Dann aber bekam Ludwigsburg nicht mal einen Zuschlag für eine der Schauen zwischen 2026 und 2030.

Mehr Ehrlichkeit

Die neue Parole lautet nun: Weiter machen – aber ehrlicher. Ludwigsburg bewirbt sich also wieder für eine Landesgartenschau. Am liebsten wäre der Stadt die Ausrichtung Jahr 2034, dem 80. Geburtstag des Blühenden Barocks. Und sie versucht weiter, den Tunnel zu realisieren – aber nicht als zwingendes Element einer Gartenschau, und mit möglichst wenig Eigenkapital. Deshalb will die Stadt Fördertöpfe suchen. Weil sie dafür halbwegs belastbare Vorstellungen von einem Tunnel braucht, hat sie für 90 000 Euro eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

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Für die Hälfte dieser Summe hat die Stadt nun bereits die Erkenntnis gewonnen, dass von 16 möglichen Varianten nur eine sinnvoll erscheint: Und zwar jene, die zwei Spuren oberirdisch belässt und vier Fahrbahnen im Tunnel führt. Dessen nördliche Einfahrt wäre auf Höhe der Marstallstraße, seine Ausfahrt im Süden auf Höhe der Alleenstraße. Damit wären die durchreisenden Autos auf einer Länge von 900 Metern unter die Straße verbannt. Nach den bisherigen Berechnungen wären das rund 50 500 Fahrzeuge. Auf den oberirdischen Spuren der Schlossstraße verblieben rund 21 300. Gäbe es diesen Tunnel würden voraussichtlich 2000 Fahrzeuge mehr als heute die Strecke nutzen. Die Experten nennen dies Bündelungsfunktion.

Die Grünen sind dagegen

„Wir halten es für richtig, dass die B 27 untertunnelt wird“, sagte der CDU-Fraktionschef Klaus Herrmann. Die FDP begleitet das Projekt gerne, versicherte Stefanie Knecht. „Wir haben schon ganz andere Sachen unterstützt, die nicht gebaut worden sind“, sagte Andreas Rothacker von den Freien Wählern mit Blick auf die Kosten für die Studie. Die SPD fände die Neuerfindung der B 27 eine „ganz tolle Sache“, wenngleich Margit Liepins skeptisch ist, sie noch zu erleben. Lediglich die Grünen, lehnen die Untertunnelung kategorisch ab. Christine Knoß erklärte, nur die Verkehrswende könne wahrhafte Verbesserungen bringen. Statt Geld für Studien und ein Tunnelbauwerk auszugeben, solle der ÖPNV gefördert werden.

Apropos: Um Geld aus Fördertöpfen bekommen zu können, muss die Stadt zeigen, dass die Untertunnelung mehr bedeutet als eine optische Aufwertung des Bereichs. Angaben über – zum Beispiel – Lärmminderung, attraktivere Rad- oder Fußwegeverbindungen, soll die Machbarkeitsstudie liefern, die nun Details zur favorisierten Tunnelvariante ausarbeitet. Eine Voranfrage für Fördergelder will die Stadt erst stellen, wenn sie eine Zusage für die Landesgartenschau hat. Dann seien die Chancen für eine Förderung größer. Die Entscheidung fällt im Juli.

Dass die Stadt dann wieder leer ausgeht, scheint momentan keiner der Kommunalpolitiker für realistisch zu halten.