Der Baldachin im Zeltzimmer König Friedrichs I hängt dort seit über 200 Jahren. Kein Wunder, dass er eingestaubt ist. Foto: factum/Bach

Mit Hilfe alter Inventarlisten werden im Ludwigsburger Barockschloss die Appartements des ersten württembergischen Königspaares wieder mit den Möbeln, Gemälden und Porzellanteilen ausgestattet, die dort während ihren Lebzeiten wirklich standen.

Ludwigsburg - „Ludwigsburg ist in vielerlei Hinsicht ein historischer Glücksfall“, sagt Patricia Peschel. Sie ist Konservatorin bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württembergs und leitet die Restaurierungsarbeiten, die jetzt im Ludwigsburger Schloss angelaufen sind. Hat man 2004 die Fassade und die Räume saniert, geht es nun um das Mobiliar des Schlosses. Bis ins Jahr 2019 werden insgesamt 35 königliche Wohnräume im Neuen Corps de Logis, also dem Haupttrakt des Schlosses, wieder mit den Möbelstücken ausgestattet, die dort zu Zeiten des ersten württembergischen Königspaares standen. Die Räume Friedrich I. sind im Empire-Stil, die seiner Frau Charlotte Mathilde im Biedermeierstil.

Dass diese Neumöblierung unabhängig von den zwei Millionen Euro, die das Land Baden-Württemberg dafür zur Verfügung stellt, überhaupt möglich ist, liegt an den vielen Glücksfällen, die dem Ludwigsburger Schloss im Laufe seiner Geschichte widerfahren sind. So wurde es, anders als das Neue Schloss in Stuttgart, im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört. Zudem wurden seine Möbel rechtzeitig vor anderen Unberechenbarkeiten des Krieges in Sicherheit gebracht. „Das komplette Mobiliar wurde in den Jahren 1944 und 1945 auf Lastwagen etwa in die Klöster Lorch und Alpirsbach ausgelagert“, sagt Peschel.

Nachfolger kümmerten sich nicht um Schloss

Doch damit nicht genug. Im Ludwigsburger Schloss wurde nach dem Tod von König Friedrich I. im Jahr 1816 und den seiner Frau Charlotte Mathilde im Jahr 1826 nicht renoviert oder umgebaut. Die Nachfolger haben sich nicht groß um die Ludwigsburger Immobilie gekümmert.

In der Barockstadt wurde im übertragenen Sinn quasi das Licht aus- und erst in den Nachkriegsjahren wieder angemacht. Aber so wie die Möbel heute im Schloss verteilt sind, entsprächen sie der Museumskonzeption der 60er Jahre des vergangenen Jahrhundert und orientierten sich nicht an der historischen Wirklichkeit, so Peschel.

Doch noch ist die Reihe der glücklichen Fügungen nicht zu Ende. „Wir haben die vollständige Inventarliste für die Appartements von Friedrich I. und Charlotte Mathilde“, erklärt Peschel. Akribisch genau ist dort jedes Möbelstück, jedes Gemälde und jetzt Porzellanteil aufgelistet. Die Beschreibungen sind so detailreich, dass ganz klar ist, dass etwa eine Sitzgruppe mit bestickten gelben Bezügen, die im Moment noch im Favorite-Schloss steht, in die Gemächer des Königs im Ludwigsburger Schloss gehört. Insgesamt etwa 12 000 Posten umfasst die Inventarliste. Zwei Jahre hat die promovierte Kunsthistorikerin die Verzeichnisse ausgewertet. In den kommenden vier Jahren werden etwa 2000 Teile davon nicht nur neu verteilt und umgehängt, sondern auch sorgsam restauriert.

550 Quadratmeter Seide

So geht es dem Staub auf dem Baldachin, der über dem Bett des Königs hängt, an den Kragen. „Das Zimmer ist das einzige Zeltzimmer aus dem frühen 19. Jahrhundert, das in ganz Europa erhalten ist“, erklärt Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten. Der gesamte Raum ist mit Seidenvorhängen dekoriert, um den Eindruck, man sei in einem Zelt, zu erwecken. 550 Quadratmeter des kostbaren Stoffes seien hier verarbeitet, sagt Peschel. Der Baldachin hänge noch an den Originalnägeln und wird dort auch bleiben. „Wir restaurierten historisch“,sagt Michael Hörrmann. Und dann sagt Patricia Peschel den Satz, den alle Vertreter des Kreises und der Stadt, die auch anlässlich der Stippvisite von Finanzminister Nils Schmid (SPD) gekommen sind, gerne hören: „Ludwigsburg ist pures Glück.“

Der Blick auf die Besucherzahlen im Barockschloss macht auch Hörrmann glücklich. Im ersten Halbjahr 2015 sind sie bereits um 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Unter dem Strich bedeutet das Mehreinnahmen von 50 000 Euro.