Lynne Medcraft demonstriert seit zwei Jahren gegen den Brexit – täglich Foto: Kabatek

Proteste, Aufruhr, Plakate? Von wegen! In London geht alles seinen gewohnten Gang, über den nahenden EU-Austritt will kaum einer sprechen, und der Lieblingssatz dieser Tage ist „Let’s get on with it“ – Augen zu und durch.

London - Am Beginn der Recherche für diesen Bericht steht das seltsame Gefühl, dass es nichts zu berichten gibt. Es ist Wochenende, und Tausende von Touristen prägen in London das Bild. Sie haben Buckingham Palace, Westminster und die Theater und Bars im Westend fest in ihrer Hand. Vor dem Sitz des Premierministers wimmelt es von spanischen Sprachschülern. Demonstranten, EU-Flaggen, Anti-Boris-Sticker? Fehlanzeige. Der größte Aufreger in der Downing Street sind Selfies in roten Telefonzellen. Es scheint so, als sei der Brexit eine Erfindung der Medien. Dass sich hier in London das politische Schicksal Großbritanniens entscheiden wird, dass der Premierminister den Eindruck erweckt, dass es ihm herzlich egal ist, ob und wie der Konflikt gelöst wird: Es ist an nichts festzumachen in einer kosmopolitischen Stadt, deren große Mehrheit für den Verbleib in der EU gestimmt hat.