Für Theresa May wird es eine Schicksalswoche. Foto: Getty Images Europe

Wird das Unterhaus in London in dieser Woche im Brexit-Streit eine Lösung finden? Wie lange kann sich Premierministerin Theresa May noch in ihrem Amt halten? Die nächsten Tage in London werden spannend.

London/Brüssel - Schicksalswoche für den Brexit und Theresa May: Die britischen Abgeordneten wollen am Montagabend über das weitere Vorgehen im festgefahrenen Brexit-Streit debattieren. Bereits zweimal ist das von Premierministerin Theresa May mit Brüssel ausgehandelte Abkommen zum EU-Austritt im Unterhaus durchgefallen.

Erwartet wird, dass May bei einer Erklärung am Nachmittag (16.30 MEZ) bekannt geben wird, ob und wann ein drittes Mal über das Brexit-Vertragspaket abgestimmt werden soll. Spekulationen zufolge könnte es bereits an diesem Dienstag soweit sein. Eine Mehrheit für den Deal ist nach Ansicht von Beobachtern aber auch dieses Mal nicht in Sicht.

Neue Abstimmung

Die anschließende Debatte über die weiteren Brexit-Schritte dürfte sich tief in den Abend hineinziehen. Danach wird über einen Beschluss abgestimmt werden (ca. 23 Uhr MEZ). Die Beschlüsse des Parlament sind für die Regierung nicht rechtlich bindend. Doch die Abgeordneten könnten die Kontrolle über den Parlamentskalender an sich reißen. Einem entsprechenden Antrag, der für Mittwoch eine weitere Abstimmung über konkrete Alternativen zu Mays Brexit-Abkommen vorsieht, wurden gute Erfolgsaussichten eingeräumt.

May hatte sich am Morgen mit ihrem Kabinett zu einer Sondersitzung getroffen. Spekulationen, May könne bereits am Montag ein Datum für ihren Rückzug vom Amt der Regierungschefin bekannt geben, erhärteten sich nach Einschätzung von Beobachtern dabei nicht. Britische Medien hatten am Wochenende berichtet, May könnte von ihrem Kabinett zu einem baldigen Rücktritt gezwungen werden.

Lob für May

Unterstützung erhielt May vor der Sondersitzung von Handelsminister Liam Fox. Die Premierministerin genieße den Respekt der Bevölkerung, die es überrasche, wie May mit all dem Druck umgehe, sagte Fox am Morgen dem Radiosender BBC Radio 4. Er höre häufig von Wählern, dass die Regierungschefin eine großartige Staatsdienerin mit einer beeindruckenden Widerstandsfähigkeit sei. Er vermutete, dass die Aussicht auf eine Beteiligung an der Europawahl Ende Mai viele Abgeordnete davon überzeugen könnte, das Brexit-Abkommen doch noch zu unterstützen.

Noch am Wochenende hatte May in einem Brief an die Abgeordneten gedroht, eine dritte Abstimmung über das Abkommen ausfallen zu lassen, wenn sich nicht ausreichend Unterstützung abzeichne. Dann müsse Großbritannien in Brüssel um einen weiteren Aufschub bitten, was aber eine Teilnahme an der Europawahl bedeuten würde.

Angebot der EU

Die EU hatte Großbritannien eine Verschiebung des Brexits bis zum 22. Mai angeboten, wenn das Unterhaus nun dem Austrittsvertrag zustimmt. Andernfalls gilt die Verlängerung nur bis zum 12. April. In dem Fall soll London vor diesem Termin sagen, wie es weitergehen soll.

Noch am Sonntagnachmittag traf sich May zu Brexit-Gesprächen unter anderem mit Vizepremier David Lidington, Umweltminister Michael Gove und Brexit-Hardlinern wie Boris Johnson und Jacob Rees-Mogg. Über die Ergebnisse der Gespräche teilte ein Regierungssprecher am Abend allerdings nichts mit. Lidington und Gove wurden bereits als mögliche Nachfolger Mays gehandelt.

Das ist künftig zu beachten

Die EU treibt unterdessen die Vorbereitungen auf einen chaotischen Brexit weiter voran. Die EU-Kommission veröffentlichte am Montag dazu neues Informationsmaterial für Bürger. In diesem ist beispielsweise beschrieben, was im Fall der Fälle bei Reisen ins Vereinigte Königreich beachtet werden muss. Es werde immer wahrscheinlicher, dass es zu einem Brexit ohne Austrittsabkommen komme, sagte eine hohe EU-Beamtin am Montag zu den Vorbereitungen.

Für Großbritannien-Reisen wird in dem Informationsmaterial zum Beispiel darauf hingewiesen, dass die Europäische Krankenversicherungskarte nicht mehr gelten würde und dass wieder Zusatzkosten für die Handynutzung anfallen könnten. Zudem müssten EU-Bürger bei der Rückreise mit Zollkontrollen rechnen. Ein Visum soll allerdings nach derzeitigem Stand nur für Aufenthalte notwendig werden, die länger als drei Monate dauern.