Die neue stellvertretende Vorsitzende der Linken-Fraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht (links) und der Vorsitzende der Linken-Fraktion im Bundestag, Gregor Gysi Foto: dapd

Bei der Wahl des Fraktionsvorstands straft die Linke im Bundestag ihre Führung ab.

Berlin - Die Linksfraktion im Bundestag hat ihrem Vorsitzenden Gregor Gysi bei der Wiederwahl für weitere zwei Jahre einen Denkzettel erteilt. Für den 63-Jährigen stimmten am Dienstag nur 81,3 Prozent der 75 anwesenden Abgeordneten, 2009 waren es noch 94,7 Prozent gewesen. Auch die Parteilinke Sahra Wagenknecht erhielt bei ihrem Aufstieg in die Führungsriege einen kräftigen Dämpfer: Mit 61,8 Prozent wurde sie zur ersten Stellvertreterin Gysis gewählt. Der wiedergewählte Fraktionschef sprach von einem „ehrlichen Ergebnis“.

Die frauenpolitische Sprecherin Cornelia Möhring erhielt bei der Wahl zur weiteren ersten Stellvertreterin sogar nur 52,6 Prozent. Gysi hatte zuvor verhindert, dass ihm Wagenknecht als Co-Vorsitzende zur Seite gestellt wird. Gegen ihn stimmten zehn Abgeordnete, es gab vier Enthaltungen. Zu den zweiten Stellvertretern Gysis wurden die bisherigen Vizefraktionschefs Dietmar Bartsch (59,2 Prozent) und Ulrich Maurer (65,8 Prozent) gewählt.

Wagenknecht will sich mittiger positionieren

Gysi lobte Wagenknecht nach der Entscheidung als eine Frau, die die Partei ausgezeichnet nach außen vertrete. Die 42-Jährige war lange Zeit die Wortführerin der linksorthodoxen Kommunistische Plattform. Erst nach ihrer Wahl zur Vize-Parteivorsitzenden im vergangenen Jahr ließ sie ihre Mitgliedschaft in der vom Verfassungsschutz beobachteten Parteigruppierung ruhen. Bei den Wahlen auf dem Rostocker Parteitag 2010 hatte Wagenknecht 75,3 Prozent der Stimmen erhalten, deutlich mehr als nun in der Fraktion.

Angesichts mehrerer Wahlschlappen und abstürzender Umfragewerte tobt in der Linken seit Monaten eine Führungsdebatte. Der Unmut richtete sich bisher aber vor allem gegen die Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst. Unter ihrer Führung hatte die Linke mit Querelen über die Haltung zu Israel oder zum Mauerbau Schlagzeilen gemacht.

Der Parteitag im Oktober im Erfurt, bei dem das neue Parteiprogramm mit einer Mehrheit von fast 97 Prozent angenommen wurde, bedeutete nur eine kurze Verschnaufpause. Kurz darauf flammte die Personaldiskussion wieder auf. Lötzsch erklärte ihre erneute Kandidatur für die erst im Juni 2012 anstehenden Vorstandswahlen. Ihr Co-Vorsitzender Klaus Ernst hat sich noch nicht erklärt.