Inés de Castro ist Direktorin des Linden-Museums Stuttgart. Foto: /Lichtgut/Leif Piechowski

Ausstellungen waren gestern. Kaum ein Museum hat so viele gut besuchte digitale Angebote wie das Linden-Museum Stuttgart. Die Leiterin Inés de Castro spricht im Interview über die Auswirkungen der neuen Formate.

Stuttgart - Die Museen hat der Lockdown ausgebremst. Das Linden-Museum ist mit seinen Online-Veranstaltungen sehr erfolgreich. Trotzdem vermisst die Direktorin Inés de Castro das Publikum.

Frau de Castro, das Linden-Museum scheint in den vergangenen Monaten so viele Online-Veranstaltungen gemacht zu haben wie kaum ein anderes Museum. Haben Sie online ein neues Format für sich entdeckt?

Wir haben sehr unterschiedliche Veranstaltungen digital gemacht – Werkstattgespräche, Vorträge, Workshops oder sogar Meditationen online. Das hat sehr gut funktioniert und wir sind sehr zufrieden.

Haben Sie digital mehr Publikum als Sie es live hätten?

Das denke ich schon. Auf Youtube kommen dann ja auch noch Nachnutzer dazu. Außerdem geht die Reichweite weit über Stuttgart hinaus und wir hatten bundesweit Zuhörer. Wir haben auch festgestellt, dass das Publikum diverser, gemischter zu sein scheint. Das ging durch alle Altersschichten – und ich glaube, dass wir neue Zielgruppen erreichen. Aber natürlich sehnen wir uns trotzdem nach Präsenzveranstaltungen.

Viele Veranstaltungen drehen sich um den Kolonialismus. Hat ihnen die aktuelle Debatte geholfen?

Mit Sicherheit. Nicht jedes Angebot ist interessant, nur weil es digital ist. Es hat natürlich mit den Themen zu tun.

Interessieren gesellschaftliche Themen mehr als die Sammlungsstücke selbst?

Das kann ich so nicht sagen, wir haben ja auch die Sammlung digital lanciert. Das wird genauso positiv angenommen.

Sie wollen einerseits mit der Stadtgesellschaft zusammenarbeiten, andererseits haben Sie jetzt Publikum aus der gesamten Republik. Wie geht das künftig zusammen?

Ich glaube, dass sich Präsenz und Digitales verbinden. Die Digitalität hat Vorteile, man kann nicht nur Referenten aus anderen Ländern dazu schalten, sondern auch Leute erreichen, die nicht unbedingt ins Museum kommen. Für den Tag der Toten haben zwei Jugendreporter aus unserem Jugendklub mit mexikanisch-deutschen Kindern gesprochen. Solche Form von Partizipation kann man gar nicht anders als digital machen.

Haben Sie aus der Krise also auch Positives mitgenommen?

Natürlich lebt das Museum von seinen Besuchern. Aber Corona hat uns auch gezwungen, neue Wege einzuschlagen, die wir in Zukunft beibehalten werden. Wir haben gelernt, besser mit digitalen Formaten umzugehen.

Diskussion

Gespräch Am Mittwoch, 24. Februar um 19.30 Uhr diskutieren Ina Kerner und Henning Melber über „Verantwortung und Gerechtigkeit: Über den Umgang mit kolonialer Vergangenheit“, Live-Stream unter www.youtube.com/LiMuStuttgart

Person Die Ethnologin Inés des Castro, 1968 geboren, ist in Buenos Aires aufgewachsen, hat in Bonn studiert und leitet seit 2010 das Linden-Museum Stuttgart.