Zum letzten Mal ein Team: Senta Berger und Rudolf Krause Foto: ZDF//Raymond Roemke

Die ZDF-Krimireihe „Unter Verdacht“ mit Senta Berger als interner Ermittlerin geht mit der dreißigsten Folge zu Ende. Es wird kein heiterer Abschied. In „Evas letzter Gang“ wird eine ganze Lebensleistung infrage gestellt.

Stuttgart - Schlimm hatte sie sich das fraglos vorgestellt. Aber die launige Würdigungsrede des Vorgesetzten zu ihrem Abschied widert die Polizistin Eva Maria Prohacek (Senta Berger) dann noch viel mehr an als erwartet. In „Evas letzter Gang“, der Abschlussfolge der im Jahr 2002 gestarteten Krimireihe „Unter Verdacht“, gehen nicht einfach die üblichen Reibereien zwischen der internen Ermittlerin Prohacek, ihren Kollegen und der Hierarchie in eine letzte Runde. Hier wird vielmehr radikal infrage gestellt, was man in vielen der vorigen Folgen gesehen hat – beziehungsweise, wie man Figuren und Geschehnisse gedeutet hat.

Das, was interne Ermittler so isoliert, der Zwang, ihren Polizeikollegen zu misstrauen, jeden noch so alltäglichen Umgang als Sammeln von Informationen unter Vorbehalt der Neubewertung zu betrachten, wird hier auf bitterste Weise beglaubigt. Pohacek hätte noch viel misstrauischer sein müssen.

Kein normales Seniorenmodell

Senta Berger, die eine noch Berufstätige in einem Hochstressjob porträtiert, ist 78 Jahre alt. An diesem Beispiel müsste man also das Problem eines seniorenorientierten öffentlich-rechtlichen Fernsehens demonstrieren können, das es mit dem Trost für seine Zielgruppe arg übertreibt. Nicht nur produziert es massenhaft Serien und Filme, in denen eine voll aktive Großelterngeneration bestens in Großfamilien und Gemeinschaften integriert ist und letztlich die entscheidenden Fäden zieht. Es lässt gerade im Krimi gern jenseits aller Pensionsgrenzen agierende Veteranen den Jüngeren zeigen, wie es wirklich geht. Aber ausgerechnet an „Unter Verdacht“ kann man diese Kritik nicht festmachen.

Denn so, wie Berger ihre Prohacek spielt, wirkt diese Figur keinesfalls nur gerade eben noch als Diensttuende vorstellbar. Obwohl die Kamera in „Evas letzter Gang“ die Fältchen deutlich zeigt, könnte Prohacek sogar noch ein paar Jahre bis zur Pensionierung haben: bedacht, aber auf coole Weise energisch, durchaus verschlossen, aber immer aufmerksam und wach. Senta Berger selbst aber wollte trotz dieses erstaunlichen Auftretens nun Schluss machen. Sie sah die Glaubwürdigkeit ihrer Rolle in akuter Gefahr. Bei so einer souveränen Entscheidung hätte man eine besonders nette, gefühlige, versöhnliche Abschiedsfolge erwarten – oder befürchten – dürfen.

In neuem Licht

Stattdessen geht es ans Eingemachte. Auch Prohaceks direkter Mitarbeiter André Langner (Rudolf Krause) stürzt in die Sinnkrise, kommt an seine Grenzen, weint, zerschlägt seine Tastatur, muss sich fragen, wem und was er da eigentlich sein Leben gewidmet hat. „Evas letzter Gang“ knüpft an den allerersten Fall der Reihe an und stellt das damalige Geschehen in ein ganz neues Licht.

Der Regisseur Andreas Herzog sowie das Drehbuchteam Stefan Holtz und Florian Iwersen ziehen sich merklich selbst die Zügel an, um nicht in die tiefste Dunkelheit des Pessimismus zu galoppieren. Die Bilder sind entschieden lichter als das Geschehen, und immer wieder mal dreht sich die Handlung so in sich selbst zurück, dass doch ein bisschen Stabilität um Prohacek und Langner herum zu existieren scheint. Diese Folge deutet zwar an, der Polizeiapparat könnte selbst genau so vom Verbrechen durchzogen sein wie der Rest der Gesellschaft, also nicht nur in seltenen Ausnahmefällen davon berührt. Aber die letzte Konsequenz scheut das Drehbuch dann doch. Prohacek kann ein letztes Mal zumindest punktuell ihr Gerechtigkeitsempfinden durchsetzen.

Ausstrahlung: ZDF, Samstag, 20.15 Uhr. Die Debütfolge „Verdecktes Spiel“, auf die sich der aktuelle Fall bezieht, wird in der Nacht auf Samstag um 1.05 Uhr noch einmal gezeigt. Bequemer ist sie in der ZDF-Mediathek abrufbar, ab 27. März, 10 Uhr.